Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
Vom Netzwerk:
ein kleines Stück höher, damit sie meinem Gesicht näher kam. „Ich habe ungefähr ein Pfund Schmerztabletten und diverse Antikrebspräparate, von denen ich keins wirklich aussprechen kann, intus, was bedeutet, dass ich es definitiv eine Weile aushalten kann.“ Für einen Menschen war sie wahrhaftig stark. Ich bewunderte abermals ihre Tapferkeit und wie sie mit diesen ganzen schrecklichen Tatsachen umgehen konnte. Wer hätte es mehr verdient unsterblich zu werden…?
    „Also, ich finde, wir sollten uns…“ Sie beendete den Satz, indem sie mich kurzerhand küsste. Ein wohliger Hauch dieser unverkennbaren Süße, nach der sich mein Innerstes so sehr verzehrte und regelrecht lechzte, breitete sich schlagartig auf meinen Lippen aus. Es kostete mich einige Anstrengung, um meine Sehnsucht unter Kontrolle zu halten. Und wieder kamen mir Peters Worte in den Sinn; er hatte gemeint, dass ich mich zu sehr bremste, dass ich stattdessen einfach mal meinem Instinkt folgen sollte. In diesem Fall lag er vielleicht gar nicht so verkehrt. Wer wusste schon, was noch kommen würde. Wann ich zurückkehren mochte, falls ich das überhaupt tat. Meine Leidenschaft kroch unaufhaltsam an die brodelnde Oberfläche und ergriff in Windeseile Besitz von meinem Körper. Es fühlte sich jedenfalls verdammt richtig an. Ich trug Liz zum Bett, ohne meinen Mund von ihrem zu lösen und sie klammerte sich dafür nur noch enger an mich. Als ich mich mit ihr gemeinsam auf die Matratze sinken ließ, schmiegten sich die unzähligen Kissen und die weichen Decken fast schon zärtlich um ihren schlanken Körper. Ich hatte das Gefühl, als würden wir gemeinsam auf Wolken liegen… es war die Begierde, die meine Gedanken und Sinne zu benebeln schien. Und es war ein berauschendes Gefühl, das ich am liebsten einfangen wollte, um es bei mir tragen zu können. Lesley stöhnte leise unter meinem sanften Kuss, ihre schmalen Finger gruben sich in mein Haar. Wie sehr ich sie in diesem Moment begehrte, wie tief mein Verlangen nach ihr war. Flammen, die in meinem Herzen aufloderten, um alles in mir in Brand zu stecken. Und ich ließ es zu, selbst wenn sie mich verbrennen würden, wollte ich es einfach geschehen lassen. Nur dieses eine Mal...

 
    Keine Geheimnisse
     
     
    Lesleys Brustkorb hob und senkte sich, nicht so unbeschwert, wie ich es gern gehabt hätte, doch die Medikamente leisteten zumindest ihren vorübergehenden Dienst. Trotzdem war es bloß eine Frage der Zeit… Zeit, die mir zum ersten Mal entglitt. Sie rann zwischen meinen Fingern hindurch, ohne dass ich eine Chance hatte, sie zu fassen zu kriegen. Vincent und die anderen Ältesten würden bald aufbrechen wollen, also musste sich Liz unbedingt bei ihnen vorstellen. Bald. Vielleicht schon heute. Plötzlich begann ihr Körper zu zucken. Es war keine heftige Attacke und sie wachte davon glücklicherweise nicht auf. Ich hatte allerdings das ungute Gefühl, dass es lediglich ein Vorbote gewesen war. Der Tumor würde einen erneuten Versuch wagen und nächstes Mal wäre der Schmerz bestimmt stärker. Wie sehr ich dieses Krebsgeschwür verabscheute. Es war da und mit tödlicher Genauigkeit wuchs es heran, trotzdem war es nicht angreifbar, obwohl man wusste, wo es saß. Ich setzte mich im Bett auf und atmete tief ein. Lesleys betörender Duft hing noch in der Luft, er haftete an mir und ich genoss diesen Umstand, denn er würde viel zu rasch vorübergehen. Das war wohl das einzige, was ich vermissen würde, wenn sie kein Mensch mehr war. Dieser unverkennbare Geruch, die Wärme ihrer Haut. Ob sie noch nach Vanille schmecken würde… Ich wollte sie am liebsten schlafen lassen, aber ich konnte nicht mehr klar denken. Seit gestern beschäftigte mich bloß noch ein Thema und auch das Gespräch mit Vincent hatte mich nicht wirklich beruhigen können. Die halbe Nacht hatten diese Bilder in meinem Kopf herum gespukt. Wie sollte ich in diesem Zustand gehen, geschweige denn kämpfen, wenn ich mich auf nichts anderes konzentrieren konnte? Sie musste über mich Bescheid wissen, vorher konnte ich einfach nicht fort. Sie durfte es nicht aus den Nachrichten erfahren oder von Newton, wenn er sie womöglich doch anrufen würde… nein, sie sollte die Wahrheit lieber von mir hören. Es war meine Schuld, also musste ich auch die Konsequenzen dafür tragen.
    „Engel…?“ Ich beugte mich zu ihr nach unten. „Wach auf…“
    Liz kuschelte sich tiefer in eins der weichen Kissen, ihre Augen noch ein wenig zusammengekniffen.

Weitere Kostenlose Bücher