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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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froh über meine Fäustlinge, als ich am Ende der Bresche die Aste beiseitebog und den Boden inspizierte. Ein kleines Stück vom vorderen Kotflügel entdeckte ich, noch schimmernd im Gegensatz zu den anderen stumpfen oder verrosteten Metallstücken rundum. Es war vermutlich bedeutungslos, aber ich steckte es dennoch in die Tasche meines Parkas.
    Über mir kroch der Verkehr dahin. Es war Rushhour, und alle strebten aus der Stadt zu ihren ordentlichen Vorstadthäuschen. Und aßen und tranken dabei - was ich wusste, weil ständig leere Dosen und Packungen von oben angeflogen kamen. Ich wurde um ein Haar von einer leeren Bierflasche getroffen, als ich mich daran machte, den Bereich links der Reifenspuren in Augenschein zu nehmen.
    Ich hob jedes Stück Papier auf, in der Hoffnung, dass dieses Dokument, dem die Bysens nachjagten, vielleicht herausgefallen war, als das Auto zerpflückt wurde. Dabei versuchte ich, mir mitzuteilen, dass das eine sinnlose Verzweiflungstat war, aber es fruchtete nichts. In erster Linie fand ich Werbeflyer für Orient-Brücken für fünf Dollar, Handlesen für zehn - woraus sich wohl schließen ließ, dass unsere Zukunft uns wichtiger ist als das Bedecken unserer Fußböden -, aber auch Rechnungen, Briefe, sogar Kontoauszüge. Seit einer Stunde war ich schon an der Arbeit, als ich auf die beiden Bücher stieß, die ich im Kofferraum von Billys Wagen gesehen hatte - Oscar Romeros The Violence ofLove und das Werk, das Tante Jacqui angeblich zur Magersucht getrieben hatte, Rieh Christians in the Age of Hunger. Ich steckte beide ein. Das würde wohl meine ganze Ausbeute sein. Frustriert blickte ich auf das Areal, das ich abgesucht hatte. Inzwischen war es stockfinster, und die Scheinwerfer meines Wagens schienen schwächer zu werden. An der Stelle, an der die Bücher gelegen hatten, war noch ein Papierfetzen. Ich hob ihn auf, steckte ihn zu den Reichen Christen und stieg steifbeinig in meinen Wagen. Ich wendete, um nach Norden zurückzufahren, inspizierte aber noch meine Fundstücke, während der Motor warmlief. Gespannt blätterte ich Billys Bücher durch, in der Hoffnung, dass irgendein geheimnisvolles Dokument herausfallen würde, sein Testament beispielsweise, in dem er seine sämtlichen Fonds der Mount-Ara-rat-Kirche vermachte, oder ein Statement für die Geschäftsleitung von By-Smart. Doch ich stieß lediglich auf Randbemerkungen in Billys runder Schuljungenschrift im Buch des Erzbischofs Romero. Ich versuchte, sie im Halbdunkel zu entziffern, aber was ich lesen konnte, erschien mir nicht vielversprechend.
    Auf dem Papier, das neben den Büchern gelegen hatte, konnte ich etwas erkennen, das aussah wie eine Kinderzeichnung: eine unbeholfene Darstellung von einem Frosch mit einer großen schwarzen Warze auf dem Rücken, der auf einer Art Pfropfen hockte. Ich hätte es beinahe aus dem Fenster geworfen, aber hier schmiss jeder seine Abfälle hin -ich konnte wenigstens so anständig sein und es bei mir zu Hause ins Altpapier stecken. Der Wagen war nun endlich warm, ich zog meine Fäustlinge aus, mit denen ich schlecht lenken konnte, und fuhr gen Norden. Ich wollte bei Mary Ann vorbeischauen und ihr die Lebensmittel bringen; außerdem wollte ich mit ihr über Julia und April sprechen und sie fragen, ob sie vielleicht eine Idee hatte, wo Josie sich versteckte. Es war halb acht. Der Verkehr über mir floss zügig dahin, aber die Straßen hier unten waren verlassen - wer hier durchfahren musste, war schon lange zu Hause. Ich befand mich nicht weit entfernt vom Haus der Czernins, konnte es aber nicht sehen. Das Herz tat mir weh, wenn ich an April dachte, die mit ihrem Bären im Bett lag, deren Vater ermordet worden war, deren eigenes Herz fremde und unheimliche Dinge anstellte in ihrer Brust.
    Meine Mutter starb, als ich nur ein Jahr älter war als April jetzt, und es war ein entsetzlicher Verlust für mich, der mich immer noch auf vielerlei Ebenen verfolgt, aber wenigstens hatte man Gabriella nicht umgebracht; sie war nicht in einer Grube geendet, neben einem fremden Liebhaber. Und der Mann, der zurückblieb, hatte sie abgöttisch geliebt und liebte auch mich, seine Tochter, abgöttisch - ich hatte es viel leichter gehabt als April, die mit ihrer chronisch zornigen Mutter leben musste. Ich nahm mir vor, Aprils Lehrer zu fragen, ob man ihren Leistungen irgendwie auf die Sprünge helfen könnte, damit sie eine Chance bekam zu studieren - und ob es vielleicht eine Möglichkeit gab, ihr ein Studium zu

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