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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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erklären?« Er musterte mich von Kopf bis Fuß. »Warum muß ich mich für dich entschuldigen? Du bist nicht verstümmelt, du hast keine Pockennarben, und lahm bist du auch nicht…«
    »Du weißt ganz genau, was ich meine«, sagte ich und gab ihm unter dem Tisch einen leichten Tritt.
    »Aye«, sagte er grinsend. »Doch nachdem, was Mr. Willoughby heute morgen angestellt hat und was noch so alles passiert ist,
hatte ich nicht viel Zeit, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Vielleicht sage ich einfach…«
    »Mein lieber Freund, Sie sind also verheiratet! Großartige Neuigkeiten! Einfach großartig! Meine herzlichsten Glückwünsche, und vielleicht darf ich hoffen - daß ich der erste bin, der Ihrer Gattin seine Glückwünsche ausspricht?«
    Ein kleiner, älterer Herr mit einer gepflegten Perücke, der sich schwer auf einen Stock mit Goldknauf lehnte, strahlte uns an. Es war derselbe Herr, der bei Mr. Wallace und dem Geistlichen am Tisch gesessen hatte.
    »Sie werden mir gewiß nachsehen, daß ich so unhöflich war, Johnson zu schicken, um Sie zu holen«, entschuldigte er sich. »Es ist nur, daß mein elendes Leiden meine Bewegungsfreiheit einengt, wie Sie sehen.«
    Jamie hatte sich beim Erscheinen des Mannes erhoben und zog nun höflich einen Stuhl für ihn heraus.
    »Setzen Sie sich zu uns, Sir Percival?« sagte er.
    »Aber nein, keinesfalls! Es würde mir nicht im Traum einfallen, Ihr junges Glück zu stören, mein Lieber. Wahrhaftig, ich hatte keine Ahnung…« Höflich protestierend sank er auf den angebotenen Stuhl und streckte stöhnend seinen Fuß unter dem Tisch aus.
    »Ich werde von der Gicht geplagt, meine Liebe«, vertraute er mir an und beugte sich so weit vor, daß ich über dem Wintergrünöl, mit dem er seine Wäsche parfümierte, seinen schlechten Altmänneratem roch.
    Jamie machte das Beste aus der Situation, bestellte Wein und hörte sich höflich Sir Percivals Redeschwall an.
    »Welch ein Glück, daß ich Sie hier getroffen habe, lieber Freund«, sagte der ältere Herr und kam endlich zur Sache. Er legte seine kleine, manikürte Hand auf Jamies Arm. »Ich muß Ihnen etwas Besonderes mitteilen. Ich habe sogar schon zur Druckerei geschickt, aber mein Bote hat Sie dort nicht angetroffen.«
    »Ach?« Jamie zog fragend die Brauen hoch.
    »Ja«, fuhr Sir Percival fort. »Sie erwähnten vor einiger Zeit, daß Sie beabsichtigen, geschäftlich in den Norden zu reisen. Der Anlaß ist, so glaube ich mich zu entsinnen, eine neue Druckerpresse oder dergleichen.« Sir Percival war trotz seiner Jahre ein gutaussehender Patrizier mit großen, treuherzigen blauen Augen.

    »Aye«, bestätigte Jamie höflich. »Ich wurde von Mr. McLeod aus Perth eingeladen, eine neuartige Presse zu besichtigen, die er kürzlich in Betrieb genommen hat.«
    »Fürwahr.« Sir Percival hielt inne, um eine Schnupftabakdose aus der Tasche zu holen, eine hübsche Emaillearbeit in Grün und Gold mit einem Cherubim auf dem Deckel.
    »Ich finde es wirklich nicht ratsam, um diese Zeit eine Reise in den Norden anzutreten«, sagte er, öffnete die Dose und konzentrierte sich auf deren Inhalt. »Wirklich nicht. Das Wetter ist recht unbeständig um diese Jahreszeit. Ich bin sicher, daß es Mrs. Malcolm nicht zusagen würde.« Huldvoll wie ein alternder Engel lächelte er mich an, nahm eine gehörige Prise und hielt sein Leinentaschentuch bereit.
    Jamie nippte gelassen an seinem Wein.
    »Ich danke Ihnen für Ihren Rat, Sir Percival«, sagte er. »Sie haben wohl von Ihren Agenten in letzter Zeit Nachricht von Stürmen im Norden erhalten?«
    Sir Percival nieste leise und unauffällig wie eine erkältete Maus und betupfte sich behutsam die Nase.
    »Fürwahr«, sagte er wieder, steckte das Taschentuch weg und zwinkerte Jamie wohlwollend zu. »Nun, als Freund, dem Ihr Wohl am Herzen liegt, rate ich Ihnen dringend, in Edinburgh zu bleiben. Schließlich…« - er lächelte mir zu - »haben Sie nun gewiß Veranlassung, sich daheim behaglich einzurichten, nicht wahr? Und damit, meine lieben jungen Leute, muß ich mich leider verabschieden. Ich darf Sie nicht länger bei Ihrem, wie ich vermute, Hochzeitsmahl stören.«
    Mit Johnsons Hilfe, der sich bereitgehalten hatte, stand Sir Percival auf und entfernte sich.
    »Er scheint ein netter alter Herr zu sein«, bemerkte ich, als ich ihn außer Hörweite glaubte.
    Jamie schnaubte verächtlich. »Faul wie ein wurmstichiges Brett«, meinte er. Er nahm sein Glas und leerte es. »Man möchte es nicht glauben«,

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