Flammen der Rache
nicht, Hobart?«, fragte King ins Telefon, während er Zoes reglose Gestalt im Krankenbett anstarrte. Die an ihren Körper angeschlossenen Geräte piepten und summten.
»Aber … wie sollen wir denn …?« Hobart brach ab. Er war intelligent genug, um die Todesdrohung aus der Stimme seines Erschaffers herauszuhören, trotzdem jammerte er weiter. »Sie haben selbst gesehen, wozu diese Leute imstande sind! Es wären nur Melanie und ich! Wir benötigen Verstärkung, wenn wir einen Angriff auf …«
»Ich kann euch keine Verstärkung schicken«, schnitt King ihm das Wort ab. Er warf einen Blick auf die Daten, die Zoes Maschinen ausspuckten. Ihr Körper heilte, aber sie hatte sich noch eine weitere Doppeldosis Melimitrex gegönnt, um es zum Treffpunkt zu schaffen. Zoes Neigung, sich selbst zu verhätscheln, sollte ihn mittlerweile eigentlich nicht mehr überraschen, trotzdem konnte er es nicht fassen. Es war ein Wunder, dass sie nicht an einer Überdosis verendet war. Allerdings könnte sie einen Gehirnschaden davongetragen haben. Das würde sich erst mit der Zeit zeigen. Das Trauma hatte seinen Tribut gefordert. Sie hatte beträchtlich an Gewicht verloren, ihr Gesicht war ausgemergelt und eingefallen. Gebrochene Kapillaren verunstalteten ihre Augenlider, und die Venen an ihren Schläfen wölbten sich nach außen wie bläulich verfärbte Schlangen.
Hobart faselte immer weiter. King zwang sich hinzuhören. Er musste dieses ermüdende Gespräch beenden.
»… wenn man die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel bedenkt! Wir brauchen wenigstens acht bis zehn Agenten, um einen erfolgreichen Angriff auf …«
»Wer hat denn etwas von einem Angriff gesagt?«
Hobart konnte ihm nicht folgen. Unglaublich, dass dieses Exemplar die Auslese lebend überstanden hatte. King fragte sich, nach welchen Kriterien er vorgegangen war, als er entschieden hatte, Hobart nicht auszumustern. Ganz offensichtlich hatte er kreativem Denken keine große Priorität eingeräumt. Hobart musste irgendeine andere Fähigkeit besitzen, die dieses Manko wettmachte, aber welche das sein könnte, ließ sich momentan nicht erkennen. Vorsichtshalber würde King seine Spezifikationen überprüfen, bevor er ihn eliminierte. Ein gründlicher Hausputz war hier vonnöten.
»Bisher haben wir sie frontal attackiert«, erklärte er, als spräche er zu einem Kind. »Die Resultate waren nicht gut. Sie haben, ob einzeln oder zusammen, jeden unserer direkten Angriffe niedergeschlagen. Was sagt uns das?«
»Dass eine Aufstockung von …«
»Nein«, unterbrach King ihn scharf. »Keine Direktangriffe mehr. Sie bekommen Rückendeckung von den McClouds, von Tamara Steele und von Val Janos, um nur ein paar zu nennen. Hast du Recherchen über diese Leute angestellt? Kennst du ihre Hintergründe? Hast du eine Ahnung, wozu sie fähig sind?«
»Äh, ja … aber Melanie und ich …«
»Womöglich habt ihr beide nicht richtig aufgepasst. Wir können es uns nicht leisten, eine Armee auszusenden. Wir sind exponiert, unsere Ressourcen überstrapaziert. Wir müssen sie kontrollieren. Es ist unverkennbar, dass Ranieri sein Herz an Parr verloren hat. Er würde inzwischen alles tun, um sie zu schützen. Sieh dir das an.«
King betätigte die Tastatur und wählte eine Teilsequenz des Videos aus, dass die Satellitenkamera aufgezeichnet hatte.
Es zeigte Bruno Ranieri, der Lily Parr am Handgelenk über den Rand einer Klippe zog. Er brachte sie auf einem Felsvorsprung in Sicherheit. Dort nahm er ihr Gesicht zwischen die Hände. Sie sprachen miteinander, dann küsste er sie mit großer Leidenschaft. Sie schlang ihm die Arme um den Hals.
»Nun, Hobart?«, fragte King. »Ziehst du daraus irgendwelche Schlüsse?«
»Aber …«
»Du und Melanie, ihr knöpft euch Parr vor. Über sie bringen wir Ranieri in unsere Gewalt.«
»Aber Parr befindet sich in der Festung dieser Tamara Steele«, winselte Hobart. »Deren Sicherheitssystem ist auf dem allerneuesten Stand der Technik. Wie sollen wir denn …?«
»Du fährst mit Melanie nach Cray’s Cove, und dort schlagt ihr euer Lager auf«, sagte King. »Brachiale Gewalt ist nicht nötig. Wir werden intelligent und mit Tücke zu Werke gehen. Ihr zwei werdet die Ohren spitzen, beobachten und eure Kreativität sowie unkonventionelle Denkweise benutzen, die euch seit frühester Kindheit eingeimpft wurden. Dann werden wir sehen, ob diese Saat endlich einmal Früchte trägt, hmm? Ich für meinen Teil bin sehr gespannt.«
»Ja, Sir«, murmelte Hobart
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