Faith (German Edition)
Der Zwiesel, den er mit Jamal vorausgeschickt hatte, war hoffentlich schon bei den Hexen angekommen.
Was hatte er seinem kleinen Mädchen nur angetan.
Faith war noch so jung und so zart.
Dennoch musste sie sich einer Aufgabe stellen, die einen kräftigen Mann zum Zittern gebracht hätte. Seiner Liebe zu ihrer Mutter verdankte sie ihr Leben, würde diese Liebe sie nun das Leben kosten?
Lebte sie überhaupt noch?
Ein winziger blauer Falter flatterte vor ihm auf.
Als er den Kopf hob, sah er die blaue Wolke, die vor ihm auf dem Weg immer dichter wurde und ihm die Sicht auf das nahm, was dahinter geschah.
Er ließ sein Pferd im Schritt gehen und näherte sich langsam und vorsichtig.
Als die Wolke sich auflöste, die Schmetterlinge wie blauer, pudriger Staub in alle Richtungen verwehten, sah er sie.
„So schön!“, dachte Richard. „Sie ist zu schön für die Augen eines Sterblichen.“
Er glitt vom Pferd und nahm Magalie in seine Arme.
Wie immer empfand er in ihrer Nähe nur noch Glück.
Einen Moment lang überließ Magalie sich seiner Umarmung, dann aber löste sie sich.
Er sah es in ihren Augen. Faith war am Leben.
„Wir müssen schnell fort von hier. Annabelle ist mit ihren Reitern ganz in der Nähe. Du weißt, dass sie dich sucht? Ihre Armee kontrolliert den Saum des Canyon.“
„Wo ist sie jetzt?“
Magalie erkannte, dass seine Frage sich auf Faith bezog.
Es fiel ihr schwer, ihm zu antworten. Sie wusste, wie sehr er ihre Tochter liebte und wie groß seine Angst um sie war. Sie mochte ihm keinen Kummer bereiten.
„Faith ist bei Richard, es geht ihr gut. Sie ist wieder ganz gesund und kräftig.“
„Magalie!“
„Er kennt mich zu gut“, dachte sie.
Robert spürte, dass sie ihm etwas verschwieg.
Mit einer Hand hielt er die Zügel, mit der anderen drückte er Magalie, die vor ihm auf dem Braunen saß, so fest an sich, dass sie erschreckt aufschrie.
„Unsere Tochter ist auf dem Weg zu Leathan.“
Sie hörte Roberts Stöhnen.
„Wie konntest du das zulassen?“
Magalie legte den Kopf zurück an seine Schulter.
„Robert, ich bin die Fürstin dieses Landes, ich habe Pflichten. Als die Erde sich auftat, nicht aufhören wollte zu beben, musste ich wissen, was passiert war. Sie fügte leiser hinzu: „Ich wollte dich finden, bevor Annabelle es getan hätte. Ich konnte nicht ahnen, dass Faith meine Abwesenheit nutzen würde, sich ihrem Schicksal zu stellen.“
Robert drückte sein Gesicht in ihr duftendes Haar.
„Ich weiß, ich darf dir keine Vorwürfe machen. Aber ich komme um vor Sorge um unser Kind.“
Magalie hatte Tränen in den Augen und war froh, dass Robert sie nicht sehen konnte.
Sie hatte sich so sehr nach ihm gesehnt. Wie oft mussten sie aufeinander verzichten. Ihre Träume sprachen eine ganz andere Sprache. In diesen Träumen war er bei ihr, immer.
Kein Mensch hätte diese Nacht lebend überstanden. Magalie und Robert hatten sie in den tiefen Schatten zwischen den Bäumen verbracht. Der Boden unter ihnen bestand aus weichem, erdig duftendem Moos.
Die blauen Falter bildeten ein dichtes Zelt, das sie nicht nur vor Blicken schützte.
Der Wald lag an dem Umweg, den Magalie gewählt hatte, um Annabelle nicht in die Hände zu fallen. Keiner der Kreaturen hier würde es einfallen, Magalie oder ihren Gefährten anzugreifen.
Feen können mit einem Blick töten, so wie Annabelle den Troll getötet hatte.
Auch Magalie besaß diese Fähigkeit. Auch sie würde sie ohne Zweifel anwenden, wenn es notwendig sein sollte. Magalie kannte giftige Kräuter und solche, die heilten, sie bereitete Zaubertränke, von denen Robert nicht wusste, wofür sie gut waren. Und er wollte manches auch nicht wissen.
Sie war eisenhart, wenn es sein musste, und sie konnte dennoch die zärtlichste Geliebte sein. Robert liebte diese verführerische Frau und akzeptierte, was er nicht verstand.
Er hörte das unruhige Keckern der Lemuren, vereinzelt auch den Schrei eines getöteten Tieres. Die Geräusche der Nacht waren beängstigend. Ohne Magalie an seiner Seite hätte allein die Furcht ihn umgebracht.
In den Zweigen leuchteten Abertausende Glühwürmchen, die mit ihrem unschuldig wirkenden zarten Leuchten Fremde immer tiefer in den Wald lockten. Nie mehr würden sie hinausfinden.
Der schwere berauschende Duft ungenießbarer Früchte hing in der Luft. Wer von diesen Früchten kostete, starb einen qualvollen, unendlich langsamen Tod.
Giftzwerge gingen hier ihren grausigen Geschäften nach. Ihre winzigen
Weitere Kostenlose Bücher