Firkin 04 - Hundstage
der alle neun Jahre einmal stattfand, die Tore des murrhanischen Reiches weit aufgestoßen, und man gestattete allen Kommenden Zutritt zur heiligen Reinigungstinktur. Hätten Mancini und Knapp den Versuch gemacht, an einem beliebigen anderen Tag Eintritt zu verlangen, hätte eine Meute der am Tor aufgereihten Zweieinhalb-Zentner-Wächter sie mit gezücktem Katana pudelnackt gefilzt, ihnen alles von Wert abgenommen und sie bis zum nächsten Sahmbal-Uklek-Tag, an dem es ihnen erlaubt gewesen wäre, ihr Begehr zu äußern, die Stadt betreten zu wollen, in den murrhanischen Knast geworfen.
Erst als auch der allerletzte Wächter keine Regung und sich völlig uninteressiert an Mancinis und Knapps Eintreten zeigte, stieß die Molluske in der Salzwasser-Halbliterflasche einen erleichterten Seufzer aus. Sie war erleichtert, daß es ihr gelungen war, das Datum korrekt zu berechnen, da Mancini nicht die geringste Ahnung hatte, wie gefährlich es gewesen wäre, an einem normalen Tag durch das Tor zu gehen.
Im Inneren der Stadt wimmelte es von Straßenhändlern, die zum Sahmbal-Uklek-Tag den üblichen Kram verhökerten: obskure Fleischwürfel am Spieß in Pfeffersoße, waffeldünn gegrillte Krabben und Schalen nudelartiger Aale, die in Jalapeno-Pürree schwammen; wäßrige Suppen, die dem Anschein nach gänzlich aus Schwefelsäure mit einem Spritzer Zitrone bestanden … Es gab endlose Methoden für die zahllosen Anhänger, um ihre blasphemischen Mäuler in den beißenden Flammen Sahmbal Ukleks zu reinigen, Myriaden Methoden, um ihre Meineide zu tilgen und wahre Erleuchtung zu erlangen. Wenn nicht, konnten sie sich auch einfach nur mit Gallonen Bier und würziger Nahrung vollstopfen.
Mancini mischte sich vorsichtig durch die ansteigenden Straßen und wich sorgfältig den scharfen, pfeffrigen Dampfwolken aus, die von den Straßenständen herüberwehten. Knapp schaute sich in äußerster Baffheit um, erstaunt über den Lärm und die Gerüche. Die Massen drängten sich von allen Seiten heran, prallten aufeinander, als sie von Bude zu Bude eilten, schrien und sich mit scharfen Fladen vollstopften. Sie strebten alle in die gleiche Richtung. Eine Flut von Leibern strömte aus allen Richtungen des Kompasses einem einzigen Brennpunkt entgegen, dem Zentrum der Sahmbal-Uklek-Tag-Feierlichkeiten. Zur öffentlichen Auswahl des Opfers.
Plötzlich explodierte die Luft in einem Hagel schriller Schreie, Feuerwerkskörper und wirbelnder Katanas. Die Menge wich zurück, und acht säbelschwingende, in grüne und rote Bambusrüstungen gekleidete kaiserliche Hofschläger bahnten sich an der Spitze des kaiserlichen Opfergefolges eine Gasse und gingen im Stechschritt auf das Zentrum des Platzes der Hundert Jahre Alten Eier zu. Marschsäulen Palastbediensteter strömten auf den Platz und schrien Parolen der heiligen Verweigerung. Eine riesige Phalanx von geschmückten weißen Rhinozerossen rumpelte hinterher, ihre Hörner leuchteten in zeremonieller Mordlust. Und schließlich kam die Kaiserin selbst in einer strahlend goldenen Sänfte, die von Palastberserkern auf den Schultern getragen wurde. Als sie um die Ecke bog und von allen erblickt wurde, brach großes Jubeln aus, dem fast sofort eine Woge des Entsetzens und das plötzliche hektische Erweitern der improvisierten Gasse folgte – und zwar so weit, wie nur möglich.
Mancini strengte sich an, um zu sehen, was da vor sich ging. Er reckte den Hals über das Köpfemeer hinweg, und sein Adrenalinspiegel stieg an. Plötzlich ertönte ein schriller Schrei, und eine Gestalt wurde im Regenbogensprühen von Schlyrfi-Suppe mit Nudeln aus der Schlange gerissen und verschwand augenblicklich unter einer Woge gescheckten Grauens. Die kaiserliche Opferungsgruppe schritt weiter, als sei dies ein völlig normales Ereignis. Sie ignorierte die Schreie des frischen Imbisses am scheinbar endlosen Buffet der Verdammnisse.
Der Voraustrupp der kaiserlichen Hofschläger hielt vor einem erhöhten Podest in der Mitte des Platzes an, teilte sich, bildete einen Korridor und führte eine einzelne Gestalt zu einem oben angebrachten Bambusgerüst, die sich zu zwei weiteren bebenden Gestalten gesellte.
Die Menge explodierte in Wogen des Gesangs und schrie Namen. Kaiserin Tau sprang von ihrer Sänfte und lief das Podest zum Opfertopf hinauf. Ihre Beine waren in einer wimmelnden Masse rotäugiger Verdammnisse begraben. Als sie oben angekommen war, riß sie ihr Katana aus der Schulterscheide und verlangte Ruhe. Die bekam sie
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