Erlösung
passieren.“ Ich schluckte, weil ich das Gefühl hatte, einen überdimensionalen Kieselstein im Hals stecken zu haben. „Ich muss dir etwas sagen, Engel.“ Ihr Blick ruhte auf mir, ich konnte es spüren, aber ich starrte weiterhin auf ihre kleinen Hände, weil ich sie einfach nicht ansehen konnte. Verflucht noch eins!
„Nicholas, ist alles okay?“
„Es ist nichts…“ Lügner!
„Du wirkst so angespannt. Ist es wegen Peter?“ Furcht kehrte in ihre Stimme zurück.
„Ich habe mit ihm gesprochen. Wir konnten unsere Differenzen beilegen…“ Als wäre alles so einfach. Ich hockte mich auf den Boden und vergrub das Gesicht in meinen Händen. Am liebsten hätte ich lauthals aufgestöhnt. Mach´ jetzt nur keine Szene, dafür bleibt keine Zeit. Vincent hatte gesagt, ich sollte Lesley mit nach Zürich nehmen. Da wäre sie wenigstens für den Augenblick in Sicherheit und ich konnte ihr immer noch die Wahrheit beichten, wenn alles vorüber war. Zuerst mussten wir Crane und diese Elisabeth stoppen.
Eine warme, zärtliche Berührung an meinem Kopf ließ mich unwillkürlich zusammenzucken. Als ich meine Hände sinken ließ und nach oben schaute, sah ich in das wunderschöne Gesicht eines Engels. Meines Engels. „Sag´ mir bitte, was dich bedrückt.“
Kontrolle. Sie war das Einzige, was mich bisher immer vor allem bewahrt hatte. Jetzt würde sich zeigen, wie stark ich wirklich war. „Es tut mir leid, dass ich dich in diese ganze Sache mit hineingezogen habe. Du musstest wegen mir schon so viel ertragen und ich habe auch heute eine Bitte an dich. Vincent will, dass ich dich nach Zürich zu den Ältesten bringe, im Moment bist du wohl nur dort wirklich sicher. Auch wenn ich nicht glaube, dass Peter oder Alexander Crane noch einmal auftauchen, sollten wir trotzdem kein Risiko eingehen. Ich würde mir sonst bloß unentwegt Sorgen um dich machen. Und ich muss so schnell wie möglich wieder zurück in die Schweiz.“ Ich erwartete Fragen, vielleicht sogar Einwände.
„Das klingt irgendwie so, als müsste ich mehr Sachen einpacken, als bloß für ein paar Tage…“ Darüber hatte ich eigentlich gar nicht nachgedacht. Vielleicht würde sie wirklich nicht wieder zurückkommen können. Ich zuckte mit den Schultern. Darauf hatte ich keine wirkliche Antwort, denn ich wusste es im Moment einfach nicht.
Lesley nickte kurzerhand. „Okay. Gib mir ein nur paar Minuten, damit ich etwas zusammenpacken kann.“ Wie sehr ich sie liebte…
Meine Arme legten sich automatisch um ihre Schultern und ich zog sie an mich, um sie zu küssen. Ihre Lippen waren heiß, sinnlich und so weich wie ich sie in Erinnerung behalten hatte. Aber dieses Mal schmeckte unser Kuss nicht nach der Süße von Vanille, sondern nach dem bitteren Geschmack des Verrats, den ich begangen hatte.
Entflammt
„Ich habe einen Fehler gemacht.“ Mein Gewissen hatte mich den ganzen Flug nach Zürich genervt. Es war der Ansicht, dass ich das Richtige getan hatte… doch mein Herz war ganz anderer Meinung.
Vincent erhob sich aus dem schweren Sessel und kam hinter seinem Schreibtisch hervor. „Was meinst du?“
„Liz ist hier und es geht ihr momentan einigermaßen gut, aber wer weiß, wie lange das so bleibt…“, ich seufzte.
Mein Schöpfer neigte seinen Kopf ein wenig zur Seite und sein Gesichtsausdruck wurde noch fragender. „Wo liegt das Problem? Du hast Lesley hierher gebracht, sie ist in Sicherheit und ich kümmere mich schon um die medizinische Versorgung, keine Angst.“
Ich nickte. „Ja, ich weiß, ich danke dir auch dafür.“
„Was bedrückt dich sonst noch? Peter ist doch verschwunden…“
„Schon, aber ich habe zugelassen, dass er Richard Ashtons Gedächtnis löscht. All´ seine Erinnerungen sind nun für immer ausradiert. Futsch, als hätte es ihn und sein Leben nie gegeben. Im schlimmsten Fall wird er als Psychopath in irgendeiner Klapsmühle landen.“ Ich ließ meinen Körper auf eines der beiden Sofas fallen und rutschte tiefer ins weiche Leder. „Wie konnte ich so etwas zulassen. Wie soll ich ihr das nur sagen. Dafür wird sie mich verachten.“
„Beruhige Dich, Nicholas. Du übertreibst. Liz liebt dich und sie wird dir diese Sache verzeihen. Ihr Vater hat sie im Stich gelassen, er hat sie bereits vor langer Zeit verloren, weil er anderen Dingen höhere Priorität zugeschrieben hat.“ Er kam zu der Sitzgruppe und setzte sich mir gegenüber.
„Diese Sache? Vincent, das ist nicht bloß eine Sache. Es geht darum,
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