Finne dich selbst!
all das ermöglichte. Er fuhr Autos, LKW s, Traktoren und Straßenbaumaschinen und über 30 Jahre lang Taxi. Lachend sagt Pauli: »Ein großer Chauffeur! Er fährt alles. Alle Fahrzeuge. Alle Maschinen.« Nachdem es in seiner Jugend lange nicht für ein eigenes Instrument gereicht hatte, steckte er nun alles Geld, das er verdiente, in immer neue Instrumente. Es sprach sich herum, dass Tauno interessiert war. Wenn Familien ein Akkordeon erbten und niemand spielte, dann fuhr man zu Tauno und fragte:»Willst du es?« Und Tauno konnte gar nicht anders, als zu antworten: »Ja, ja. Doch, doch!« Heute hat er auch die Instrumente berühmter Interpreten in seiner Sammlung, Instrumente aus vielen Nationen.
Mitstreiter Pauli ist in Russland geboren, in Karelien, und gehört zu den Finnen, die nach den Gebietsabtretungen an Russland umsiedeln mussten. Nach dem Krieg kam er nach Sysmä.
»Und dein Deutsch?«, frage ich. »Du sprichst super.«
»Habe ich hier in der Schule gelernt.«
»Und nach der Schule?«
Pauli ist Journalist geworden, seit einigen Jahren ist er Rentner. »Jetzt helfe ich Tauno im Museum.« Die Mundharmonika ist seine Leidenschaft. Natürlich besitzt er selbst etliche Instrumente. »Es gibt gute Musikanten, die vom Papier spielen können. Ich spiele nur aus Kopf. Ich verstehe keine Noten.«
»Ich kann ganz gut pfeifen«, sagt Hermann. »Brauch ich auch keine Noten für.«
Für uns wird es Zeit zu gehen. Wir schütteln beiden die Hand. Während wir uns noch von Tauno verabschieden, greift Pauli plötzlich in die Tasche, zieht die Mundharmonika heraus und beginnt zu spielen. Kennt irgendjemand auf der Welt dieses Lied nicht? Wir gehen zur Tür. In diesem Moment setzt auch Tauno mit dem Akkordeon ein, und plötzlich, im Hinausgehen, beginnt meine Mutter ganz leise mit dem Text: »Vor der Kaserne, vor dem großen Tor, steht eine Laterne und steht sie noch davor …« Und ich schlucke und bin ganz gerührt und weiß gar nicht warum und will das eigentlich auch nicht sein, denn ich war doch »nur« mit meinen Eltern in einem Akkordeonmuseum in Finnland …
Meiner Rührung setze ich Technik entgegen. Wir halten auf der Rückfahrt in Niemi, einem von drei Häfen Lahtis, vor einem frisch renovierten Flachbau. Auch dies war ein Kultur-Tipp von Axel.
Suomen Moottoripyörämuseo
steht an der Wand. Hier eröffnete vor kurzem Finnlands erstes und einziges Motorradmuseum.
Ilse mag Motorräder, ist aber leider ohne eigenen Führerschein. Als ich vor Jahrzehnten meinen Führerschein machte und mich nur für Klasse 3 angemeldet hatte, sagte sie: »Du bis verrückt. Mien Lirve lang woll ick Motorrad führn. Un getz moackest du den Schien nich.«
»Mein Geld reicht nicht.«
»Das kriegen wir schon hin!«
Das hieß: Ich geb dir was dazu. Großartige Mutter! Als ich den »Lappen« hatte, lieh ich mir oft Motorräder von anderen. Irgendwann stand dann meine erste eigene Enduro auf dem Hof.
»Und wän siene is datt getz?«, fragte Ilse.
»Das ist meine.«
Sie sagte nichts. Ilse war Sportschützin. Als sie am Abend zum Training wollte, fragte sie: »Führst du mie hän?«
»Nur mit dem Motorrad.«
»Over ick sette kein Helm up! Ick bin bien Friseur wäsen!«
Nun gingen wir durch ein nagelneues Museum, vollgestellt mit wunderschönen Motorrädern. Verschiedene Harley-Davidsons bilden eine eigene Abteilung, genau wie mehrere Exemplare der legendären Indian. Yamahas, Hondas, Kawasakis. Eine MZ ES 125 von 1963 aus der DDR . Straßenmaschinen und Enduros. Motorräder mit Ski-Kufen. Die Ausstellung ist ein einziger Wettbewerb um das schönste Schutzblech. Allein das unterschiedliche Rückspiegel-Design! Englische BSA s. Motocross-Maschinen. Und hier zeigt sich, dass eine hellblaue deutsche Zündapp KS 50 Sport Combinette von 1961 an Schönheit durchaus mit mancher amerikanischen Harley mithalten kann. Alle Fahrzeuge sind aufs feinste restauriert, alle fahrbereit.
Das Prinzip des Museums ist es, jährlich etwa 70 Prozent des Bestands auszutauschen. Die meisten Maschinen gehören Privatpersonen, die den Museumsmachern mit großer Freude ihre Lieblinge leihen, um sie dem zahlreichen Publikum zu präsentieren. Etwa 400 Sammler zählen zu diesem Pool, fast 100 Motorräder sind aktuell zu sehen. Das Museum wurde schon im ersten Sommer ein echter Publikumsmagnet, zumal es einige absolute Raritäten ausstellt: eine japanische Rikuo, in Lizenz der Harley-Davidson-Werke gebaut im Jahr 1935 . Historische
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