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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Anstrengung, sich verständlich zu machen, half ihm, seinen Schock zu überwinden.
    »Einer der Matrosen rief den Männern im Boot etwas auf französisch zu. Aber das bedeutet nichts. Seeleute kommen aus aller Herren Länder. Aber ich habe genug Schiffe im Hafen gesehen, um sagen zu können, daß es kein Handelsschiff war - und schon gar kein englisches«, fügte er hinzu. »Dabei weiß ich nicht einmal, weshalb ich dieser Meinung bin. Vielleicht wegen der Art und Weise, wie die Segel gerefft waren.«
    »Es war blau und trug um den Rumpf einen schwarzen Streifen«, sagte ich. »Das war alles, was ich habe sehen können, bevor die Kanonen losgingen.«
    Konnte man die Route eines Schiffes verfolgen? Der Gedanke ließ mich hoffen. Vielleicht war die Lage doch nicht so aussichtslos, wie ich zunächst gedacht hatte. Falls Ian nicht tot war und wir herausfinden konnten, in welche Richtung das Schiff segelte…
    »Hast du einen Namen gesehen?« fragte ich.
    »Einen Namen?« Jamie sah mich verdutzt an. »Wie? Auf dem Schiff?«
    »Tragen Schiffe nicht für gewöhnlich ihren Namen auf beiden Seiten?«
    »Nein, warum?« Er wirkte sichtlich verblüfft.
    »Damit man weiß, verdammt noch mal, um welches Schiff es sich handelt!« rief ich aus. Überrascht von meiner Heftigkeit, ließ sich Jamie zu einem Lächeln hinreißen.
    »Aye, ich verstehe, aber ich könnte mir vorstellen, daß sie gerade das nicht so gern möchten, wenn man bedenkt, was sie treiben«, sagte er trocken.
    Nachdenklich gingen wir eine Weile nebeneinander her. Dann fragte ich neugierig: »Aber wie geben sich normale Handelsschiffe dann zu erkennen?«
    Er warf mir einen skeptischen Blick zu.
    »Ich kann dich doch auch von anderen Frauen unterscheiden«, erklärte er, »obwohl du deinen Namen nicht auf dem Busen trägst.«

    »Willst du damit sagen, daß jedes Schiff anders aussieht und du sie voneinander unterscheiden kannst, weil es nicht so viele gibt?«
    »Nicht ich«, erklärte er aufrichtig. »Ich kann nur einige wenige voneinander unterscheiden, und zwar die, deren Kapitän ich kenne und auf denen ich war, um Geschäfte abzuschließen. Oder auch die Paketboote, die so häufig hin und her segeln, daß ich sie viele Dutzend Male im Hafen gesehen habe. Aber ein Matrose kennt sich um einiges besser aus.«
    »Dann läßt sich vielleicht der Name des Schiffes herausfinden, das Ian mitgenommen hat.«
    Er nickte und sah mich neugierig an. »Aye, wahrscheinlich. Auf unserem Weg habe ich versucht, mir jede Einzelheit des Schiffes ins Gedächtnis zurückzurufen, um sie Jared mitzuteilen. Er kennt eine Menge Schiffe und noch mehr Kapitäne - und womöglich kennt einer von ihnen einen breiten, blauen Dreimaster mit einem schwarzen Streifen, zwölf Kanonen und einer finster blickenden Galionsfigur.«
    Mein Herz hüpfte vor Freude. »Du hast also bereits einen Plan!«
    »Na ja, ich würde es nicht gerade einen Plan nennen«, gab er zurück. »Mir fällt nur einfach nichts anderes ein.« Er zuckte mit den Achseln und strich sich mit einer Hand über die Stirn. Winzige feuchte Tropfen hatten sich während des Gehens in unseren Haaren gesammelt. Sie glitzerten in Jamies buschigen Augenbrauen und bedeckten seine Wangen wie Tränen. Er seufzte.
    »In Inverness legt unser Schiff ab. Am besten machen wir uns umgehend auf den Weg, wie geplant. Jared erwartet uns in Le Havre. Dort kann er uns möglicherweise helfen, den Namen des Schiffes und sein Ziel herauszufinden. Aye«, sagte er, meine Frage vorwegnehmend, »Schiffe haben Heimathäfen, und wenn sie nicht zur Marine gehören, haben sie eine feste Route und auch Papiere für den Hafenmeister, die Auskunft über ihr Ziel geben.«
    Allmählich fühlte ich mich wieder besser.
    »Falls es sich nicht um Piraten oder Kaperschiffe handelt«, fügte er einschränkend hinzu und versetzte mir sofort wieder einen Dämpfer.
    »Und wenn es Piraten sind?«
    »Weiß der Kuckuck - dann bin ich mit meiner Weisheit am
Ende«, sagte er und verfiel wieder in Schweigen, bis wir bei den Pferden angekommen waren.
    Unbeeindruckt von den Geschehnissen grasten sie auf der Landzunge unweit des Kamins, wo wir Ians Pferd zurückgelassen hatten.
    »Tsss!« Jamie betrachtete sie mißbilligend. »Dumme Tiere!« er nahm das aufgerollte Seil und schlang es zweimal um einen hervorstehenden Stein. Er reichte es mir, wies mich kurz an, was ich zu tun hatte, und ließ das freie Ende in den Kamin. Dann legte er seinen Umhang ab und glitt wortlos an dem Seil

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