Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig
körperliche Unsterblichkeit gesichert, sondern weil sie spürten, dass die Unsterblichkeit ihrer Seelen wiederhergestellt war.
Sie hatten das erhebende Erlebnis, wie sich ihr Karma mit dem Universum versöhnt hat.
Während sie noch reden, sieht Lotos mich an, hebt die Hände mit dachförmig aneinandergelegten Fingerspitzen in einem stillen Segenswunsch vor die Brust und legt einzelne Stücke der Frucht in kleine Pappbecher, für jeden
eine Portion, bevor sie sich selbst eine nimmt und mich ansieht. »Bitte, komm mit.«
Ich zögere. Ich will den Augenblick miterleben, wenn die Unsterblichen, überzeugt von allem, was sie gerade vernommen haben, alle wie ein Mann nach vorn treten und ihren neuen Weg wählen.
Doch Lotos schüttelt nur den Kopf. »Du hast getan, was du konntest«, sagt sie. »Alles Weitere ist an ihnen.«
Ich blicke mich um, sehe, wie die Menge sich dichter um Misa, Marco und Rafe schart, dann folge ich Lotos die Treppe hinunter und durchs Haus, wo wir unterwegs Ava, die Zwillinge, Jude, Stacia, Honor, Miles, Holt und sogar Sabine und Mr. Muñoz einsammeln, da sie diese letzte Reise mit all jenen gemeinsam antreten will, die ihr geholfen haben, so weit zu kommen.
Sie führt uns in den Garten, wo sie die Schuhe abstreift, die Augen schließt und seufzend die Zehen im Gras vergräbt. Dann hebt sie den Kopf, sieht uns einen nach dem anderen an, ehe sie ihren Blick auf mir ruhen lässt. »Du hast mich erlöst«, sagt sie. »Meine Dankbarkeit dir gegenüber ist grenzenlos, denn dein Vertrauen zu mir hat dich persönlich sehr, sehr viel gekostet. Das tut mir leid.«
Sie nickt und macht eine angedeutete Verbeugung, und ich warte, dass sie weiterspricht und mir versichert, dass ich mir keine Sorgen machen soll und von jetzt an alles nur noch besser wird, doch stattdessen hebt sie den Becher an die Lippen und isst von der Frucht. Sie schließt die Augen, während ihre Hände nach oben schnellen. Ihre Finger lösen und die Handflächen öffnen sich, und im ganzen Garten wird es still, als Lotos im herrlichsten Goldton zu leuchten beginnt, den man sich nur vorstellen kann.
Mit strahlendem Gesicht lässt sie den Stock achtlos neben
sich ins Gras fallen, während sie den Blick nach innen richtet – eine Zeugin für etwas Wunderbares, etwas, das nur sie allein sehen kann. Unwillkürlich schnappe ich nach Luft, als anstelle der Asche, die ich bisher stets zu sehen bekam, zwei makellose Lotosblüten aus ihren Handflächen erblühen.
Sie wendet sich zu mir um, steckt mir die eine hinters Ohr, legt mir die andere in die Hand und schließt sacht meine Finger um den Stängel. »Die ist für Damen«, sagt sie. »Du musst jetzt zu ihm gehen.«
Ich nicke, begierig darauf, genau das zu tun, doch ich will auch die Sache hier zu Ende bringen.
Ich bin hin- und hergerissen zwischen Gehen und Bleiben, als sich Jude zu mir herüberbeugt. »Er ist hier«, sagt er.
Ich sehe ihn an, während mir das Herz in den Hals hüpft, da ich denke, er spricht von Damen, doch schon bald begreife ich, dass er jemand anders gemeint hat.
»Ihr Mann. Er ist gekommen, um sie auf die andere Seite zu begleiten.« Er zeigt auf eine Stelle neben Lotos, die mir leer erscheint.
Lotos geht einen Schritt, zwei Schritte und verschwindet dann einfach. Ihr Körper war so alt, so verbraucht, dass er, als ihre Unsterblichkeit rückgängig gemacht wurde, der Schwerkraft auf der Erdebene einfach nicht mehr standhalten konnte. Dennoch hat sie genau das bekommen, was sie wollte, wonach sie all die Zeit gestrebt hat. Und sie lässt nichts weiter zurück als ein glitzerndes Häufchen Goldstaub.
Alle schweigen, da keiner die Stimmung durch Worte beeinträchtigen will.
Alle außer Stacia, die herausplatzt: »Okay, jetzt, da wir das hinter uns gebracht haben, kann mir bitte jemand sagen,
wo ich diesen superheißen Typen finde, der als Gladiator verkleidet ist?«
Miles und Holt prusten vor Lachen los und führen sie ins Haus, während Ava und die Zwillinge mit Sabine und Mr. Muñoz zurückbleiben und die Einzelheiten ihrer baldigen Hochzeit besprechen, bei der Romy und Rayne unbedingt Brautjungfern sein wollen.
Dann blickt Honor zwischen Jude und mir hin und her und sagt: »Okay, wir machen es folgendermaßen: Ich und mein Pocahontas-Kostüm gehen jetzt rein, damit ihr beiden klären könnt, was ihr klären müsst. Ehrlich, haltet ruhig euren kleinen Kriegsrat ab, redet euch alles von der Seele, und dann, Jude, wenn ihr fertig seid, wenn du bereit bist,
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