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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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seinem Kopf nach irgendeiner Rechtfertigung sucht, die seine Demütigung wiedergutmacht. Es kommt nichts. Ich gehe weiter.
    Dann kommt’s.
    »Hast du eine Raucherlaubnis, Samantha?«
    »Gute Nacht«, rufe ich zurück und gehe weiter. Er hält den Mund.
    Dienst an der Gesellschaft
    »Wir sind privilegiert. Wir bekommen jedwede Ausbildung und alle Möglichkeiten im Leben, daher schulden wir es der Welt, und vor allem unserer unmittelbaren Umgebung, dass wir etwas davon zurückgeben. Wir haben die Stärke und Kraft dazu. Ihr verlasst diese Schule als Weltbürger und könnt euren Weg im Leben frei wählen. Unsere Nachbarn haben diese Möglichkeiten nicht.«
    Owen findet einfach kein Ende. Will er sich selbst überzeugen? Er steht vor uns in der Karibu Hall und quatscht uns die Ohren voll, dass wir am Dienst an der Gesellschaft teilnehmen sollen. Wir sind kein Teil dieser Gesellschaft – außer Jarno vielleicht, den mit der übrigen Kundschaft von Mama Mbege ein gemeinsames Interesse verbindet.
    »Es ist unsere Pflicht. Wir schulden den Einheimischen, die uns so gut aufgenommen haben, einen Beitrag, obwohl sie keinen Zugang zu den Möglichkeiten haben, die uns offenstehen.«
    Man muss eine bestimmte Anzahl von Stunden als Dienst an der Gesellschaft ableisten, um das endgültige Examen in der zwölften Klasse bestehen zu können. Aber man kann bereits in der neunten Klasse anfangen, Stunden zu sammeln, damit es in den letzten beiden Jahren, in denen man unglaublich viel lernen muss, nicht zu Problemen kommt. Aber der Dienst an der Gesellschaft hat nur einen Sinn, wenn man bis zum bitteren Ende an der Schule bleibt. Halte ich es noch zwei Jahre nach der zehnten Klasse aus? Die anderen in meiner Klasse wollen den Dienst antreten, denn natürlich ist das auch eine Möglichkeit, mit den älteren Schülern herumzuhängen.
    Wir können mit Kindern im Kinderheim spielen. Wir können helfen, eine Schule in Mama Mbeges Dorf zu bauen, oder eine neue Brücke über den Karanga River gleich neben der Schule, damit die Frauen westlich des Flusses nicht bis zur alten Karanga Bridge gehen müssen, wenn sie mit ihren Waren zum Markt von Moshi wollen. Es hatte mal eine Brücke gegeben, aber die war zu tief angelegt und wurde allmählich von den Wassermassen weggespült, als der Fluss in der Regenzeit anschwoll.
    Nur solcher Mist. Wir sollen die Welt retten und fahren dabei erster Klasse. Sind wir gute Menschen, wenn wir diese Brücke bauen? Blödsinn.
    Ich suche Christian, aber er ist nicht da. Krank. Die ganze Woche. Jedenfalls ist er nicht in der Schule. Ich finde Panos.
    »Meine Mutter ist nach England geflogen, weil mein Vater die Kellnerinnen des Hotels fickt.«
    »Tsk.«
    Speak-easy
    Sonntagnachmittag gehe ich zu Mboyas duka .
    »Ich würd gern ein Bier im Garten trinken.«
    »Manchmal kontrollieren die Lehrer den Garten«, erwidert Mboya.
    »Lässt du sie denn in den Garten?«
    »Nein, ich sage, das ist Privatgelände. Aber manchmal stellen sie sich an die Straße, dann sehe ich sie nicht und kann dich nicht warnen.«
    »Ich nehme einfach einen Schleichweg, wenn ich gehe«, sage ich und lege Geld auf den Tresen. »Gib mir ein Bier.« Ich gehe durch den Laden in seinen Garten und setze mich an einen Tisch im Schatten. Von der Straße aus kann man nicht in den Garten sehen, denn Mboya hat einen hohen Zaun hinter die Hecke gezogen. Und es gibt einen heimlichen Hinterausgang durch ein Loch in der Hecke. Er führt in den Garten eines Hauses an der Parallelstraße. Mboya warnt uns, wenn ein Lehrer kommt – dann muss man leise sein.
    Einer seiner Töchter kommt mit meinem Bier und einem Glas. Ich zünde eine Zigarette an, putze meine Sonnenbrille, höre dem schnarrenden High-Life aus Mboyas Transistorradio zu und fühle mich fast wie ein Mensch.
    Als ich zum Kiongozi zurückkomme, packt Minna mich am Arm und schnüffelt an meinem Mund.
    Durchhaltebier
    Montagnachmittag besuche ich Christian, um die Wartezeit totzuschlagen.
    »Ich bin beim Trinken erwischt worden.«
    »Wann?«
    »Gestern«, sage ich.
    »Haben sie dich rausgeschmissen?«
    »Heute Nachmittag ist eine Sitzung. Ich bekomme morgen Bescheid.«
    »Und, was glaubst du?«
    Ich lächle.
    »Erst haben sie mich hinter dem Kiosk erwischt. Dann habe ich Minna ein despotisches Luder aus der Hölle genannt und Truddi eine schallende Ohrfeige verpasst. Ich glaube, ich werde fliegen.«
    »Ganz raus?«, fragt Christian nach.
    Ich zucke die Achseln. »Gibst du ein Durchhaltebier

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