Feuersee
wieder
ging ein Quentchen Magie verloren. Es brauchten sich nur zwei
voneinander zu
lösen, und binnen kurzem würde der einzige
Riß sich erweitern, verästeln und
das gesamte Muster zerstören. So hatte das Ende von Haplos
erster Reise durch
das Todestor ausgesehen.
Während er auf dem Weg zur Brücke von den
unberechenbaren Schlingerbewegungen des Schiffes von einer Seite zur
anderen
geworfen wurde, fiel ihm auf, daß ein rötlichgelber
Lichtschein die Dunkelheit
ringsum erhellte. Es wurde sehr heiß. Die Runen auf seiner
Haut umhüllten ihn
mit einem blauen Schimmer, als die ihm innewohnende Magie auf die
Bedrohung
reagierte.
War es möglich, daß das Schiff brannte?
Lächerlich. Er hatte das Schiff durch die Sonnen
Pryans gesegelt, wie sollte Feuer ihm etwas anhaben können?
Doch es blieb die
Tatsache, daß das flackernde Leuchten stärker wurde
und die Temperatur weiter
stieg. Haplo beschleunigte seinen Schritt, obwohl er Mühe
hatte, das
Gleichgewicht zu bewahren, und sich mit den ausgestreckten Armen
abstützen
mußte. Als er die Brücke erreicht hatte und durch
die Luke getreten war, blieb
der Patryn entgeistert stehen, von Staunen und Entsetzen
gelähmt.
Sein Schiff segelte mit unglaublicher
Geschwindigkeit einen Lavafluß hinunter.
Ein breiter Strom tiefroter Glut, geädert mit
feurigem Gelb, wogte und brandete um das Schiff. Über ihm
wölbte sich
Dunkelheit, fast greifbare Schwärze durch den Kontrast der
dämonischen,
wabernden Helligkeit. Er befand sich in einer gigantischen
Höhle. Riesige
Pfeiler aus schwarzem Stein erhoben sich aus Lavastrudeln und
stützten eine
Decke aus gewachsenem Fels. Stalaktiten griffen nach ihm wie
unzählige,
knochige, gierige Finger; auf ihrer polierten Oberfläche
spiegelte sich der
Flammentanz des Höllenflusses, der unter ihnen
dahinströmte.
Das Schiff lavierte schlingernd. Felsnadeln
ragten aus den glosenden Fluten wie schwarze Zähne aus einem
roten Schlund.
Haplo begriff, wie es zu den Kollisionen vorhin gekommen war.
Er schüttelte die Erstarrung ab, trat vor und
legte die Hände um den Kompaßstein, instinktiv und
ohne den Blick von dem
grauenerregenden, faszinierenden Inferno abwenden zu können,
in das er
hineinsegelte.
»Barmherziger Sartan!« flüsterte
eine Stimme
hinter ihm. »Was ist das für ein Ort?«
Haplo würdigte Alfred eines flüchtigen
Blicks.
»Ein Werk deines Volkes«, sagte er.
»Hund, paß
auf ihn auf!«
Dem Auftrag seines Herrn gehorchend, hatte der
Hund Alfred vor sich her zur Brücke getrieben und, wenn er
sich sträubte, nach
seinen Fersen geschnappt. Auch als es sich hechelnd auf den Boden
fallen ließ,
fixierte das Tier den Sartan weiterhin mit seinen klugen Augen. Alfred
tat
einen Schritt nach vorn. Der Hund knurrte, der Schwanz klopfte warnend
auf die
Planken.
Ich habe nichts gegen dich persönlich, schien er
sagen zu wollen, aber Befehl ist Befehl.
Alfred schluckte mühsam und lehnte sich ermattet
gegen das Schott. »Wo – wo sind wir?«
fragte er nochmals.
»Abarrach.«
»Die Welt aus Stein. War das dein Ziel?«
»Selbstverständlich! Was glaubst du?
Daß ich so
unfähig bin wie du?«
Alfred sagte nichts und betrachtete stumm das
grauenerregende Panorama. »Dann hast du also vor, alle vier
Reiche zu
besuchen?« meinte er schließlich.
Haplo sah keinen Grund, weshalb er ihm antworten
sollte, deshalb schwieg er und konzentrierte sich darauf, das Schiff zu
steuern. Es war eine Aufgabe, die in der Tat seine ungeteilte
Konzentration
erforderte. Immer wieder tauchten unerwartet Klippen oder
Felsblöcke vor ihm
auf. Er dachte daran, das Schiff in die Luft zu erheben, doch
entschloß er sich
dagegen. Es war nicht auszumachen, wie groß der Abstand bis
zur Höhlendecke
war. Der Rumpf konnte Zusammenstöße besser
verkraften als der zerbrechliche
Mast und das Drachenhaupt.
Die Hitze war nahezu unerträglich, trotz der
schützenden Runen auf der Außenhaut des Schiffs.
Haplo bewegte sich in der
blauen, kühlenden Aura seiner Tätowierungen. Alfred
summte leise vor sich hin,
zeichnete mit den langen, schmalen Händen Symbole in die Luft
und wiegte sich
im Rhythmus der Sartanmagie hin und her. Der Hund hatte am meisten
unter der
Hitze zu leiden. Seine Flanken hoben und senkten sich rasch, er
hechelte laut,
ohne jedoch den Blick von Alfred zu wenden.
»Dann bist du auch auf der zweiten Welt gewesen,
nehme ich an«, fuhr der Sartan
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