Feentod
Blick. Ein Ausdruck, den sie noch nie bei ihm gesehen hatte. Anders als sonst lächelte er auch nicht. Und das verwirrte sie noch mehr. Auch die anderen wirkten irgendwie betreten. Noraya ärgerte sich, dass sie auch noch mit der Schattengeschichte angefangen hatte.
»Dann lasst uns jetzt mal eine erste Aufnahme machen«, schlug Staff schlieÃlich vor und alle machten sich bereit.
»Machen wir Schluss für heute.« Staff trat aus der Tonkabine wieder in den Aufnahmeraum.
Noraya war noch ganz beeindruckt von der neuen Erfahrung. Eingangs hatte sie sich ein bisschen schwer damit getan, die Musik nur über den Kopfhörer zu hören und dennoch parallel ins Mikro zu singen. Aber Staff hatte es geschafft, dass sie sich ganz auf die Musik einlassen und ihr Bestes geben konnte. Mit ruhiger Stimme hatte er Anweisungen gegeben, hier und da kleine Verbesserungsvorschläge eingestreut oder sie einfach nur mit einem begeisterten »Yeah!« angefeuert und die Zeit war wie im Flug vergangen.
»Wann machen wir weiter?«, wollte Chris wissen.
»Nächsten Montag wäre hier wieder frei.«
»Das geht klar, oder?« Vale schaute fragend in die Runde. Alle nickten.
Während sie ihre Sachen zusammenpackten, nahm Vale Noraya noch einmal zur Seite: »Ich ruf dich später mal an. Du musst mir mehr von diesem Stalker erzählen!«
Sie nickte, aber war gar nicht richtig bei der Sache. Staff war noch in der Tonkabine und sie wollte ihn unbedingt noch einmal alleine treffen, bevor sie nach Hause musste. Aber auch die anderen Jungs erwiesen sich auf einmal als anhänglicher als sonst. Gemeinsam begleiteten sie sie bis zur Studiotür.
»Wenn der Gestörte diese Woche wieder abartige Forderungen an dich stellt, dann sag mir sofort Bescheid. Ich werde ihn aufspüren und ScheiÃe fressen lassen!«, versicherte ihr Chris in seiner unnachahmlichen Art.
Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte Noraya über seinen Spruch sicher gelacht. Aber so klopfte sie ihm nur beruhigend auf die Schulter. Das fehlte ihr gerade noch, dass Chris sich da einmischte. Im Gegensatz zu ihm war Anton die ganze Zeit auffallend ruhig, fast nach denklich. Ihre Blicke streiften sich für einen Moment und irgendwie hatte Noraya den Eindruck, dass er etwas loswerden wollte. Doch dann verabschiedete er sich brüsk.
Staff trat zu ihnen. Er rasselte mit den Schlüsseln und gab damit das Signal zum Aufbruch. Nachdem die anderen gegangen waren, begleitete sie ihn zum Büro. Staff schloss die Studio-Schlüssel in einem Schubfach ein. »Im Studio sind teure Geräte. Allein die Mikrofone kosten ein Schweinegeld«, erklärte er. Dann endlich sah er Noraya in die Augen. »Ich hoffe, du hast gestern Abend keinen Ãrger bekommen.« Sanft streichelte er ihr über die Wange. Sie standen alleine im Flur des verlassenen Jugendzentrums. Die Kickerspieler waren gegangen und auch sonst schien nicht mehr viel los zu sein im JUZ.
Noraya stellte erleichtert fest, dass Staff anscheinend nichts von dem mitbekommen hatte, was sie vorhin ihrer Band anvertraut hatte. »War alles okay. Mein Vater hat sich gar nicht blicken lassen.«
»Hm«, meinte Staff und blickte gen Wanduhr. »Leider muss ich jetzt gleich los. Habe noch einen wichtigen Termin. Sehen wir uns diese Woche?« Er fasste Noraya um die Taille und zog sie zu sich heran. »Wie wäre es morgen Nachmittag? Wir könnten Faris einen Besuch abstatten und dann noch etwas unternehmen.«
»Gerne«, erwiderte Noraya und sog scharf die Luft ein. Staffs Berührung sorgte für Körperaufstände an den unmöglichsten Stellen. Und die beruhigten sich auch nicht, als er sie zum Abschied leidenschaftlich küsste.
Wenn Noraya auf einer Skala von eins bis zehn hätte angeben sollen, wie ihre Laune war, als sie vom Studio zurückgekehrt war, hätte sie schon wieder mindestens eine Acht angekreuzt. Das Gespräch mit den Bandkollegen, die Aufnahme und natürlich ihr Wiedersehen mit Staff hatten sie nicht nur aufgemuntert, sondern für einen Moment richtig glücklich gemacht. So konnte es gerne weitergehen! Fröhlich vor sich hin pfeifend schloss sie die Haustür auf.
»Du wirst schon sehen, wohin das führt!« Noraya zuckte zusammen. Die laute Stimme ihres Vaters holte sie brutal auf den Boden der Tatsachen zurück. Das hier war ja auch immer noch ein Teil ihres Lebens. Und
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