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Erich Kastner

Erich Kastner

Titel: Erich Kastner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der 35.Mai oder Konrad reitet in die Sudsee
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der Onkel.
Aber das Pferd war mit dem Schlaraffenland noch nicht einverstanden. »Solange man das Obst noch pflücken muß«, sagte es, »solange kann man mir hier nicht imponieren.«
Konrad, der einen der Vierfruchtbäume genau betrachtet hatte, winkte den Onkel und das Pferd herbei. Und was sie da feststellten, war wirklich außerordentlich praktisch. Auf dem Baumstamm befand sich ein Automat mit Griffen und Inschriften. »Am linken Griff einmal ziehen: 1 geschälter, zerteilter Apfel«, stand zu lesen. »Am linken Griff zweimal ziehen: 1 gemischtes Kompott. Am rechten Griff einmal ziehen: 1 Stück Pflaumenkuchen mit Schlagsahne.«
»Das ist ja enorm«, sagte der Onkel und zog rechts zweimal. Darauf klingelte es, und schon rutschte ein Teller mit Kirschenmarmelade aus dem Baum.
Nun fingen alle drei an, die Bäume zu bearbeiten, und ließen sich’s schmecken. Den größten Appetit entwickelte das Roß. Es fraß zwei Bäume leer und konnte kein Ende finden. Onkel Ringelhuth trieb zum Aufbruch.

    Doch das Pferd sagte: »Gehen Sie nur voraus, ich komme nach.« Und so marschierten Konrad und der Onkel immer gradeaus ins Schlaraffenland hinein. Manchmal liefen Hühner gackernd über den Weg. Sie zogen kleine blanke Bratpfannen hinter sich her. Und wenn sie Leute kommen sahen, blieben sie stehen und legten geschwind Spiegelei mit Schinken oder Omeletten mit Spargelspitzen. Konrad winkte ab. Denn er war satt. Da verschwanden die Hühner, ihre Pfannen hinter sich herziehend, im Gebüsch.
»Menschen scheint es hier überhaupt nicht zu geben«, sagte der Junge.
»Sicher gibt es hier welche«, meinte Ringelhuth. »Denn sonst hätten ja die Automatenbäume nicht den geringsten Sinn.«
Der Onkel hatte recht. Nach einer Wegbiegung trafen sie auf Häuser. Die Häuser standen auf Rädern und hatten Pferde vorgespannt. Dadurch war es den Bewohnern möglich, im Bett zu bleiben und trotzdem überallhin zu gelangen. Außerdem waren an den Schlafzimmerfenstern Lautsprecher befestigt. Und wenn sich zwei Schlaraffen unterhalten wollten, ließen sie ihre Häuser mit Hilfe der Gespanne nebeneinander bugsieren und verständigten sich per Lautsprecher. Ohne daß sie einander zu Gesicht bekamen.
Konrad deutete auf zwei solche Häuser. Onkel und Neffe schlichen auf Zehenspitzen näher und hörten eine verschlafene Stimme aus dem einen der Lautsprecher reden.
»Lieber Präsident«, sagte der eine Lautsprecher, »was haben wir eigentlich heute für Wetter?«
»Keine Ahnung«, antwortete der andere Lautsprecher. »Ich bin seit zehn Tagen nicht aus dem Bett gekommen.«
»Na«, brummte der eine, »zum Fenster könnten Sie doch wenigstens mal hinausschauen, wenn Sie uns regieren!«
»Warum schauen denn Sie nicht hinaus, lieber Hannemann?«
»Ich liege seit vorgestern mit dem Gesicht zur Wand und bin zu faul, mich umzudrehen.«
»Genauso geht es mir, lieber Hannemann!«
»Tja, Herr Präsident, dann werden wir wohl auf den Wetterbericht verzichten müssen.«
»Das scheint mir auch so, Hannemännchen. Wiedersehn. Schlafen Sie gut!«
»Gleichfalls, Herr Präsident. Winkewinke!« Die beiden Lautsprecher gähnten. Und dann rollten die Häuser wieder voneinander fort.
»Diesen Präsidenten wollen wir uns mal beschnuppern«, schlug Ringelhuth vor.
Und sie folgten dem langsam dahinrollenden Präsidentenpalais. Als es in einem Park von Automatenbäumen gelandet war und stillstand, blickten sie neugierig durchs Kammerfenster.
»So ein fetter Kerl«, flüsterte der Onkel.
»Meine Herren!« rief Konrad. »Das ist doch der dicke Seidelbast!«

    »Woher kennst du denn den Präsidenten des Schlaraffenlandes?«
»Der dicke Seidelbast ist doch in unsrer Schule elfmal sitzengeblieben, weil er so faul war!« beric htete der Junge. »In der dritten Klasse hat er dann geheiratet und ist aus der Stadt fortgezogen. Es hieß, er wolle Landwirt werden. Daß er Präsident im Schlaraffenland geworden ist, davon hatten wir keine Ahnung.« Dann klopfte Konrad ans Fenster und rief: »Seidelbast!«
Der Präsident, dick wie ein Fesselballon, wälzte sich ärgerlich im Bett herum und knurrte unwillig: »Was’n los?«
»Kennst du mich nicht mehr?« fragte der Junge.
Seidelbast öffnete die kleinen Augen, die in dem dicken Gesicht kaum noch zu erkennen waren, lächelte mühsam und fragte: »Was machst du denn hier, Konrad?«
Onkel Ringelhuth lüftete den Hut und sagte, er sei der Onkel und sie befänden sich nur auf der Durchreise hier und wollten nach der Südsee.
»Ich bring euch

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