Falken: Roman (German Edition)
Wärmflasche. Er hat königliche Ambitionen, und das sagt er jedem. Er ist krank vor Liebe zur Königin.«
»Ich werde Karten spielen«, sagt Jane Seymour. »Mit mir selbst, damit es keine ungebührlichen Verluste gibt. Master, gibt es Neuigkeiten von Lady Katherine?«
»Ich kann Ihnen nichts sagen. Tut mir leid.«
Lady Worcesters Blick folgt ihm. Sie ist eine schöne Frau, leichtsinnig und ziemlich ausgabefreudig, nicht älter als die Königin. Ihr Mann ist nicht da, und er hat das Gefühl, dass auch sie sehr langsam davonlaufen könnte, wenn er ihr zunickte. Aber dann: eine Komtess und er ein einfacher Master. Und er muss noch vor Sonnenaufgang auf der Straße sein.
Sie reiten ins Landesinnere zu Katherine, ohne Fahnen oder Abzeichen, eine kleine Gruppe bewaffneter Männer. Es ist ein klarer Tag und bitterkalt. Das braune Rispengrasland schimmert durch feste Schichten Reif, Reiher fliegen von zugefrorenen Tümpeln auf. Wolken türmen und verschieben sich am Horizont, schiefergrau und in einem milden, trügerischen Rosa. Vom frühen Nachmittag an führt sie ein silbriger Mond, der so schäbig ist wie eine geteilte Münze. Christophe reitet neben ihnen und wird wortmächtiger und empörter, je weiter sie sich von den Annehmlichkeiten der Stadt entfernen. »On dit, der König hat das harte Land für Katherine ausgesucht. Er hofft, der Schimmel kriecht ihr in die Knochen und sie stirbt.«
»Er hegt keinerlei derartige Gedanken. Kimbolton ist ein altes Haus, aber in tadellosem Zustand. Sie hat jeden Komfort. Ihr Haushalt kostet den König viertausend Pfund im Jahr. Das ist keine knausrige Summe.«
Er lässt Christophe über den Ausdruck nachsinnen: keine knausrige Summe. Endlich sagt der Junge: »Spanier sind sowieso merde .«
»Achte auf den Weg und halte Jennys Hufe aus den Erdlöchern. Ein Sturz, und du reitest auf einem Esel nach Hause.«
»Hi-haa«, schreit Christophe so laut, dass sich die bewaffneten Männer in ihren Sätteln umdrehen. »Französischer Esel«, erklärt er.
Französischer Idiot, sagt einer durchaus freundlich. Unter dunklen Bäumen reitend, singen sie gegen Ende ihrer Tagesreise. Das heitert die müden Herzen auf und vertreibt die Geister, die an den Rändern lauern. Unterschätze nie den Aberglauben eines durchschnittlichen Engländers. Zu Ende des Jahres sind die Variationen des Liedes, das der König persönlich geschrieben hat, besonders beliebt: »Kurzweil mit guter Gesellschaft / Liebe ich und werde es, bis ich sterbe.« Die Variationen sind nur leicht obszön, sonst würde er sich gezwungen fühlen einzugreifen.
Der Wirt ihrer Herberge ist ein gehetzter, dürrer Kerl, der vergeblich herauszufinden sucht, wen er da zu Gast hat. Seine Frau ist ein kräftiges, unzufriedenes junges Weib mit zornigen blauen Augen und einer lauten Stimme. Er hat seinen eigenen Reisekoch mitgebracht. »Was, Mylord?«, sagt sie. »Glauben Sie, wir würden Sie vergiften?« Er hört sie in der Küche herumpoltern, wo sie klarmacht, was mit ihren Töpfen und Pfannen zu geschehen hat und was nicht.
Sie kommt spät noch in seine Kammer und fragt: Wollen Sie noch etwas? Er sagt Nein, doch sie kommt wieder: Was, wirklich nichts? Sie könnten leiser sprechen, sagt er. So weit von London entfernt, kann da des Königs Helfer in Kirchendingen vielleicht etwas entspannter sein, was die Vorsicht betrifft? »Also bleib«, sagt er. Laut mag sie sein, aber sicherer als Lady Worcester.
Er wacht vor Tagesanbruch auf, so plötzlich, dass er erst nicht weiß, wo er ist. Unten hört er eine Frauenstimme und denkt einen Moment lang, er ist wieder im Pegasus, seine Schwester Kat poltert da unten herum, und es ist der Morgen seiner Flucht vor dem Vater: dass sein ganzes Leben noch vor ihm liegt. Vorsichtig, ohne Kerze, bewegt er in der dunklen Kammer seine Glieder: keine Prellungen, keine offenen Wunden. Da erinnert er sich, wo er ist und was er ist, und er rückt in die Wärme, die der Körper der Frau hinterlassen hat, döst und legt einen Arm um das Kissen.
Bald darauf hört er seine Wirtin auf der Treppe singen. Zwölf Jungfrauen sind an einem Maimorgen hinausgegangen, wie es scheint. Und keine von ihnen ist zurückgekommen. Sie hat das Geld mitgenommen, das er ihr hingelegt hat. Als sie ihn begrüßt, ist ihr von der nächtlichen Transaktion nichts anzumerken, doch sie kommt heraus und spricht zu ihm, die Stimme gesenkt, als sie sich zum Aufbruch bereitmachen. Christophe zahlt die Rechnung ihrer Gastgeberin mit
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