Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Titel: Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Esquivel
Vom Netzwerk:
wiederholen, was Sie soeben gesagt haben, es könnte noch meiner Schwester zu Ohren kommen, und es soll doch wohl nicht noch jemand in diesem Haus unglücklich werden. Sie gestatten!... Ah, ehe ich es vergesse, ich kann Ihnen nur den guten Rat geben, das nächste Mal, wenn Sie sich verlieben, nicht mehr solch ein elender Feigling zu sein!«
    Tita packte wütend den Kochtopf und stapfte in Richtung Küche davon. Während sie die Sauce beendete, stieß sie üble Verwünschungen aus und begab sich schließlich, als die Sauce kochte, an die Vorbereitung des Champandongo.
    Wenn das Fleisch gar ist, fügt man die kleingehackten Tomaten und das Zitronat, die Nüsse und die zerkleinerten Mandeln hinzu.
    Der heiße Kochdunst vermischte sich mit der Hitze ihres Körpers. Der Zorn, den Tita in sich aufsteigen spürte, zeigte die gleiche Wirkung wie die Hefe im Brotteig. Sie merkte, wie er in ihr aufwallte und bis in die letzten Winkel ihres kaum noch Widerstand leistenden Körpers vordrang und nicht anders als Hefe in einem zu kleinen Gefäß anschwoll, bis er aus Ohren, Nase und jeder einzelnen Pore des Körpers entwich.
    Dieses innere Kochen war nur in geringerem Maße auf die Auseinandersetzung mit Pedro zurückzuführen und zu einem noch kleineren Teil auf den Ärger und die zusätzliche Mühe in der Küche; in Wirklichkeit beruhte es vor allem auf den Worten, die Rosaura einige Tage zuvor ausgesprochen hatte. Sie hatten sich allesamt im Schlafgemach ihrer Schwester versammelt, Tita, John und Alex. John hatte seinen Sohn zur Krankenvisite mitgebracht, da der Junge Titas Gegenwart im Haus schmerzlich vermißte und sie gerne wiedersehen wollte. Das Kind hatte sich über die Wiege gebeugt, um Esperanza kennenzulernen, und ihr niedliches Gesichtchen hatte ihm schier den Atem verschlagen. Wie jedes Kind in seinem Alter plapperte er unbekümmert drauflos und ließ lauthals vernehmen:
    »Hör mal, Papi, ich will auch heiraten, genau wie du. Aber ich nehme diese Kleine da.«
    Alle mußten schallend über diese Bemerkung lachen, doch als Rosaura Alex erklärte, das sei unmöglich, denn diese kleine Kreatur sei dazu auserwählt, für sie bis an das Ende ihrer Tage zu sorgen, spürte Tita, wie sie eine Gänsehaut bekam. Nur Rosaura konnte sich eine derartige Gemeinheit ausdenken und diese unmenschliche Tradition fortführen wollen.
    Die Zunge sollte ihr verdorren! Wären ihr doch niemals diese abscheulichen, widerwärtigen, zum Himmel stinkenden hundsgemeinen Worte entschlüpft! Sie hätte sie lieber hinunterschlucken und ganz tief in ihren Eingeweiden begraben sollen, damit sie vermoderten und von Würmern zerfressen würden. Hoffentlich lebte sie, Tita, noch lange genug, um zu verhindern, daß ihre Schwester diesen perfiden Plan in die Tat umsetzte.
    Genug damit, sie wußte gar nicht, warum sie sich einen solchen Augenblick, der für sie der glücklichste ihres Lebens sein sollte, mit derart finsteren Gedanken verderben mußte; dann aber fragte sie sich, warum sie eigentlich so aufgebracht war. Hatte Pedro sie etwa mit seiner schlechten Laune angesteckt? Seit sie auf die Farm heimgekehrt waren und er erfahren hatte, daß Tita John zu heiraten gedachte, trug er eine Laune zur Schau, als wäre ihm eine Laus über die Leber gelaufen. Man durfte ihn nur ja nicht ansprechen. Morgens früh sah er zu, daß er so bald wie möglich das Weite suchte, und galoppierte wie der Teufel auf und davon. Erst spät, knapp vor dem Mahl, kehrte er heim, um sich gleich darauf für den Rest des Abends auf seinem Zimmer einzuschließen.
    Niemand konnte sich dieses Verhalten erklären, wenngleich einige vermuteten, die Nachricht, auf weiteren Kindersegen verzichten zu müssen, habe ihn zutiefst getroffen. Doch aus welchem Grund auch immer, der Zorn schien das Verhalten aller im Hause zu bestimmen. Tita schäumte im wahrsten Sinne des Wortes wie heiße Schokolade. Sie benahm sich völlig gereizt. Selbst das so heißgeliebte Gurren der Tauben, die wieder unter dem Dach einquartiert worden waren und ihr am Tag ihrer Heimkehr soviel Freude bereitet hatten, störte sie nun. Sie fühlte sich, als ob der Kopf ihr zerbersten wollte wie ein Maiskorn beim Rösten. Zur Linderung preßte sie heftig ihre Hände gegen die Schläfen. Da ließ ein schüchternes Klopfen auf ihre Schulter sie unvermittelt hochschrecken, und am liebsten hätte sie um sich geschlagen, wer es auch sein mochte, denn sicherlich kam er, um ihr ihre kostbare Zeit zu stehlen. Doch wie überrascht

Weitere Kostenlose Bücher