Entscheidung des Schicksals
Kreisen nun mal nicht, das wissen wir alle.“ Sie warf Ina einen Blick zu. „Und wir beide sollten wieder ins Haus gehen, sonst bekommen wir auch noch Ärger.“
Die Köchin hatte eine Quiche und eine Freundin, um die sie sich kümmern musste. Ina musste die Betten machen und ein paar hundert Quadratmeter Fußboden wischen, polieren oder saugen.
Mr. Kendrick musste nach dem Wagen gerufen haben, denn an der Garage hob sich eins der sechs Tore. Olivia und Ina eilten davon, als Bentley, der Chauffeur, den schwarzen RollsRoyce nach vorn fuhr.
„Es ist einfach nicht fair. Was kann denn Rose dafür?“ hörte Addie das Dienstmädchen auf dem Weg zur Hintertür protestieren.
Addie hätte es ihr erklären können. Als Hausdame hatte Rose dafür zu sorgen, dass kein Dienstbote die Kendricks blamierte. Sie stellten hohe Ansprüche an ihr Personal, und wer gegen die oberste Regel, die Loyalität zur Familie, verstieß, wurde sofort entlassen. Rose hatte Mrs. Kendrick sofort über jedes Problem zu informieren, mit dem sie allein nicht fertig wurde. Eine Hausdame, die ihre eigene Tochter nicht im Griff hatte, war im Haupthaus fehl am Platz.
Vielleicht glaubte Mrs. Kendrick sogar, dass ihre Mom sie zu der angeblichen Affäre ermutigt hatte.
Von vorn kam das Geräusch einer Wagentür. Nach einem Moment tauchte die schwarze Limousine wieder auf und fuhr zum Haupttor. Ein mulmiges Gefühl stieg in Addie auf. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und ging zur Hintertür.
Sie musste verhindern, dass Mrs. Kendrick ihre Mutter feuerte.
„Du willst zu Mrs. Kendrick?“ Entsetzt beobachtete Ina, als Addie ihre schwere Jacke neben die Hintertür hängte und die Küche betrat. „Bist du verrückt? Sie hat gerade nach deiner Mom geschickt. Und sie sah nicht sehr glücklich aus.“
„Frag Mrs. Kendrick, ob ich sie zuerst sprechen kann. Bitte.“ Nervös strich Addie über den beigefarbenen Rollkragenpullover und die noch sauberen Jeans.
Nach kurzem Zögern setzte Ina sich in Bewegung. Keine halbe Minute später war sie wieder da und führte Addie zu Mrs. Kendricks feminin eingerichtetem Arbeitszimmer neben dem Wintergarten.
Rose kam aus der Tür. Wortlos und mit zutiefst besorgter Miene ging sie an ihnen vorbei.
Addie sah ihr noch nach, als sie Mrs. Kendricks anmutiges Räuspern hörte. Sie fuhr herum. Die Hausherrin stand zwischen einem antiken Schreibtisch und einer hüfthohen Marmorsäule, auf der die Büste einer griechischen Göttin ruhte. Ihr platinfarbenes Haar war aus dem perfekten Oval ihres Gesichts gekämmt und wurde am Nacken von einem Seidentuch gehalten, das exakt die gleiche Elfenbeinschattierung aufwies wie die Hose. Auch sie trug einen beigefarbenen Rollkragenpullover, aber ihrer war aus Kaschmir und mit winzigen Silberfäden durchwirkt, die das Funkeln der Brillanten an ihrer linken Hand aufgriffen.
„Danke, dass Sie mich gleich empfangen“, sagte Addie und stöhnte innerlich auf, denn sie hatte gerade die erste Regel gebrochen, die ihre Mutter ihr eingeimpft hatte. Dienstboten machten erst den Mund auf, nachdem sie angesprochen wurden. Vor lauter Nervosität hatte sie es vergessen.
„Kommen Sie herein“, erwiderte Mrs. Kendrick keineswegs eisiger, aber auch nicht herzlich. „Und schließen Sie bitte die Tür.“
Addie tat es. Da ihr kein Platz angeboten wurde, blieb sie stehen und verschränkte die Hände vor dem Körper. Mrs. Kendrick blieb, wo sie war, und wirkte so makellos wie die Göttin neben ihr.
Addie versuchte nicht daran zu denken, wie sie im Vergleich dazu aussah. Nichts war so wichtig wie das, wozu sie hergekommen war. Sie trat einen Schritt vor.
„Ich denke, es ist das Beste, wenn ich kündige“, sagte sie.
Gabes Mutter musterte sie. „Warum denken Sie das?“
„Weil es der schnellste Weg ist, dies alles zu beenden. Das Foto in der Zeitung ist nicht das, wonach es aussieht. Gabe und ich sind nur gute Freunde“, versicherte Addie und hoffte inständig, dass die Frau, die Königin hätte werden können, ihr glaubte. „Darüber haben wir gerade gesprochen, als das Foto gemacht wurde.
Über unsere Freundschaft, meine ich.“
Sie zögerte. „Ich weiß, es sieht nach mehr aus. Aber ich verspreche Ihnen, dass es nicht so ist. Das alles ist nur ein böses Gerücht. Aber das werden die Leute nur einsehen, wenn ich nicht mehr hier bin. Ich hatte keine Ahnung, dass ein Fotograf auf dem Anwesen war. Wenn einer es schafft, können andere es auch, und da die Feiertage näher kommen, wird
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