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Feuertochter: Roman (German Edition)

Feuertochter: Roman (German Edition)

Titel: Feuertochter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ihm ins Gesicht. Bevor er zurückschlagen konnte, hielt sie ihren Dolch in der Hand und richtete die Spitze auf ihn.
    »Wenn du jemanden bestehlen willst, dann such dir einen anderen aus!«, fauchte sie.
    Ihre Worte wirkten wie ein Signal. Eine ältere Frau, die eben Gemüse erstanden hatte, griff in ihren Korb und stieß dann einen erschrockenen Ruf aus.
    »Mein Beutel ist weg! Der Mann dort hat mich eben angerempelt. Dabei muss er ihn mir gestohlen haben.«
    Der Kerl wollte davonrennen, doch Ciara stellte ihm geistesgegenwärtig ein Bein. Bevor er aufstehen konnte, hatten mehrere Männer und Frauen ihn gepackt und griffen in seine Taschen.
    »Da ist mein Beutel!«, rief die bestohlene Frau überglücklich.
    Auch andere Passanten behaupteten, dass die Beutel, die man noch bei dem Dieb fand, ihnen gehörten. Dabei stritten sich zwei Männer um eine elegante Lederbörse, erweckten aber den Eindruck, als wollten sie sich nur bereichern.
    Ciara überlegte kurz, ob sie nicht selbst Anspruch auf die Börse erheben sollte. Doch da eilte bereits ein Mann mit zwei Bütteln im Gefolge die Straße heran und rief, er sei hier bestohlen worden. Gleichzeitig beschrieb er den Beutel, um den die beiden anderen sich stritten. Diese sahen sich plötzlich im Kreuzfeuer der Blicke und wurden sichtlich kleinlaut. Einem gelang es noch, in der Menge zu verschwinden, während der andere mit dem Beutel in der Hand dastand und von dem Gentleman als Dieb beschimpft wurde.
    »Ich habe ihn nicht gestohlen, das war der da«, rief der Bursche und zeigte auf den Mann, den Ciara entlarvt hatte.
    »Er sagte, es wäre sein Beutel, und wäre wahrscheinlich längst damit verschwunden, wenn nicht der andere Kerl ihn ebenfalls für sich verlangt hätte«, klärte Ciara den Edelmann auf.
    Ihre Hoffnung, dieser wäre großzügig und würde ihr eine Belohnung zukommen lassen, erfüllte sich jedoch nicht. Der Mann steckte seinen Beutel ein und überließ es den Bütteln, sich um die beiden Schurken zu kümmern.
    Ciara sah ihm nach, als er fortging, und trat dann zu der ebenfalls bestohlenen Frau. »Kann ich Euch helfen und Euren Korb tragen?«
    »Verschwinde aber nicht damit!«, warnte diese.
    Diese Antwort hätte Ciara beinahe dazu gebracht, den Korb stehen zu lassen. Da sie aber auf eine kleine Belohnung hoffte, nahm sie ihn auf und trug ihn der Frau hinterher.
    Zufrieden, weil sie die Sachen nicht selbst schleppen musste, kaufte diese noch ein, bis der Korb überquoll und Ciara ihn kaum mehr tragen konnte. Danach ging es fast eine halbe Meile weit bis zu dem Haus der Frau. Diese öffnete die Tür und wies auf den Flur.
    »Du kannst den Korb hierherstellen. Ich danke dir fürs Tragen und auch dafür, dass du mich vor dem Dieb gewarnt hast.«
    Ciara setzte den Korb ab und glaubte, die Frau würde ihre Dankbarkeit auch anders als mit Worten ausdrücken. Doch die nahm nur einen verschrumpelten Apfel aus dem Korb, drückte ihr diesen in die Hand und schloss ihr die Tür vor der Nase. Mit der traurigen Erkenntnis, dass sie in dieser Stadt nicht auf redliche Weise zu Geld kommen würde, wandte Ciara sich ab und kehrte in die Gasse zurück, in der Mauds primitive Heimstatt lag.

2.
    E twa zur selben Zeit, in der Ciara den Korb abstellte, musterte Maud die leere Schnapsflasche mit düsterem Blick und überlegte, wie sie an Geld kommen konnte, um sich Nachschub zu verschaffen. Die Geschäfte waren in letzter Zeit schlechter gelaufen als sonst. Außerdem forderte der Wirt der Schifferkneipe immer mehr Geld von ihr, damit sie in seinem Lokal die Matrosen ansprechen durfte.
    »Wenn Ciara nicht so störrisch wär«, murmelte sie, als es an die primitive Tür klopfte.
    In der Hoffnung, es könnte ein Mann sein, dem an der schnellen Befriedigung seiner Lust gelegen war, strich Maud ihr Haar und ihr Kleid glatt und sagte: »Herein!«
    Mit einem breiten Grinsen trat der Trödelhändler in die Hütte und reichte ihr eine volle Flasche Gin. »Die ist für dich, Maudie!«
    Maud zog sofort den Stöpsel heraus und setzte die Flasche an. Das scharfe Zeug brannte in Kehle und Magen, doch sie genoss die wohlige Wärme, die sich in ihr ausbreitete, und atmete innerlich auf.
    »Seid ’n guter Mensch, Master Tim«, lobte sie ihn. »Sollt auch auf Eure Kosten kommen!«
    Mit diesen Worten wollte sie die Röcke schürzen, um ihm den Geschlechtsverkehr zu ermöglichen. Doch Tim winkte ab. »Ist gut von dir gemeint, Maudie, aber heute steht mir der Sinn nicht nach dir, sondern nach der

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