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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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ich mich in einem großen Raum wieder, in dem etliche Frauen mit Kaffeekannen und Limonadekrügen beschäftigt waren. Unbeaufsichtigt krabbelten Babys am Boden und nuckelten an Keksen oder Plastikspielzeug.
    »Wo ist Billy?«, fragte ich eine der Frauen, sah dann aber etwas Rotes hinter einer Tür am anderen Ende des Raums verschwinden.
    Ich sprintete los. Als ich durch die Tür stürzte, sah ich noch, wie Billy in einen nachtblauen Miata stieg und mit Vollgas losraste, die Houston Street entlang, Richtung Süden.

22
    Mahlstrom der Armut
    » Billy hat hier übernachtet.« Das war eine Feststellung von mir, keine Frage. Josie Dorrado saß mit ihrer Schwester Julia und dem Baby, Maria Ines, auf der Couch. Der Fernseher lief. Als ich hereinkam, hatte ich den Ton abgestellt, aber Julia schien sich ausnahmsweise mehr für das Drama in ihrer Familie als für das Geschehen auf dem Bildschirm zu interessieren.
    Josie nagte nervös an ihrer Lippe und biss ein Fetzchen Haut ab. »Er war nicht hier. Ma erlaubt nicht, dass hier Jungs schlafen.«
    Von der Kirche aus war ich direkt zur Wohnung der Dorrados gefahren und hatte dort im Wagen gewartet, bis Rose mit den beiden Jungen nach Hause kam. Dann stieg ich aus und folgte ihr.
    »Sie«, sagte Rose dumpf, als sie mich sah. »Ich hätte es mir denken können. Welcher Teufel hat mich geritten, als ich Josie gesagt habe, sie soll Sie zu uns bringen? Seit diesem Tag habe ich nur noch Pech, Pech, Pech.«
    Es ist immer praktisch, wenn man seine Probleme auf einen Außenseiter abwälzen kann. »Ja, Rose, dass die Fabrik zerstört wurde, ist ein schrecklicher Schlag für Sie. Ich wünschte, Sie oder Frank Zamar hätten mir offen gesagt, was dort vorging. Wissen Sie, wer für den Brand verantwortlich ist?«
    »Was kümmert Sie das? Krieg ich meinen Job zurück, oder wird Frank wieder lebendig, wenn Sie das erfahren?«
    Ich nahm die Seifenschale aus meiner Umhängetasche. Ich hatte sie in eine durchsichtige Plastiktüte gesteckt und fragte Rose nun, ob ihr das Ding bekannt vorkomme.
    Ohne es eingehend zu betrachten, schüttelte sie den Kopf. »Lag es nicht in der Angestelltentoilette bei Fly the Flag?« »Was? So ein Ding? Wir hatten einen Seifenspender an der Wand.«
    Ich wandte mich zu Josie, die zur Tür gekommen war und über die Schulter ihrer Mutter auf den Frosch blickte. »Kennst du das, Josie?«
    Sie schaute nervös zurück ins Wohnzimmer, wo Julia noch auf der Couch saß. »Nein, Coach.«
    Einer der kleinen Jungen hopste auf und ab. »Weißt du nicht mehr, Josie, die haben wir in dem Laden gesehen und... «
    »Sei still, Betto, unterbrich nicht, wenn die Trainerin mit mir spricht. Wir haben die mal gesehen - die gab's bei By-Smart, letztes Jahr vor Weihnachten.« »Hast du eine gekauft?«, fragte ich, erstaunt über ihre Nervosität. »Nein, Coach, hab ich nicht.«
    »Aber Julia«, rief Betto, »Julia hat so was gekauft, sie wollte es...«
    »Sie hat es für Sancia gekauft«, warf Josie schnell ein. »Sie war viel mit Sancia zusammen, bevor Maria Ines auf die Welt gekommen ist.«
    »Stimmt das?«, fragte ich den Jungen.
    Er zog eine Schulter hoch. »Weiß nich. Kann schon sein.«
    »Betto?« Ich ging in die Hocke, auf Augenhöhe mit ihm. »Du dachtest, Julia hat diese Schale für jemand anderen gekauft, nicht wahr?« »Weiß nich mehr«, antwortete er mit gesenktem Kopf.
    »Lassen Sie ihn zufrieden«, sagte Rose. »Sie haben Frank Zamar keine Ruhe gelassen, und dann ist er im Feuer verbrannt. Wollen Sie jetzt auch noch meine Kinder ins Unheil ziehen?«
    Sie packte Betto an der Hand und zerrte ihn in die Wohnung. Der andere Junge folgte ihnen und warf mir beim Weggehen einen verängstigten Blick zu. Prima. Jetzt war ich für sie die Feuerhexe, die sie verkokeln würde, wenn sie mit mir redeten. Ich schob Josie in die Wohnung. »Wir beide müssen reden.«
    Sie setzte sich auf die Couch, neben das Baby und ihre Schwester. Julia hatte eindeutig aufmerksam zugehört; sie saß aufrecht da und blickte Josie angespannt an.
    Im Esszimmer nebenan sah ich die beiden Jungen unter dem Tisch sitzen und leise vor sich hin weinen. Rose war verschwunden, ins Schlafzimmer oder in die Küche. Mir fiel ein, dass diese Couch eigentlich ihr Bett sein musste. Bei meinem ersten Besuch hatte ich die beiden Betten von Josie und Julia gesehen und die Luftmatratzen der Jungen im Esszimmer. Für Rose gab es keinen anderen Platz zum Schlafen als diese Couch. »Wo hat Billy also geschlafen?«, fragte ich.

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