Flammen der Rache
Aussage machen. Einverstanden?«
Sie lächelte ihn unsicher an. »Einverstanden.«
»Warte.« Bruno durchstöberte den Müll, der in der Gasse verstreut lag. Endlich fand er die demolierten Überreste seines Smartphones und pulte die Speicherkarte heraus.
»He«, protestierte sie. »Was tust du da? Dieses Ding ist …«
»Nur die Speicherkarte.« Er schob sie in seine Tasche. »Sie gehört mir, und ich will sie behalten.«
Er plante, sein Leben so schnell wie möglich wieder in für seine Verhältnisse normale Bahnen zu lenken. Auf keinen Fall würde er seine Zeit damit verplempern, noch mal alle seine Kontakte zusammenzusammeln und den Leuten eine neue Handynummer zu schicken. Das kam nicht infrage.
Mit den Füßen stocherte er weiter im Müll herum. Da war Lilys Computertasche. Er hob sie auf. Neben dem Container lag ein roter Schuh. Der andere klemmte zwischen den Müllsäcken neben einer der Leichen. Er schnappte sich beide, kniete sich vor Lily und legte ihre blutbesudelte Hand auf seine Schulter. Anschließend hob er erst ihren einen Fuß, dann den anderen an, um die Pumps über ihre eiskalten Füße zu streifen.
»Das ist absurdes Schuhwerk für eine Frau auf der Flucht«, bemerkte er. »Du kannst darin nicht schnell laufen. Mein Auto parkt oben an der …«
»Nein. Nicht dein Auto.«
»Was?« Er fühlte sich angegriffen. »Was soll das heißen: nicht mein Auto?«
»Nicht dein Auto, nicht deine Wohnung, keiner deiner Arbeitsplätze, keins deiner Telefone, keiner deiner Computer. Du kannst davon ausgehen, dass alles verwanzt ist.«
»Hmm.« Bruno war ratlos. »Aber wie sollen wir dann …?«
»Wir müssen einfach kreativ sein.« Lily nahm seine Hand und zog ihn tiefer in die Gasse.
Er ließ es sich gefallen. »Wohin gehen wir?«
»Ich weiß es nicht, aber wenn wir uns in den Seitenstraßen halten, ist es unwahrscheinlicher, dass sie uns entdecken, wenn sie zurückkommen, um nach uns zu suchen. Kannst du ein Auto kurzschließen?«
Bruno blieb wie angewurzelt stehen. »Scheiße, nein!«, knurrte er. »Solchen Mist mache ich nicht! Hast du mir nicht zugehört?«
»Du bist derjenige, der unaufmerksam ist. Ich habe dir doch von der tödlichen Gefahr erzählt, die sich uns unaufhaltsam nähert, während wir hier plaudern.«
»Alle Achtung, Lily. Ich verstehe, warum du dir mit deiner sonnigen Einstellung und deinem korrekten Sinn für Bürgerpflicht so viele Freunde machst.«
Ihre Augen blitzten vor Wut. »Bürgerpflicht? Es stört mich nun mal, wenn mein Vater ermordet wird und Gangster mit Messern über mich herfallen, um mich zu töten! Es ist schwer, unter diesen Umständen positiv zu denken! Also rutsch mir doch den Buckel runter!« Sie hob einen Stein vom Rand einer Grasfläche auf und hob ihn über den Kopf. »Der hier sieht gut aus«, sagte sie und hielt auf einen alten Kombi zu. »Ich mag Volvos. Sie vermitteln mir ein Gefühl von Sicherheit.«
Bruno packte sie an den Schultern. »Was zum Teufel hast du vor?«
»Ich beschaffe mir ein Fluchtfahrzeug!«, rief sie und wollte zu dem Wagen stürmen. »Sieh nur her!«
»Nein!« Er riss ihr den Stein aus den Händen. »Lass uns das Ganze überdenken.«
Lily verzog das Gesicht. »Dafür bleibt keine Zeit. Mir gehen die Ideen aus. Ich weiß mir keinen Rat mehr. Sie werden gewinnen, Bruno. Ich bin so gut wie tot.«
Sie war mit den Nerven am Ende. Verdammt. Er zog sie in seine Arme. Zappelnd versuchte sie, sich aus der Umarmung zu befreien. »Lass mich los!«
Er tat es nicht. »Wir werden keine Autos stehlen«, sagte er. »Das wäre dumm und unhöflich, und vermutlich hat es eine Alarmanlage. Außerdem werden die Cops sowieso schon bald nach uns suchen.«
Sie schniefte. »Was schlägst du dann vor?«
»Was ist gegen meinen Wagen einzuwenden?«, fragte er. »Er ist schnittig und schnell und bequem. Und ich habe einen Schlüssel. Nicht zu vergessen die legale Berechtigung, ihn zu benutzen.«
»Dein Auto bedeutet unseren Tod«, erwiderte sie. »Einen plötzlichen und unausweichlichen Tod.«
»Herrgott, du bist echt krass. Wie wäre es dann mit einem Taxi?«
»Sie werden es herausfinden. Es wird einen Nachweis darüber geben, wohin wir gefahren sind. Sie werden jeden beobachten, den du kennst. Deine Freunde, deine Familie, jeden.«
»Sie? Wer zum Henker sind ›sie‹?«
Ihre Lippen bebten. »Ich weiß es nicht. Ich hatte inständig gehofft, dass du mir einen Hinweis geben könntest, aber das scheint nicht der Fall. Ich habe ihre
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