Farben der Herzen
erzählt”, sagte Jordan. “Was für eine wunderbare Antwort, findest du nicht? Ich bin mir ziemlich sicher, dass Margaret ihr zugehört hat.”
“Das hoffe ich”, murmelte Alix, doch sie wusste es nicht mit Bestimmtheit.
“Sie hat zugehört, weil Alix diesen Zorn und diesen Schmerz selbst erfahren hat. Ich weiß, dass sie es nicht gern hat, wenn ich darüber rede. Man muss schon ziemlich unglaublich sein, wenn man aus dem Leben, in das Alix hineingezwungen wurde, ausbrechen kann. Jeden Tag verblüfft sie mich aufs Neue.” Er streckte seinen Arm aus und drückte ihre Hand. “Nur jemand, der trotz unsagbaren Schmerzes gelernt hat zu vergeben, kann einem anderen Menschen, der noch immer leidet, helfen.”
Alix ergriff schnell seine Hand, drehte sich um und warf Jordan dann einen warnenden Blick zu, den er jedoch ignorierte.
“Das ist der Grund, warum Alix ein so großer Gewinn ist – für die Kirche und auch sonst”, fuhr Jordan fort. “Die Menschen haben keine Angst, sich ihr anzuvertrauen und mit ihr über alles zu reden. Mit dieser Gabe unterstützt sie meinen Dienst.” Sein Blick traf Alix’, und er lächelte. “Da ich sozusagen in der Kirche aufgewachsen bin, fällt es mir schwer, die Straßenkids zu erreichen. Sie glauben nicht, dass ich mich mit ihren Problemen identifizieren kann. Und sie haben recht – ich kann es nicht. Ich habe noch nie eine Nacht in einer verlassenen Seitenstraße verbringen müssen. Aber Alix hat das erlebt – und sie hat sich davon befreit. Sie hören ihr viel eher zu als mir.”
“Interessierst du dich für den seelsorgerischen Dienst auf der Straße?”, fragte seine Mutter und klang überrascht.
Jordan nickte vehement. “Mom, ich will nicht für den Rest meines Lebens offene Türen einrennen. Ein Arzt geht ja auch zu den kranken Menschen. Diese Kids brauchen Gottes Liebe. Aber
ich
kann ihnen nur davon erzählen und ihnen sagen, wie sie sich verhalten sollen – und das finden sie langweilig. Dann sehen sie Alix an und erkennen einen Menschen, der sein Leben verändert hat. Wem glaubst du, hören sie zu? Mir, der ein bequemes Leben geführt hat – oder Alix, die da war, wo sie jetzt sind?”
Susan blickte Alix tief in die Augen, und ihre Miene war undurchdringlich.
“Es sind aber nicht nur die Straßenkinder. Es sind
alle
Leute. Ich hätte mir keine Frau mit einem größeren Herzen aussuchen können. Sie kümmert sich um die Menschen, fühlt mit ihnen. Die erkennen das und lieben sie dafür.” Er hielt inne. “Ich merke, wie die Kids sich zu ihr hingezogen fühlen. Sie verurteilt sie nicht, sie hört ihnen mit Liebe und Verständnis zu und sagt ihnen, dass es einen anderen, einen besseren Weg für sie gibt.”
Wieder blickte Susan Alix an.
“Jordan, kannst du mir den Teller bringen?”, rief sein Vater, der am Grill stand. “Die Rippchen sind fertig.”
“Klar!” Jordan verschwand in der Küche.
Susan senkte den Kopf. “Ich bin so ein Idiot, Alix.”
“Warum?”, fragte sie. Nach Jordans kleiner Ansprache über Vergebung konnte sie Susan nicht böse sein. Was seine Mutter gesagt hatte, tat weh, und es würde sicher noch eine Zeit lang dauern, bis der Schmerz nachließ – aber die Beziehung zu Susan war für sie und Jordan zu wichtig, um sie durch Wut zu belasten. “Du liebst deinen Sohn und du wünschst dir die beste Frau für ihn. Daraus kann ich dir keinen Vorwurf machen.”
“Es ist nur … Oh, ich fühle mich so dumm. Jordan hat recht. Du wirst ihm eine wundervolle Ehefrau und auch eine wundervolle Pfarrersfrau sein.”
Sie zuckte die Schultern. “Ich will es versuchen.”
“Bitte”, flüsterte Susan, und ihre Stimme brach, als ihr Tränen in die Augen stiegen. “Verachte mich nicht.”
Alix ergriff Susans Hand. “Das tue ich nicht.”
“Ich habe dir mehr als einen Grund gegeben, mich nicht zu mögen. Und trotzdem warst du immer freundlich zu mir. Es tut mir so leid. Können wir das alles vergessen?”
“Geht es im Vaterunser nicht genau darum?”, erwiderte Alix. “Gott zu bitten: ‘Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern’?”
Unter Tränen lächelte Susan. “Seit achtunddreißig Jahren bin ich mit Larry verheiratet und bin seit dem Pfarrersfrau – und dennoch kann ich noch eine Menge von dir lernen.” Sie erhob sich und ging um den Tisch herum.
Alix kam ihr auf halbem Wege entgegen.
Die beiden Frauen schlossen sich in die Arme.
Dies war ein neuer Anfang – der Anfang, den Alix sich so
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