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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Lachen.
    »Nimm mich und fahr damit zur Hölle, soll das wohl heißen«, meinte er. Behutsam küßte er mich auf die Stirn. »Dich zu lieben hat mich mehr als einmal fast Kopf und Kragen gekostet, Sassenach. Falls nötig, riskiere ich es wieder.«
    »Bah«, gab ich zurück, »denkst du vielleicht, dich zu lieben ist so schön, als wäre man auf Rosen gebettet?«
    Jetzt brach er in schallendes Gelächter aus.
    »Nein«, sagte er, »aber willst du es weiterhin tun?«
    »Vielleicht.«
    »Du bist eine ganz schön sture Frau«, meinte er belustigt.
    »Gleich und gleich gesellt sich gern…«
    Es war bereits früher Morgen - vielleicht vier Uhr. Der Mond sank tiefer und lugte nur gelegentlich hinter den dahinjagenden Wolken hervor. Nachdem der Wind gedreht hatte, brachen in der Stunde zwischen Nacht und Dämmerung die Nebelschwaden auf. Von unten hörte man einen Seehund bellen.
    »Glaubst du, du kannst jetzt reiten?« fragte Jamie plötzlich. »Oder sollen wir das Tageslicht abwarten? Nach der Landzunge kommen die Pferde auch in der Dunkelheit gut voran.«
    Obwohl mein Körper vor Erschöpfung schmerzte und ich hungrig wie ein Wolf war, stand ich auf und strich mir das Haar aus dem Gesicht.
    »Auf geht’s«, sagte ich.

ACHTER TEIL
    Auf See

40
    Ich werde zum Meer hinuntergehen
    »Es kommt nur die Artemis in Frage.« Jared klappte sein tragbares Schreibpult zu und strich sich über die Stirn. Jamies Cousin war in den Fünzigern gewesen, als ich ihn kennengelernt hatte, und nun war er weit über siebzig, aber sein scharfgeschnittenes Gesicht mit der Stupsnase, seine drahtige Gestalt und sein unermüdlicher Arbeitseifer waren unverändert. Sein Alter zeigte sich nur an den schütteren, weißen Haaren, die von einem roten Seidenband gehalten wurden.
    »Die Brigg ist nur mittelgroß, die Besatzung besteht aus vierzig Mann«, bemerkte er. »Aber es ist spät im Jahr, und etwas Besseres bekommen wir wahrscheinlich nicht mehr - die Indienfahrer sind bestimmt schon vor einem Monat ausgelaufen. Die Artemis wäre im Geleitzug nach Jamaika gesegelt, wenn sie nicht zur Reparatur aufgelegt gewesen wäre.«
    »Lieber hätte ich ein Schiff von dir - und einen von deinen Kapitänen«, versicherte ihm Jamie. »Die Größe ist nicht wichtig.«
    Jared musterte ihn skeptisch. »Wirklich nicht? Draußen auf See wirst du vielleicht bemerken, daß es wichtiger ist, als du denkst. So spät im Jahr kommen oft Stürme auf, und eine Brigg tanzt dann auf dem Meer wie ein Korken. Darf ich fragen, wie du die Kanalüberquerung im Paketboot überstanden hast, Vetter?«
    Jamies Gesicht verdüsterte sich bei dieser Frage. Als Landratte neigte er nicht nur zur Seekrankheit, er wurde von ihr völlig außer Gefecht gesetzt. Von Inverness bis nach Le Havre war ihm speiübel gewesen, obwohl das Meer ziemlich ruhig gewesen war. Als er jetzt, sechs Stunden später, in Jareds Lagerhaus am Kai stand, war er immer noch blaß um die Nase.
    »Ich schaffe es«, erwiderte er knapp.

    Jared, der Jamies Leiden nur allzugut kannte, warf ihm einen zweifelnden Blick zu. Jamie wurde schon grün, wenn er ein Schiff betrat, das nur im Hafen lag. Die Aussicht, den Atlantik in einem kleinen, ständig schwankenden Schiff zu überqueren, konnte auch gefestigte Gemüter erschüttern, und auch ich freute mich nicht gerade darauf.
    »Tja, da kann man wohl nichts machen.« Jared sprach aus, was ich dachte. »Und wenigstens hast du eine Ärztin bei dir«, fügte er lächelnd hinzu. »Das heißt, ich vermute, du begleitest ihn, meine Liebe?«
    »Ja, natürlich«, versicherte ich ihm. »Wie lange wird es dauern, bis das Schiff bereit ist? Ich möchte noch eine gute Apotheke aufsuchen, um vor der Reise meinen Medizinkasten aufzufüllen.«
    Jared sah mich nachdenklich an. »Eine Woche, so Gott will«, sagte er. »Die Artemis liegt zur Zeit in Bilbao. Sie befördert gegerbte Felle aus Spanien und eine Ladung Kupfer aus Italien und wird sie hier abladen, sobald sie ankommt - bei gutem Wind voraussichtlich übermorgen. Ich habe noch keinen Kapitän für die Reise verpflichtet, aber ich weiß einen guten Mann. Möglicherweise muß ich nach Paris fahren, um ihn zu holen, und das bedeutet zwei Tage hin und zwei zurück. Rechnen wir noch einen Tag, um die Vorräte und die Wasserfässer aufzufüllen und noch dies und jenes zu besorgen, dann sollte sie morgen in einer Woche startklar sein.«
    »Wie lange segelt man nach Westindien?« fragte Jamie. In seiner Haltung zeigte sich seine Anspannung,

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