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Farben der Sehnsucht

Titel: Farben der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaugth
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ihrem Vermögen, ganz im Gegensatz zu dem von Frauen.«
    Paris äußerte ihre scharfsinnigen Bemerkungen so freimütig, daß Sloan kaum glauben konnte, daß dies immer noch die zurückhaltende junge Frau war, die sie wenige Tage zuvor kennengelernt hatte.
    »Und da ist noch eine Sache. Paul arbeitet im Versicherungsgeschäft, und Vater hat sich immer wieder über die hohen Versicherungskosten für seine Angestellten in der Bank beschwert. Aber als ich Paul einmal die Gelegenheit verschaffen wollte, mit Vater über die Policen seiner Versicherungsgesellschaft zu sprechen, hat er sie nicht genutzt.«
    »Vielleicht denkt er, es sei ein Zeichen von schlechten Manieren, seinem Gastgeber eine Versicherung andrehen zu wollen.«
    »Das wäre es doch aber nicht gewesen: Ich bin auf die Idee gekommen, nicht Paul.«
    »Vielleicht hätte es ihn in Verlegenheit gebracht.«
    »Ich glaube nicht, daß Paul so leicht in Verlegenheit gerät.«
    Sloan nahm sich heimlich vor, Paul bei nächster Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß er mehr über sich selbst erzählen und zumindest so tun mußte, als sei er am Verkauf seiner Versicherungen interessiert. Paris gegenüber versuchte sie soweit wie möglich bei der Wahrheit zu bleiben, als sie nun sagte: »Ich habe Männer noch nie begriffen und finde sie immer schwer zu durchschauen. Ich kann dir nur sagen, daß Paul ein anständiger und verläßlicher Mann ist, und manchmal kann er sogar galant sein.«
    Paris nickte zustimmend. »Das ist auch mein Eindruck.«
    Dann stand sie lächelnd auf und wandte sich dem bevorstehenden Tag zu. »Du solltest besser aufstehen und dich anziehen. Ich dachte, wir könnten uns etwas in der Stadt umsehen und einkaufen gehen. Paul will hierbleiben und sich einen faulen Tag machen.«
    »Hat Paul eigentlich einen Smoking für heute abend?« fragte Sloan, während sie die Decke aufschlug und ihre Beine aus dem Bett schwang.
    »Ich habe ihn auch schon danach gefragt, und er sagte, er habe sich einen von einem Freund geborgt.«
    Sloan duschte ausgiebig und zog sich dann rasch an. Sie wollte noch kurz ihre Mutter anrufen, bevor sie und Paris das Haus verließen. Da sie verschlafen hatte, würde sie Kimberly im Geschäft anrufen müssen, wo sie sicher wieder nicht offen sprechen konnte. Nachdem sie sich auf den Bettrand gesetzt und von ihrem Zimmertelefon aus die Nummer von Lydia Collins’ Laden gewählt hatte, wappnete Sloan sich insgeheim für ein Wortgefecht mit der Vorgesetzten ihrer Mutter: Lydia hatte den Führungsstil eines Gefängniswächters und tat bei jedem der seltenen Privatanrufe, die Kimberly erhielt, als sei dies ein ausreichender Grund, um ihre beste Angestellte zu entlassen.
    »Lydia«, sagte Sloan, als am anderen Ende der Leitung abgenommen wurde, »hier ist Sloan. Ich rufe aus Palm Beach an und...«
    Wie erwartet klang Lydias Stimme ziemlich verärgert. »Ihre Mutter ist gerade mit einer Kundin beschäftigt, Sloan.«
    Kimberly war immer mit Kundinnen beschäftigt, weil die meisten von ihnen sich lieber von ihr als von jeder anderen Verkäuferin beraten ließen und hierfür sogar Wartezeiten in Kauf nahmen. »Ich verstehe, aber ich müßte sie trotzdem ganz kurz sprechen.«
    »Aha. Warten Sie einen Moment!«
    Lydia knallte den Hörer so laut auf die Theke, daß Sloan am anderen Ende der Leitung das Gesicht verzog, aber als sie einen Moment später Kimberlys warme, aufgeregte Stimme hörte, mußte sie unwillkürlich lächeln.
    »Liebling, ich freue mich ja so, daß du anrufst. Wie geht es dir denn?«
    Sloan versicherte ihr, daß ihr Vater und ihre Urgroßmutter sie sehr gut behandelten und wirklich nett zu sein schienen. Erst dann kam sie auf Paris zu sprechen und merkte bald, daß ihre Mutter sehr still geworden war. Endlich schloß sie mit den Worten: »Du wirst sie sehr liebgewinnen, und sie dich auch. Sie will schon bald einmal nach Bell Harbor kommen.« Kimberly schwieg immer noch, als Sloan nichts mehr zu sagen hatte. »Mom, bist du noch da?«
    »Ja«, flüsterte ihre Mutter kaum hörbar.
    Erst jetzt bemerkte Sloan, daß Kimberly weinte, und das versetzte ihr einen schmerzhaften Stich. Es wurde ihr plötzlich bewußt, wie hart es für ihre Mutter gewesen sein mußte, all die Jahre so zu tun, als habe sie sich mit dem Verlust von Paris abgefunden. Nun brachte sie schon der Gedanke an ein Wiedersehen mit ihrer älteren Tochter zum Weinen. Sloan hatte ihre Mutter noch nie weinen sehen und war so tief gerührt darüber, daß ihr nun selbst die

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