Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
über jede Gelegenheit glücklich, sich als Falkner verkleiden zu können«, sagte Zachar warmherzig. »Und ich glaube nicht, dass Eure Mutter je schöner war. Vielleicht kann heute auch ein Seelenrufer seine eigenen Geister zur Ruhe bringen?«
»Das ist einer der Gründe, warum ich mit der Hochzeit warten wollte. Ich wollte erst diesen Jahrestag hinter mich bringen. Ich dachte, das macht einen Neubeginn leichter.«
»Mein Herr!« Crevan, Zachars rechte Hand, unterbrach Tris und Zachar. Der dünne Mann mit dem spärlichen Haar war so nervös wie ein Spatz, als er auf sie zukam. »Ich bin froh, dass ich nicht zu spät bin. Ich wollte Euren Einzug in die Banketthalle nicht verpassen.«
Crevan war einer der wenigen am Hofe, die in Isencroft geboren waren. Tris glaubte aber zu wissen, dass er den größten Teil seines Lebens in Margolan gelebt hatte. Crevan war Carroway bei den Hochzeitsvorbereitungen äußerst behilflich gewesen, was die Speisen, die Gebräuche und die Kunst Isencrofts anging – auch wenn er selbst so aussah, als ob er eher die Kerzen im Büro des Schatzmeisters niederbrennen ließ, wenn er die Kontenbücher führte, als dass er in Theater und Musik aufging. Tris hatte Crevan nie in der Gesellschaft von Menschen gesehen, die nichts mit seinem Beruf zu tun hatten.
»Ich kann mir nur vorstellen, wie wichtig Euch diese Feier ist, Eure Majestät. Es ist mir eine Ehre, sicherzustellen, dass jedes Detail so ist, wie es sein sollte.«
»Es ist so weit«, sagte Zachar. Er stellte sich an den Kopf der Treppe. »Heil Euch, Heil Euch! Euer König, Martris von Margolan, ist nun unter Euch. Lasst das Festmahl beginnen!«
Ich wünschte, Jonmarc wäre immer noch hier , dachte Tris. Er ist in der Regel gut genug bewaffnet, um einen Staatsstreich allein abzuwehren .
Die Menge murmelte und teilte sich, als Tris und seine Freunde hin zu dem Tisch am Kopfende der Halle gingen, wo auch der Thron stand. Carroway ging vorher zur Seite, um seinen Platz bei den Schaustellern und Musikanten einzunehmen. Als sich alle an den Banketttisch setzten, brachten die Diener die Tabletts mit den dampfenden Speisen herein.
Der Duft von gebratenem Wild, Fleischpasteten, Fasanen und Lamm füllte die Halle. Frisch gebackenes Brot, kandierte Früchte und schwere Rumpuddings warteten auf den Seitentischen, während Mundschenke den Wein einschenkten und die Krüge mit dem Bier herumreichten. Die Schlossgespenster, die nie deutlicher zu sehen waren als in den Nächten von Spuken, geisterten durch die Gäste hindurch.
Tris nippte an seinem Wein und sah über die Menge. Wie anders war es noch vor einem Jahr gewesen! Die älteren, etablierteren Herren, die Bricen jahrzehntelang treu gewesen waren, waren letztes Jahr durch ihre Abwesenheit aufgefallen und waren durch jüngere, aufbrausende Neuadlige ersetzt worden, die Jareds Reden von einem glorreichen Imperium mochten. Jetzt waren diese Adligen verschwunden – sie waren nach dem Zusammenbruch von Jareds Herrschaft geflohen, hatten sich versteckt, waren im Exil, gefangen, als Verräter abgeurteilt oder – gar in der Schlacht gestorben. Die älteren Lords waren wieder fast alle zurückgekehrt.
Lord Alton war zusammen mit seiner Familie aus Loyalität mit Bricen gestorben, Lord Montbanes fehlgeschlagene Rebellion hatte ihn an den Galgen gebracht. Lord und Lady Theiroth waren für ihr Komplott, Jared zu vergiften, gehängt worden.
»Heil König Martris, dem Sohn des Bricen!«, schrie jemand über die Tische hinweg. »Heil dem König von Margolan!«
Der Schrei begann sich durch die Festhalle fortzupflanzen, bis der Stimmenchor unter den Dachsparren widerhallte. Tris hob eine Hand, um die Rufe zu dämpfen und stand auf.
»Ich danke Euch«, sagte er. »Heute Abend feiern wir das Fest der Dahingeschiedenen. Ich widme diesen Abend der Erinnerung an König Bricen und an Königin Sarae, meine Schwester Kait und an alle lieben Menschen, die wir verloren haben.« Er hob seinen Kelch und alle um ihn herum folgten seinem Beispiel. »Auf die Erinnerung, und dass ihre Geister in Frieden leben.«
»Aye.«
Der erste Gang war bereits aufgetragen und der Duft der Speisen hellte Tris’ düstere Stimmung etwas auf. Barden sangen eine bezaubernde Ballade, die an die tote königliche Familie erinnern sollte. Auch wenn die Melodie das Publikum tief beeindruckte, blieben Tris’ Augen trocken. Vielleicht kann ich nicht mehr um sie weinen , dachte er. Als Nächstes kam eines von Saraes Lieblingsliedern an
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