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handschriftliche Mitteilung auf braunen Papierhandtüchern«, sagte Richard. »Der Typ hat sie einfach auf einer ebenen Fläche ausgebreitet, sein Fotohandy darauf gerichtet und zu seinen Göttern gebetet. Die Bildqualität ist schlecht. Aber deine Kopie ist so gut wie meine. Die einzige Möglichkeit, mehr Informationen zu gewinnen, ist, nach China zu fliegen, und das tun wir in acht Stunden.«
»Warum können wir nicht früher fliegen?«, fragte John, obwohl er es schon wusste.
»Die Visa«, erinnerte ihn Richard.
Fünf Tage zuvor, direkt im Anschluss an das Treffen mit Skeletor, hatte Richard seinen Piloten gesagt, sie sollten sich einen Tag frei nehmen, die Freuden des Königreichs der K’Shetriae genießen und ihn dann am FBO von Sioux City abholen. Dann war er in einen gemieteten Grand Marquis gestiegen und hatte sich nach Hause aufgemacht. Johns Farm bezeichnete oder betrachtete er immer nur dann als Zuhause, wenn die Dinge richtig schlecht standen. Er stellte sich vor, dass die Fahrt ihm gut tun würde. Wie es schien, musste sein Verstand sich irgendwie betätigen, und die Fahrt dürfte ihm dazu eine gute Gelegenheit bieten. In den vergangenen Tagen war er intensiv damit beschäftigt gewesen, die schlimmsten Charakterfehler von Don Donald und Skeletor – den Geiz des einen und die Unsicherheit des anderen – für seine Zwecke auszunutzen. Eine Leistung, deretwegen er es eigentlich in voller Lautstärke mit den Furiosen Musen hätte zu tun bekommen müssen. Doch sie blieben stumm. Vielleicht hatten sie ihn endlich für andere Exfreunde aufgegeben, bei denen die Chance bestand, dass sie sich dank ihrer Vorschläge besserten. Somit war sein Verstand während der vierstündigen Fahrt seltsam leer und inaktiv.
Aus diesem Zustand kam er erst wieder kurz vor der Farm heraus, als er die Landstraße entlangfuhr, auf der er als Kind geradelt war, und in frischer Verblüffung auf die riesigen Windkrafträder starrte, die John und Alice hatten aufstellen lassen. Es herrschte eine anständige Brise, und die Anlagen arbeiteten so schnell, wie man sie überhaupt ließ. Dieser Bewegung wegen sprangen sie ihm derart ins Auge, dass es ihm fast ein wenig schwerfiel, sich auf die Straße zu konzentrieren. Doch dann heftete sich sein Blick auf eine, die wegen eines kleinen Schlenkers, den die Straße machen musste, um einer Biegung des Flüsschens auszuweichen, unmittelbar vor ihm lag. Sie musste offenbar repariert werden, denn die Rotorblätter waren in Ruhestellung gedreht, sodass sie einfach reglos dastand, das einzig Tote in diesem Wirbel weißer Rotoren.
Richard konnte gerade noch auf den Seitenstreifen fahren und die Feststellbremse betätigen, ehe er weinend zusammenbrach.
Deswegen war sein Verstand stumm geblieben. Weil er wusste, dass Zula tot war.
Er erschien mit roten Augen an Johns und Alices Haustür und stellte fest, dass sie im gleichen Zustand waren. Sie fragten ihn nicht, was er gemacht habe und wozu die ganze Herumfliegerei gut gewesen sei. Das war nur gut so. Aus dieser Distanz nahm sich der Schachzug mit D-Quadrat und Skeletor lächerlich weit hergeholt und irrelevant aus.
Er blieb über Nacht und hielt, wenn er sich durchs Haus bewegte, den Blick gesenkt, damit er nicht zufällig auf ein Foto von Zula fiel. John redete nicht viel; er hatte eine Datenbank mit möglichen Hinweisen auf seinem Rechner, an der er wie besessen arbeitete. Aber sein Computer war, wie Richard auf einen Blick sah, schwer mit Schadsoftware verseucht, weshalb er nur etwa mit einem Hundertstel seiner normalen Geschwindigkeit lief und sich andauernd aufhängte. Richard erwog, seine Hilfe anzubieten. Aber der Umstand, dass John sich damit abfand, zeigte, dass ihm die Hoffnungslosigkeit des ganzen Unterfangens bewusst war und er bloß auf der Stelle trat. Alice – in irgendeinem Stadium der Trauer – blieb stumm und bis auf gelegentliche Ausbrüche manischer Energie untätig. Der einzige Mensch, in dessen Gegenwart Richard sich wohl fühlte, war Dad, also verbrachte er den größten Teil des Abends damit, neben ihm in der Männerhöhle zu sitzen, dem Zischen und Piepsen seines bionischen Unterstützungssystems zu lauschen und sich im Fernsehen anzusehen, was auch immer Dad mit der Fernbedienung zu wählen Lust verspürte. Immer wieder kamen Leute vorbei, aber sie wussten nicht recht, was sie tun sollten. Es handelte sich schließlich nicht um einen Todesfall. Man konnte keine Blumen schicken. Hallmark stellte keine Karten für
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