Engelskraut
Familienrezept von meiner Mutter. Ich koche gern für Freunde und freue mich darüber, wenn ihnen mein Essen schmeckt.«
Franca genoss die Mahlzeit. Die Stille des Gartens. Das Summen um sie herum. Ab und zu hörte man ein Schiffshupen vom nahen Fluss, der an manchen Stellen durch Gebüsch und Blattgrün schimmerte. Ein friedlicher, angenehmer Frühlingstag, wie man ihn sich öfter wünschte.
Auch der Nachtisch übertraf alle Erwartungen: Schokoladeneisparfait mit Beerensoße und Minzeblättern.
»Sag bloß, das Eis ist auch selbst gemacht?«
Milla lachte leise vor sich hin. »Klar. Hast du was anderes erwartet?«
Franca kostete. Das Parfait zerging auf der Zunge. Sie leckte sich über die Lippen. »Das macht richtig süchtig. Ich fürchte aber, es ist eine regelrechte Kalorienbombe.«
»Ab und zu muss man die blöden Kalorien einfach vergessen.«
»Du hast gut reden, so schlank wie du bist.«
»Als ob du fett wärst.« Milla schmunzelte nachsichtig. »Gleich machen wir einen Rundgang und ich zeige dir die versteckten Ecken meines Gartens. Natürlich nur, wenn es dich interessiert.« Ludmilla legte den Kopf schief und strich die Locken zurück, die ihr ins Gesicht fielen. »Aber ich bin die ganze Zeit am Reden. Erzähl doch mal von dir.« Sie sah Franca erwartungsvoll mit ruhigem Blick an. Ihre Augen schimmerten graugrün.
»Dass ich Polizistin geworden bin, weißt du ja. Tja, über mangelnde Arbeit kann ich nicht klagen, obwohl es momentan eher ruhig bei uns ist.«
»Hattest du nicht einen dunkelhäutigen Freund?«
Franca nickte und wunderte sich gleichzeitig ein wenig, woher Milla das wusste. Offenbar funktionierten die Pfaffendorfer Buschtrommeln noch immer. »Den hab ich auch geheiratet. David Johnson, er ist Arzt im Johanniskrankenhaus. Inzwischen sind wir geschieden. Aber wir verstehen uns nach wie vor ganz gut. Keine Schlammschlacht wie bei so vielen anderen.«
Milla nickte mit einem kleinen Lächeln und Mitgefühl in den Augen. »Und deine Tochter? Hat sie dir übel genommen, dass du den Sonntag mit einer alten Schulfreundin verbringst?«
»Natürlich nicht.« Franca schüttelte den Kopf. »Georgina ist mit ihrem Vater auf Bootstour.«
Ludmilla senkte ein wenig den Kopf. »Ich hätte gern Kinder gehabt«, sagte sie leise. »Sehr gern. Aber es kam irgendwie alles anders. Vor allem mit den Männern. Und auf die kann man ja nun mal nicht verzichten, wenn man Kinder will.« Ihr Lachen klang etwas gequält.
»Du warst nicht verheiratet?«
Ludmilla verneinte. »Ich war mal verlobt. Mit dem Mann hätte ich mir eine Zukunft vorstellen können. Er zog es vor, sich zu trennen. Und das kurz vor der Hochzeit. Keine sehr schöne Erfahrung.« Sie biss sich auf die Lippen. »Aber was will man machen, das Leben geht weiter. Und mir geht’s gut so weit. Ich hab mein Auskommen und glücklicherweise ein Dach überm Kopf. Und ich habe meinen Garten, in dem ich mich nach Herzenslust austoben kann.« Sie straffte die Schultern.
Franca hätte gern gefragt, ob es nach der geplatzten Verlobung keinen Mann mehr in ihrem Leben gegeben hatte. Doch eine merkwürdige Scheu hielt sie davor zurück, Ludmilla solche intimen Fragen zu stellen.
»Glaubst du an die Liebe?«, fragte Ludmilla unvermittelt. Franca sah überrascht auf. »Ich meine, du bist doch Single. So wie ich.«
»Klar glaube ich an die Liebe. Ich denke, wenn wir das nicht täten, wären wir arm dran, irgendwie.«
»Ich habe den Glauben daran auch noch nicht aufgegeben.« Mit einem Mal hatte Ludmilla ein Glitzern in den Augen. »An die große, alles umfassende Liebe, die uns für alles entschädigt, was wir erduldet haben. Meinst du nicht auch, dass es unter diesen Abermillionen Männern den einen geben muss, der für uns bestimmt ist und der uns so nimmt, wie wir sind?«
»Diesen einen muss man erst mal finden. Wer weiß, wo der sich versteckt hat.«
»Gibt’s einen Anwärter?« Ludmilla fixierte Franca mit einem durchdringenden Blick.
»In meinem Leben gibt es nur Farinelli«, wich sie aus.
»Ein geheimnisvoller Traummann?«
Franca lachte auf. »Ein Kater. Ein sehr verwöhnter, der gern meine Streicheleinheiten annimmt.« Leider kann er keine zurückgeben, dachte Franca. Das Thema behagte ihr nicht, sie wollte davon ablenken. Ludmilla hatte einen wunden Punkt berührt.
Sicherlich hatte sie sich schon oft Gedanken über die Liebe gemacht und darüber, welche Rolle sie in ihrem Leben spielte. Manchmal war sie ganz froh um ihr Singledasein, aber dann
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