Erzählungen
hingezogen fühlen; die Bewerbung ist infolgedessen übermäßig stark. Jeder Nichtskönner, der erkannt hat, daß es ihm an der nötigen Gehirnmenge fehlt, um Schauspaziergänger, Dorn-im-Auge-Mann oder Tritt-und-Hieb-Mann zu werden, denkt offenbar, daß er sich recht wohl zum Schmutzspritzer eignet. Aber auf diesem Gebiete ist ja ohne Methode absolut nichts auszurichten. Ich betrieb dieses Geschäft nur im kleinen, und doch brachten mich meine methodischen Gewohnheiten spielend vorwärts. Ich wählte in erster Linie meine Straßenkreuzung mit großer Überlegung und legte nirgends in der Stadt einen Besen an als hier. Ich sorgte dafür, daß immer eine hübsche kleine Pfütze in Bereitschaft war, die ich in einer Minute erreichen konnte. Durch dieses mein Verfahren wurde ich gar bald als Mann bekannt, auf den man sich verlassen kann. Und damit ist – das will ich hiermit feststellen – im Handel die halbe Schlacht schon geschlagen. Jeder beeilte sich, mir eine Münze zu geben, und gelangte dafür über meine Straßenkreuzung mit einem reinen Paar Hosen. Nachdem meine geschäftliche Arbeitsweise auf diesem Gebiete zur Genüge bekannt war, erlebte ich niemals , daß einer den Versuch gemacht hätte, sich dagegen aufzulehnen. Wenn es mir vorgekommen wäre, so hätte ich verstanden, dem zu begegnen. Ich selbst betrog nie jemand und duldete darum auch nicht, daß man mit mir den Narren trieb. Freilich konnte ich nicht verhindern, daß das Militär mich betrog. Die Zahlungsweigerung von dieser Seite war mir äußerst unangenehm. Aber hier handelte es sich nicht um Einzelwesen, sondern um eine Körperschaft; und Körperschaften haben, wie jedermann weiß, weder Körper, die man prügeln, noch Seelen, die man verfluchen kann.
Ich verdiente Geld bei diesem Geschäft. Aber in einer üblen Stimmung entschloß ich mich, in das ›Hundebeschmier-Geschäft‹ überzutreten, eine der vorhergehenden ähnliche, aber leider bei weitem nicht so achtenswerte Branche. Immerhin hatte ich einen ausgezeichneten Platz in zentraler Lage und besaß hervorragende Wichse und Bürsten. Auch mein kleiner Hund war recht fett und schlau. Er war schon lange in der Branche tätig und, ich muß sagen, er verstand sich darauf. Wir gingen folgendermaßen zu Werk: Pompey wälzte sich im Schmutz und setzte sich vor die Tür des Ladens, bis er einen Dandy in spiegelblanken Stiefeln bemerkte. Diesem ging er entgegen und rieb sich ein paar Mal an dessen Stiefelschäften. Der Dandy fluchte furchtbar und sah sich dann nach einer Gelegenheit um, wo er sich die Schuhe reinigen lassen könnte, und da stand ich in Lebensgröße mit Wichse und Bürsten. Nach einer Minute Arbeit war alles geschehen, und dann kam ein Sixpence zum Vorschein. Für einige Zeit war dies ausreichend; ich war ja nicht habgierig. Aber mein Hund war es. Ich gestand ihm ein Drittel der Einnahme zu, aber er bestand auf der Hälfte. Dies war mir zu viel – wir bekamen Streit und trennten uns.
Eine Zeitlang versuchte ich mich nun im ›Ohren-Qual-Geschäft‹ und muß sagen, daß ich mich auch hierbei recht gut stellte. Es handelt sich da um ein einfaches, zielbewußtes Geschäftsverfahren, das keine besondere Begabung erfordert. Man verschafft sich eine Drehorgel, die immer dasselbe Lied spielt, und braucht, um sie tauglich zu machen, nur das Werk bloßzulegen und mit einem Hammer drei- oder viermal kräftig draufzuschlagen. Dieses Verfahren gibt dem Instrument die zu Geschäftszwecken geeignete musikalische Verfassung, wie man sie sich nicht besser wünschen kann. Ist dies geschehen, so braucht man nur mit der Orgel auf dem Rücken umherzuziehen, bis man irgendwo Holzpflaster und mit Wildleder umwickelte Türklopfer findet. Hier macht man Halt und orgelt; und man muß sich dabei den Anschein geben, als ob man bis zum jüngsten Tag dableiben und orgeln wollte. Sogleich wird ein Fenster geöffnet, und irgend jemand wirft einen Sixpence herunter und bittet, man möchte aufhören und weitergehen. Ich habe bemerkt, wie sich Orgeldreher schon durch diese Summe bewegen ließen, weiterzuziehen; ich für meinen Teil finde die notwendigen Geschäftsunkosten zu groß, um mir gestatten zu können, das Feld unter einem Schilling zu räumen.
Mit dieser Beschäftigung verdiente ich ein hübsches Stück Geld; aber dennoch fand ich nicht die rechte Befriedigung dabei und gab sie schließlich auf. Ich arbeitete nämlich unter ungünstigen Verhältnissen, weil ich keinen Affen hatte; auch sind die
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