Feuer der Nacht
er sie zu einem Hotel für Langzeitgäste, wo sie eine Suite mit zwei Zimmern bekam: ein Wohnzimmer mit Küche plus ein extra Schlafzimmer. Zuhause war das natürlich nicht, aber so übel auch nicht. Als Vorsichtsmaßnahme checkte er sie sogar auf seine Kreditkarte und unter seinem Namen ein.
»Aber was ist mit meiner Arbeit?«, fragte sie, als sie mitten im Wohnzimmer stand und die Angst an ihr nagte. »Er wird doch auch wissen, wo ich arbeite. Mom und Peach und Diedra sind auch alle in Gefahr!«
»Heute ist Samstag«, erwiderte er. »Sie haben zu Ihrer Mutter gesagt, dass Arbeit besser für Sie ist, aber nicht, dass Sie ins Büro kommen, oder?«
Sie war so müde, dass sie kaum noch denken konnte, ließ sich die Frage aber durch den Kopf gehen: »Also ich wollte schon kurz vorbeischauen. Wir haben heute zwar keine Termine mit potentiellen Kunden, da unser Terminplan diese Woche ja eh schon so hektisch war, aber es stehen heute zwei Hochzeiten und eine Hochzeitsprobe auf dem Programm; ich habe also eigentlich gemeint, dass ich besser daran tue zu arbeiten.«
»Also an diesem Wochenende sind alle sicher. Wenn der Fall bis Montag nicht gelöst ist, sollten Sie sich allerdings ein paar Tage freinehmen.«
War es nicht Ironie des Schicksals, dass sie genau das Gleiche auch gedacht hatte, allerdings aus einem völlig anderen Grund? Irgendwie war die Idee, Urlaub zu machen, aber bei Weitem nicht so attraktiv, wenn sie nur dazu diente, dem Killer aus dem Weg zu gehen. Das nahm der Ruhe und Entspannung viel von ihrem Reiz, hatte etwas von Verstecken, von Untertauchen, was ja auch stimmte.
»Ist Ihrer Website zu entnehmen, welche Events Sie persönlich betreuen?« Sein Verstand arbeitete noch immer, er sorgte sich um alle Einzelheiten. Obwohl er sicher ebenso fix und fertig war wie sie. Um seine Augen lagen tiefe Ringe, sein Haar war zerzaust, und er musste sich rasieren. Doch selbst jetzt, wenn seine Füße ohne Socken in Joggingschuhen stecken, er zerknitterte Hosen und ein enges T-Shirt trug, an dem sich jeder Muskel seines Oberkörpers abzeichnete, war er so maskulin und sexy, dass ihr die Knie weich wurden. Mit einem Gefühl des Bedauerns wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie vielleicht nie mehr jemanden kennenlernen würde, auf den sie körperlich so abfuhr wie auf Eric, und das schmerzte sie so, dass sie sich auf ihre Worte konzentrieren musste, als sie antwortete: »Nein, wir geben keinerlei derartige Informationen bekannt. Einige, das heißt, sogar viele unserer Klienten stellen die Info ins Facebook, aber man müsste zuerst einmal ihre Namen wissen und dann auch noch in die Liste mit ihren Freunden reinkommen – das scheint mir nicht praktikabel.«
»Da haben Sie recht«, stimmte er ihr zu. »Aber irgendwie hat er Sie heute gefunden, und wenn wir herauskriegen, wie das möglich war, dann ist dies das Bindeglied, das ihn verrät.«
Der Tag brach schon so bald an, dass beide kaum mehr als ein paar Stunden Schlaf abbekommen würden; Eric sogar noch weniger, denn er musste ja noch nach Hause fahren. Sobald er gegangen war, schloss Jaclyn die Tür ab und legte die Kette vor, zog sich dann aus und fiel ins Bett, nachdem sie sich kaum noch die Zeit genommen hatte, ihr Kostüm aufzuhängen. Sie dachte aber noch daran, den Wecker ihres Handys zu stellen. Und dann rollte sie sich zwischen den kühlen Laken zusammen und weinte, weil sie dachte, wenn sie jetzt sterben müsste, dann mit dem letzten Gedanken an Eric – und dass sich ihr keine Gelegenheit mehr bieten würde, ihm zu sagen, dass sie ihn liebte.
22
Der Wecker schrillte um halb acht los. Jaclyn streckte unter der Decke einen Arm aus und fingerte nach dem Handy, um den Lärm abzustellen. Das Telefon in der Hand machte ihr bewusst, dass sie gestern Abend ihre Mutter nicht mehr angerufen hatte. Rasch tippte sie Madelyns Nummer ein, wobei sie die Augen zusammenkniff, um die Zahlen auf der Tastatur besser erkennen zu können.
»Was ist los?«, grüßte Madelyn.
»Ich bin in einem Hotel«, erklärte Jaclyn und gähnte. »Der Detective meinte, es wäre sicherer für mich, wenn keiner weiß, wo ich bin, also habe ich ein paar Sachen in einen Koffer gepackt, und dann hat er mich hergebracht. Ich konnte erst gegen halb fünf einchecken. Sobald er weg war, bin ich ins Bett gefallen.«
»Sicherer?« Typisch Madelyn, dass sie sofort das traumatischste Wort aufgriff.
»Vor der Person, die auf mich geschossen hat.« Jaclyn setzte sich im Bett auf und rieb sich die
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