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Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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die Schindeln aus Baumrinde waren verzogen oder fehlten, und die Solarpaneele auf den Dächern flatterten locker im schwachen Wind. Sie waren unbewohnt, das konnte man mit einem Blick erkennen. Moose, Pilze und Büschel von grünem Gras hatten sich in den Ecken und Ritzen festgesetzt und gediehen prächtig.
    Mitten zwischen den baufälligen Blockhütten standen die neuen Häuser. Keines sah dem anderen ähnlich, und die architektonischen Baustile erstreckten sich mühelos über Jahrhunderte: ein wunderschönes Landhaus im Tudor-Stil hier, die Bruchsteinranch eines kalifornischen Rinderbarons dort, ein kreisrunder schwarzer Turm aus Granit, eine Pyramide aus Marmor und Spiegelglas, ein Zelthaus, das an eine Mischung aus Beduinenzelt und mittelalterlichem europäischen Pavillon erinnerte, komplett mit Wappen und Wimpeln, die an langen Stangen wehten.
    »Ich kriege Probleme mit meinen Prozessorblocks«, verkündete Ariadne. »Verschiedene Fehlfunktionen. Trägheitsleitsystem und Kommunikatorblock sind ganz ausgefallen.«
    »Sobald es unsere Waffen beeinträchtigt, ziehen wir uns zurück«, entschied Reza. »Laßt die Diagnoseprogramme weiter laufen.«
    Sie durchquerten die Felder und betraten den Rasen. Vor ihnen schob eine Frau in einem langen blauen Trachtenkleid einen hüfthohen schwarzen Wagen mit einem weißen Sonnenschirm und hohen, dünnen Rädern mit verchromten Drahtspeichen. Es war ein fast bizarrer Anblick, so unglaublich primitiv wirkte dieses Ding. Reza speicherte ein Bild in seiner neuralen Nanonik und startete ein Suchprogramm in der Enzyklopädie. Drei Sekunden später hatte er das Ergebnis; es war ein Kinderwagen, nordamerikanisch/europäischer Stil, Epoche circa 1910 bis 1950.
    Er ging zu der Frau, die leise vor sich hin summte. Sie besaß ein längliches Gesicht, das ungeschickt mit derartigen Massen von Make-up bemalt war, daß es beinahe wie eine Clownsmaske aussah. Sie hatte braune Haare, die zu einem strengen Dutt aufgesteckt waren und von einem Netz zusammengehalten wurden.
    Sie lächelte die vier Neuankömmlinge fröhlich an, als ob ihre Waffen und Ausrüstung und das aufgerüstete Erscheinungsbild überhaupt nicht vorhanden wären.
    Das törichte Lächeln war der Tropfen, der bei Reza das Faß zum Überlaufen brachte. Seine Nerven waren die ganze Zeit über bereits zum Zerreißen gespannt gewesen. Entweder sie war geistig zurückgeblieben, oder dieses ganze verdammte Dorf war eine einzige unglaublich linke Falle. Reza aktivierte seine Nahbereichssensoren und tastete sie sowohl im magnetischen als auch im elektromagnetischen Spektrum ab, dann speicherte er das Ergebnis als Konstante in einem automatischen Zielerfassungsprogramm. Eine einzige Veränderung (wie zum Beispiel die Aktivierung eines Implantats oder eine Transmission vermittels einer neuralen Nanonik), und sein Unterarm-Gewehr würde vollautomatisch fünf Schuß EI-Munition in sie jagen. Die restlichen Sensoren schaltete er in einen Zielerfassungs- und -verfolgungsmodus, der seiner neuralen Nanonik erlaubte, die übrigen Einwohner hinter ihr unter Kontrolle zu halten. Er mußte vier Reserveeinheiten aktivieren; mehrere Hauptsensoren hatten Fehlfunktionen erlitten. Die Auflösung lag weit unterhalb dem, was er gewohnt war.
    »Was zum Teufel geht hier vor?« fragte er ohne Umschweife.
    »Ich hab’ mein Baby wieder!« sagte sie in einem singenden Tonfall. »Ist es nicht wunderbar?«
    »Ich habe dir eine Frage gestellt, Frau, und du wirst jetzt augenblicklich antworten.«
    »Tun Sie bitte, was er sagt«, warf Kelly hastig ein. »Bitte!«
    Die Frau wandte sich zu ihr um. »Mach dir keine Sorgen, meine Liebe. Ihr könnt mich nicht verletzen. Nicht jetzt und auch nicht in Zukunft. Möchtest du mein Baby sehen? Ich dachte schon, ich hätte es für immer verloren. Ich habe so viel verloren damals. Es war schrecklich, all diese toten Babys. Die Hebammen versuchten mich daran zu hindern, daß ich zu ihnen gehe, aber ich bin trotzdem gegangen. Sie waren vollkommen, so wunderschön, meine kleinen Babys. Es war ein schlimmes Leben.« Sie beugte sich über den Kinderwagen und hob ein zappelndes Bündel heraus, das in weiße Windeln gehüllt war. Das Baby fing an zu gurren, als sie es in den Armen hielt.
    »Woher kommst du?« fragte Reza ungerührt. »Was weißt du über das Sequestrierungsprogramm?«
    »Ich habe mein Leben wieder. Ich habe mein Baby zurück. Das ist alles, was ich weiß.«
    Ariadne trat vor. »Ich werde versuchen, eine Probe von

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