Erlösung
großartig.“ Sie lächelte befreit. „Mein Körper fühlt sich so unbeschreiblich gut an. Der Druck in meinem Kopf ist tatsächlich weg, ich habe einfach keine Schmerzen mehr.“ Sie betrachtete ihre Hände und Arme, die den größten Teil ihrer sanften Bräune schon eingebüßt hatten. „Es kommt mir vor, als würde ich Bäume ausreißen können.“
„ Das wird bald kein Problem sein“, ich grinste. „Je mehr du dich stärkst desto besser werden deine Reflexe und deine Kraft wird sich mit der Zeit rasch steigern.“ Wir blickten beinahe gleichzeitig zu den Essensresten auf dem Servierwagen.
„Das wird mir ganz bestimmt fehlen.“
„Nicht sehr lang. Es ist schwer vorstellbar, aber wie gesagt, irgendwann wirst du vergessen haben, dass du diese Dinge je vermisst hast. Dein Körper und dein Hunger haben sich ohnehin schon jetzt verändert. Glaub´ mir, deine Prioritäten liegen nun völlig anders.“
Die Farbe ihrer Augen wurde noch intensiver, die Iris wirkte nun beinahe flüssig. „Wie lange war ich denn eigentlich weg?“
„Eine Weile“, antwortete ich und meine Finger streiften sanft ihr Kinn. „Es ging schneller als bei mir damals.“
„Ist es normal, dass sich deine Berührung so anfühlt?“
„Wie denn?“
„Viel Intensiver als sonst.“
„Hatte ich dir nicht gesagt, dass sich alle deine Sinne steigern? Schneller, stärker, beinahe alles vervielfacht sich.“
Sie legte ihre Hand an die Brust, so als würde sie ihren eigenen Herzschlag fühlen wollen.
„Totale Stille.“
„Ich kann nicht glauben, dass das alles wirklich passiert ist und ich jetzt so bin wie du.“
„Vielleicht hilft es dir, wenn du es siehst.“ Ich stand auf und ging ins Badezimmer. Mit ihrem kleinen Spiegel, der neben ihrer Kosmetiktasche gelegen hatte, kam ich sofort zurück. Ihre Augen verrieten bereits die unübersehbare Wandlung und sobald Liz das irisierende Blau sah, konnte auch ihr Verstand die neue Wahrheit begreifen.
„Wow.“ Mehr kam nicht über ihre Lippen.
„Du bist unsagbar schön.“
„Ich habe das Smaragdgrün bei dir immer bewundert. Dass ich jetzt auch so schimmernde Augen haben soll, ist so unwirklich. Doch das ist es nicht, das ist alles real, oder?“
„Ja. Endlich.“ Ich streichelte zärtlich ihre Wange. „Damals brauchte ich auch einen Moment, ehe ich begreifen konnte, was mit mir passiert ist. Und ich weiß noch, dass ich unerklärlicherweise ziemlichen Durst hatte. Was ist mit dir?“
„Hm, irgendwie schon.“ Sie schaute etwas zur Seite. „Also, keinen Wein mehr.“ Ein Grinsen zuckte in ihren Mundwinkeln.
Ich schüttelte ebenfalls lächelnd den Kopf. „Ab heute gibt es etwas anderes.“
„Etwas Besseres.“ Es klang nicht wie eine Frage.
„Notwendig.“
„Vor diesem Moment hat es mir die ganze Zeit über gegraut. Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass man auf etwas scharf sein soll, was eigentlich ekelig ist.“
„Auch das hatte ich einmal geglaubt. Ich denke, wir fangen deswegen langsamer an, um dich daran zu gewöhnen. Der Vampir in dir weiß zwar bereits, was er braucht, aber ich verstehe, dass du vielleicht etwas mehr Zeit zum `Umgewöhnen´ benötigst. Vincent hatte damals die Auffassung, dass ich es vertragen könnte. Allerdings hatte ich auch mehr Zeit, mich damit abzufinden. Er hat mich genau genommen viele Monate darauf vorbereitet, das war also etwas anderes.“ Ich krempelte den Ärmel meines Hemdes bis zum Ellenbogen nach oben und legte meinen Unterarm frei. „Probier von mir.“
Sie sah mich ungläubig an. „Das habe ich doch schon, damit du mich zu einem Vampir machen konntest.“ Ehe ihr letzter Herzschlag verklungen war, hatte ich ihr etwas von meinem Blut eingeflößt. Erst ein paar Tropfen, dann immer mehr, bis sie nichts mehr von mir aufnehmen konnte, weil die erste Welle der Verwandlung eingesetzt und der Schmerz sie fortgerissen hatte.
„Es wird dein Bewusstsein nun ganz anders berühren, weil du unsterblich geworden bist. Blut ist jetzt ein besonderer Teil von dir, das einzige Leben, welches noch in deinem Körper existieren kann.“
„Okay. Ich will es“, feuerte sie sich selbst an. „Ich kann das!“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Nur wie… ich meine, was muss ich tun, einfach zubeißen?“
„Genau genommen schon. Es ist simpel und geht fast von selbst.“ Ich streckte ihr meinen Arm entgegen. „Sieh genau hin, konzentriere dich auf das Blut in meinen Adern. Auch wenn es vielleicht nicht so pulsiert wie bei einem
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