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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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Vorstellung besessen, dass alle sie sonderbar ansahen, hatte sie am Flughafen eine Zeitlang ein Waschbecken mit Beschlag belegt und sich das lächerliche Make-up weggeschrubbt, das Chows Kosmetikerin in dem Hotelzimmer in Jincheng ihrem Gesicht verpasst hatte. Es juckte sie in den Fingern, auch die Frisur anzugehen, aber auf Flughäfen bekam man keine Schere, und außerdem wollte sie nicht unangenehm auffallen. Die Wunde auf ihrem Kopf war nie richtig genäht worden. Sie neigte dazu, in unregelmäßigen Abständen aufzugehen und zu bluten, weshalb es nicht ratsam erschien, sich da oben zu schaffen zu machen. Vielleicht hatte der MI 6 in London ja Leute, die sich auf derlei verstanden – Kampf-Schönheitspfleger, Trauma-Coiffeure. Wahrscheinlich unternahmen ihre Vorgesetzten beim MI 6 gerade hysterische Anstrengungen, während dieses Zwischenstopps Kontakt mit ihr aufzunehmen und sie auszuquetschen, aber sie hatte keine Möglichkeit, mit ihnen zu kommunizieren, der zu trauen sie bereit war. Und selbst wenn jemand persönlich hier in der Damentoilette auf sie zukäme, jemand, den sie als Angehörigen des Dienstes erkannte, war sie sich nicht sicher, wie viel sie preiszugeben bereit wäre. Jemand hatte Sokolow dort draußen im Dunst vor Kinmen einen Hinterhalt gelegt, und sie wusste nicht, wer. Im besten Falle waren es einfach nur chinesische Geheimdienstler oder lokale Gangster gewesen. Im schlimmsten Fall wollte der MI 6 ihn tatsächlich tot sehen. Zwischen diesen beiden Extremen bestand noch die Möglichkeit, dass es beim MI 6 einen Maulwurf gab und der chinesische Nachrichtendienst Zugang zu dessen Geheimnissen hatte. In jedem Fall hatte sie keine Lust, weitere Informationen über Sokolow auszuspucken, bis sie nach London zurückgekehrt war und mehr erfuhr.
    Dann der Nonstopflug nach London. Den ersten Teil verbrachte sie damit, sich zu betrinken, den Rest damit zu schlafen.
    Das Flugzeug landete um etwa sechs Uhr morgens am Terminal fünf von Heathrow. Da ihr aufenthaltsrechtlicher Status nicht mehr auseinanderzudröseln war, wurde sie am Ende der Fluggastbrücke von einem Mann in Uniform und einem Mann in Anzug erwartet. Sie hatte stets von Leuten gelesen, die »in Windeseile« durch bestimmte Formalitäten »geschleust« wurden, machte nun aber zum ersten Mal persönlich Bekanntschaft damit und musste zugeben, dass es seine Reize hatte. Besonders wenn man verkatert war und blutete. Um von den Flugsteigen von Terminal fünf zur Einwanderungs- und Zollbehörde zu gelangen, war es erforderlich, eine Unzahl von Rolltreppen hinunterzufahren, die weit über Bodenhöhe begannen und tief darunter endeten. Etwa auf halbem Weg gab es eine Stelle, wo eine Rolltreppe die neu angekommenen Passagiere in einem Flur absetzte, der zufällig auf Straßenhöhe lag; während man eine Hundertachtziggradwendung vollführte, um auf die nächste zu gelangen, konnte man durch Glastüren und –wände auf eine Straße schauen, auf der Autos und Lkws dahinströmten. Vor diesen Glastüren waren ständig Uniformierte postiert, die dafür sorgten, dass jeder, der die Rolltreppe herunterkam, weiter hinunter in die Geschosse fuhr, wo er abgefertigt wurde.
    Das heißt, jeder mit Ausnahme der wenigen Glücklichen, die in Windeseile geschleust wurden. Olivia war bereit, die Hundertachtziggradwendung zu vollführen und mit allen anderen weiter hinunterzufahren, aber ihre Begleiter gingen nach Verlassen der Rolltreppe einfach weiter geradeaus. Und da Olivia zwischen ihnen eingeklemmt war, tat sie einfach das gleiche und rechnete jeden Moment damit, dass einer der an der Tür postierten Sicherheitsleute sie niederringen und in eine Trillerpfeife blasen würde. Stattdessen öffnete man ihr eine Tür, schaltete durch Drücken einer Reihe von Ziffern auf einem Tastenfeld einen Alarm aus, und plötzlich stand sie draußen und stieg in einen schwarzen Land Rover. Sie waren schon auf der M4, bevor die abgestandene Luft des Jumbo Jets aus ihren Kleidern und Haaren verflogen war.
    Hinein in eine Londoner Arztpraxis, eine überaus private und spezialisierte Praxis, zu deren Grundsätzen es gehörte, niemals Überraschung oder Skepsis zu bekunden. Woher sie komme? Südchina. Ob ihr allgemeiner Gesundheitszustand gut sei? Bis vor kurzem. Was vor kurzem geschehen sei? Sie sei von einer Schockwelle gegen eine Wand geschleudert, von einem Hagel von Glassplittern getroffen und halb unter Schutt begraben worden, vor Bewaffneten geflohen, barfuß durch ein

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