Feuer der Nacht
Rückspiegel, um es vorbeizulassen, bevor ich selbst aus der Parklücke fuhr. Es schlingerte zwischen den Fahrspuren hin und her, deshalb dachte ich, der Fahrer wäre betrunken. Dann hielt er – oder sie – neben mir an, den rechten Arm ausgestreckt: So.« Jaclyn machte es ihm vor. »Und dann hat er zweimal geschossen.«
Eric überließ sie eine Weile sich selbst, um ihr Auto zu überprüfen. Auf der Fahrerseite war das Fenster geborsten, das Auto innen mit winzigen Scherben des Sicherheitsglases übersät. Er erfuhr, dass keine Patronenhülsen sichergestellt worden waren, was allerdings nicht zwangsläufig bedeutete, dass es sich bei der Waffe um einen Revolver gehandelt hatte. Es konnte eine Automatikwaffe gewesen sein, die Hülsen lägen dann im Auto des Schützen. Mit etwas Glück würden sie ja im Polster des Autos die eine oder andere Kugel finden.
Obwohl der Jaguar fahrtauglich war, ließ er ihn konfiszieren, damit er auf Spuren untersucht werden konnte. Nichts von alledem passierte schnell. Die Ermittlungen bei einem Verbrechen verliefen – notgedrungen – immer mit extremer Sorgfalt und dauerten. Die Zeit verstrich – nach halb zwei, dann nach zwei. Es ging schon auf drei Uhr in der Früh zu, als es schließlich ruhiger wurde. Eric hatte ein Auge auf Jaclyn, denn ihr Gesicht wurde immer noch blasser.
Sie war nicht glücklich, ihr Auto hergeben zu müssen, stritt deshalb aber nicht herum. Jemand hatte auf sie geschossen; es lag in ihrem ureigensten Interesse, dass man herausfand, wer der Täter war. »Ich nehme mir einen Mietwagen, bis der meine repariert werden kann«, erklärte sie und ließ dann ein bitteres Lächeln sehen. »Zumindest hört Jacky dann auf, mich zu fragen, ob er sich meinen Wagen ausleihen kann.«
»Wer ist Jacky?«, fragte Eric, bevor er sich noch Einhalt gebieten konnte; er ärgerte sich über seine eifersüchtige Anwandlung. Jaclyn schaute ihn an, als könnte sie nicht nachvollziehen, weshalb er so eine dämliche Frage stellte.
Madelyn betrachtete ihn missbilligend. »Jaclyns Vater«, erklärte sie knapp; der abschließende Ton sagte ihm, dass sie weitere Fragen in dieser Richtung bestimmt nicht schätzen würde.
Hm. Auch gut. Das war zumindest eine Erklärung für Jaclyns Namen: eine Mischung aus Jack und Madelyn.
Madelyn wandte sich wieder ihrer Tochter zu, berührte sie sanft am Arm. »Ich erkundige mich mal, ob es okay ist, wenn du jetzt gehst. Du bist erschöpft.«
»Danke, Mom.«
»Ich fahre sie nach Hause«, erklärte Eric bestimmt.
»Danke, aber das ist nicht nötig«, erwiderte Jaclyn frostig. Sie kam zwar halbwegs klar mit der Situation, aber die Nacht war noch lang nicht zu Ende, und das Übermaß an Adrenalin zeigte noch seine Wirkung. Sobald die nachließ, würde sie platt am Boden liegen.
»Ich möchte Ihnen noch einige weitere Fragen stellen«, log er prompt. Nun, eine Lüge war dies eigentlich nicht, weil er sie ja wirklich noch einiges fragen wollte – Fragen, die er ihr bereits gestellt hatte, nur anders formuliert. Manchmal vermochte eine kleine Veränderung in einem Satz das Erinnerungsvermögen anzuregen. »Ich kann das auf dem Rückweg nach Hopewell tun oder Sie nach Hause begleiten, dann können wir uns dort unterhalten.«
»Gut«, sagte sie lustlos, »ich will das möglichst schnell hinter mich bringen.« Sie gab Madelyn einen Kuss auf die Wange. »Ich bin ja so froh, dass du da warst. Bis morgen in der Früh dann. Aber ich komme ein bisschen später, weil ich das mit dem Mietwagen noch regeln muss, doch dann bin ich zur Stelle.«
»Du solltest dir den Tag freinehmen«, sagte Madelyn, aber Jaclyn schüttelte sofort den Kopf.
»Nein, ich bin bei der Arbeit besser dran, da kann ich mich ablenken. Davon abgesehen wird es morgen wieder hektisch. Übrigens, du weißt doch, dass ich heute diese Hochzeitsprobe hatte? Du wirst es nicht glauben, ich muss dir noch alles davon erzählen.«
Eric, der ja auch dort gewesen war, stimmte ihr stillschweigend zu.
Madelyn presste die Lippen zusammen. »Du rufst mich an, sobald du zu Hause in Sicherheit bist.«
»Ja, klar.« Sie dankte den anderen für ihre Anwesenheit, dankte der Polizei von Atlanta und den Detectives, dankte den Zeugen und entschuldigte sich bei den Leuten aus der Nachbarschaft für die Störung. Eric, der die ersten Anzeichen ihres bevorstehenden Zusammenbruchs erkannte, legte ihr schließlich eine Hand an den Ellbogen, um sie zu seinem Auto zu geleiten. Sie stolperte leicht, und er musste
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