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Esti (German Edition)

Esti (German Edition)

Titel: Esti (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Esterházy
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Zehennägel lackiere (in der verwendeten Sprache reimt sich das). – – – – – – Niemand mehr sonst ist im Garten, die Gendarmen sind abgezogen, die Gastgeber haben sich ins Haus zurückgezogen, woraufhin Esti stammeln kann, dasswidanja, Afdottja Jegorofna, dasswidanja, meine Teure. Er erinnert sich an nichts, nur wie sich infolge des Schusses der Seidenrock der Prinzessin am Bauch blutig färbte, das ist ihm im Gedächtnis geblieben, der tiefpurpurne, schwarze Fleck. Der Bauchschuss ist vielleicht am schlimmsten, heißt es.
    Ein achtzigjähriger eifersüchtiger Ehemann, fast schon eventuell vielleicht nicht einmal banal. Esti sitzt in der unschuldigen Musik der Zikaden und wagt nicht zu fragen, was habe ich mit alldem zu tun. Es wäre kein Halten. Tiefpurpurn, wenigstens das nicht vergessen. Kornél Esti ist nicht so undankbar. Er vergisst nichts, was in seinem Leben geschehen ist.

Eine osteuropäische Frau
    D as Kaffeehaus hieß Kaffeehaus, aber heutzutage gibt es keine Kaffeehäuser. Weil wir nicht, dachte Esti, kaffeehausreif sind. Er achtete nicht mehr auf die Frau. Die ihm unbedingt ihre Lebensgeschichte erzählen wollte, weil ausschließlich ein so glänzendes Talent, ein so aufrechter Charakter, eine so ungarische Seele wie Esti fähig sei, sie eventuell aufzuschreiben. Der wie ein unbeschriebenes Blatt in die Falle getappt war, insofern er die Beschreibung der Frau objektiv, sämtlich zutreffend fand.
    Zu Beginn der Erzählung hegte er noch keinen Argwohn, ein üblich zu nennendes osteuropäisches Lebensdrama entfaltete sich, die gewaltige Last der Geschichte usw. Kommen Leben, hauen drauf. Doch dann wurde sie bekehrt … nun, sie (ich) weiß gar nicht, zu was. Und woher kann man das wissen, fragte Esti zunehmend leiser. Aus der Stellung der Augen, lautete unerwartet die Antwort oder an anderer Stelle: Das ist ein Scherz, darüber gibt es ein Meer von Literatur, das wissen Sie nicht?! Und ob, brummte Esti.
    Und die von der Staatssicherheit haben ihren Mann bei ihr eingeschleust. Zu der Zeit gab es schon keine Staatssicherheit mehr. Was reden Sie da, selbst heute funktioniert sie mit Volldampf! Mit Volldampf?, Esti sagte nichts mehr. Ihr Mann sei absichtlich impotent geworden, nicht vollständig, aber doch so sehr – typisches Stasi-Tempo! –, dass sie nervlich kaputtgehe. Und ihr Kind hätte man auf dem Zebrastreifen überfahren. Auf dem Zebrastreifen! Sie waren sich ihrer Sache so sicher, dass sie einen Lada mit staatlichem Kennzeichen dafür verwendeten. Wie in Paris die Zwillinge ihres Bruders. Und sie sei als kleines Mädchen vergewaltigt worden. Der Pfarrer, damals noch Kaplan, doch das wolle sie nicht näher ausführen. Das ist dieselbe kommunistische Bande. Tränen stiegen ihr in die Augen, die Erinnerung tut weh, Kornél, tut sehr weh. Für mich ist der Friede von Szatmár bis heute eine offene Wunde.
    Esti senkte den Kopf, die Frau nahm das als Ermunterung. Kornél, so sehr schmerzt das Leben, bin eine offene Wunde, die Dinge tun mir weh! Esti maß die Donau (ach so, inzwischen waren sie aus dem Kaffeehaus gekommen und schlenderten zusammen am Donauufer entlang), die Donau, die zwischen steilen Ufern rauschte, mit wirren Wellen und Eistafeln. Sie hören meine Brüste ab. Aus meinem Jungen haben sie einen kommunistischen Janitscharen geschmiedet, er steht hinter den Machenschaften, er zieht die Strippen, mein Junge.
    Wenn ich sie hineinstieße, dachte er.
    Dachte es aber nicht nur. Hatte sie im selben Augenblick schon hineingestoßen.
    Er begann zu laufen.

Eine Baroness
Marquise de La Mole
    S ie sind schlecht gelaunt, sagte die Marquise de La Mole beziehungsweise Kornél Esti zu der Baroness, lassen Sie sich gesagt sein, auf einem Ball schickt sich das nicht. Verschonen Sie mich mit Ihren sentimentalen moralischen Bemerkungen, die Baroness fuhr hoch und streifte Esti mit ihrem Fächer. Den schwarzen Fächer hatten sie auf der Heimreise aus Portugal gekauft, in Madrid, bei einem Stierkampf. Als er an den Stier dachte, bekam Esti schlechte Laune. Er saß in der Patsche, das heißt bei der Baroness, nur dass er, Esti, keinen Fächer hatte. Ich möchte ein Fächerleben haben, Vater. Doch er hatte auch keinen Vater mehr.
Höschen und Satz
    »Du hast mich verlassen.« – »Ich bin zurückgekommen.« – »Wirst du mir denn nie verzeihen?« – »Ich möchte dich nie mehr treffen.« Danach musste Esti sein Leben nach diesen Sätzen ausrichten. Die Frau hatte kein Höschen an.
Leben und

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