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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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warst…« fügte sie hinzu und hob fragend die Brauen. Als ich nichts erwiderte, fuhr sie fort: »Aber dann bekam ich Angst«, erklärte sie leise. Sie senkte die Lider, die von den langen Wimpern überschattet waren.
    »Ich habe dich bei seiner Hochzeit gesehen«, sagte sie und blickte in weite Ferne. »Als er und Laoghaire vor den Altar traten, hast du zwischen ihnen gestanden. Mir war klar, daß das bedeutete, du würdest ihn wieder mitnehmen.«

    Ich spürte, wie sich mir die Haare im Nacken aufstellten. Langsam schüttelte ich den Kopf. Bei dieser Erinnerung war sie blaß geworden. Sie setzte sich auf ein Faß.
    »Mir ist das Zweite Gesicht nicht in die Wiege gelegt worden. Nie zuvor hatte ich solche Ahnungen, und ich kann auch in Zukunft darauf verzichten. Dich dort zu sehen, so klar wie jetzt, hat mir so große Angst eingejagt, daß ich während des Eheversprechens hinausgehen mußte.« Sie schluckte und blickte mir in die Augen.
    »Ich weiß nicht, wer du bist«, sagte sie leise. »Nichts… weiß ich. Wir kennen deine Familie nicht, wissen nicht, wo du herkommst. Habe ich dich jemals danach gefragt? Jamie hatte sich für dich entschieden, das reichte. Aber dann bist du weggegangen. So viel Zeit war verstrichen… ich dachte, er hätte dich soweit vergessen, daß er wieder heiraten und glücklich werden könnte.«
    »Aber er wurde es nicht«, sagte ich und hoffte auf ihre Bestätigung.
    Sie nickte.
    »Nein«, gab sie zur Antwort. »Aber Jamie ist ein treuer Mann. Wie es auch zwischen den beiden gewesen sein mag, er hatte ihr Treue geschworen und würde sie nicht völlig verlassen. Es spielte keine Rolle, daß er die meiste Zeit in Edinburgh zubrachte. Ich wußte, er würde immer wieder zurückkehren - durch Laoghaire war er an die Highlands gebunden. Aber dann bist du zurückgekommen.«
    Ihre Hände ruhten in ihrem Schoß - ein seltener Anblick. Sie waren immer noch grazil, die Finger lang und geschickt. Nur die Knöchel waren rot und rissig von der jahrelangen Arbeit, und unter der weißen Haut traten die Adern bläulich hervor.
    »Weißt du, sagte sie mit gesenktem Blick, »daß ich mich in meinem ganzen Leben nie mehr als zehn Meilen von Lallybroch entfernt habe?«
    »Nein«, antwortete ich verdutzt. Bedächtig schüttelte sie den Kopf und blickte zu mir hoch.
    »Aber bei dir ist das anders«, meinte sie. »Ich nehme an, du bist viel herumgereist.« Forschend lag ihr Blick auf meinem Gesicht.
    »Ja, das bin ich.«
    Sie nickte erneut.

    »Du wirst wieder weggehen«, sagte sie fast flüsternd. »Ich weiß es. Du bist hier nicht verwurzelt, so wie Laoghaire oder ich. Er wird mitgehen. Und ich werde ihn nie wiedersehen.« Sie schloß die Augen, öffnete sie aber gleich wieder und blickte mich an.
    »Jetzt weißt du es«, sagte sie. »Ich dachte, wenn du die Sache mit Laoghaire erfahren würdest, würdest du sofort wieder weggehen - was du ja auch getan hast -, und Jamie würde hierbleiben. Aber du bist zurückgekommen.« Hilflos zuckte sie die Achseln. »Ich weiß, es ist nicht gut. Er gehört zu dir, im Guten wie im Bösen. Du bist seine Frau. Und wenn du wieder weggehst, wird er mit dir gehen.«
    Ratlos suchte ich nach tröstenden Worten. »Ich gehe nicht wieder weg. Ich möchte mit ihm hierbleiben - für immer.«
    Als ich die Hand auf ihren Arm legte, zuckte sie zusammen. Doch dann legte sie die ihre darüber. Sie war eiskalt.
    »Man ist verschiedener Meinung über das Zweite Gesicht, oder?« sagte sie nach einer Weile. »Manche meinen, das, was man sieht, sei das unabänderliche Schicksal. Andere hingegen sagen, es sei nur eine Warnung, man könne die Dinge ändern, wenn man achtgibt. Wie denkst du darüber?« Neugierig sah sie mich von der Seite an.
    Ich holte tief Luft, bis mir der Duft der Zwiebeln in der Nase brannte. Da hatte sie mich ja eiskalt erwischt!
    »Ich weiß nicht«, antwortete ich mit zitternder Stimme. »Natürlich habe ich immer gedacht, man kann die Dinge ändern, wenn man etwas darüber weiß. Aber jetzt… bin ich mir nicht sicher.« Meine Stimme verebbte: Ich dachte an Culloden.
    Jennys blaue Augen, die in dem Dämmerlicht fast schwarz wirkten, blickten mich an. Wieviel Jamie ihr wohl erzählt hatte - und wieviel wußte sie, ohne daß man ihr etwas berichtet hatte?
    »Aber man muß es dennoch versuchen«, sagte sie entschieden. »Man kann es doch nicht einfach hinnehmen, oder?«
    Obwohl ich mir nicht sicher war, ob sie das persönlich meinte, schüttelte ich den Kopf.
    »Nein«,

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