Flammen der Rache
sie stand kurz vorm Kollaps. Wild mit den Armen fuchtelnd hielt sie ihn auf Distanz und versuchte, auf ihren nutzlosen Schuhen das Gleichgewicht zu halten. Sie schwankte wie eine Pinie im Wind.
»Beruhige dich«, sagte er wieder und wieder mit flehender Stimme. »Bitte, beruhige dich doch. Hier bist du in Sicherheit.«
Er sah besorgt aus, verängstigt und absolut hinreißend. Lily versuchte zu atmen. In Sicherheit, von wegen. Sie lachte so heftig, bis sie weinte. Am Ende schloss er sie doch in die Arme, und sie war zu erschöpft, um Widerstand zu leisten.
»Ich kann nicht an einem Ort wie diesem bleiben«, wimmerte sie. »Ich würde durchdrehen.«
Bruno betrachtete die ehrfurchtgebietende, atemberaubende Natur, die sie umgab. Flora, Fauna, Felsen, Firmament.
»Wieso denn?«, fragte er. »Was gibt es an einem Ort auszusetzen, der natürlich, sauber und sicher ist?«
»Ich habe nur deshalb überlebt, weil ich in Bewegung geblieben bin!«, rief sie. »Ich bin wie ein Haifisch, der nicht aufhören kann zu schwimmen, weil er sonst sterben muss! Ich kann nicht hier herumsitzen und die Aussicht genießen, während ich darauf warte, dass sie kommen und mich totschlagen!«
»Das werden sie nicht.« Brunos Stimme war dunkel und beschwichtigend. »Ich werde das nicht zulassen. Niemand weiß von dieser Hütte. Niemand hat uns auf dem Weg hierher gesehen. Meine Freunde werden uns hier abholen. Ich habe einen Plan. Wir können etwas essen, duschen, ein Nickerchen machen. Klingt ein Nickerchen denn so schlecht?«
»Ich habe keine Zeit für ein verdammtes Nickerchen!«, brüllte sie.
»Vorhin im Auto hattest du es aber dringend nötig«, erinnerte er sie mit leisem Triumph. »Und du könntest noch eins vertragen, während jemand mit einer geladenen Waffe neben deinem Bett Wache hält. Wie lange hast du dich schon nicht mehr ausgeruht?«
Sie starrte ihn an. »Eine geladene Waffe? Ist das dein Ernst? Willst du damit sagen, dass du eine Pistole an deinem Körper trägst?«
Bruno riss der Geduldsfaden. »Selbstverständlich. Aaro sei Dank sogar mehr als eine.«
»Und du weißt auch, wie man sie gebraucht?«
Seine Brust, an die er sie presste, vibrierte vor Lachen. »Entspann dich, Lily.«
»Träum weiter! Geladene Waffen tragen nicht gerade zu meiner Entspannung bei.«
»Es ist ganz schön schwer, es dir recht zu machen. Ich weiß nicht, ob du bei deinen Recherchen darauf gestoßen bist, aber ich gelte als überdurchschnittlich intelligent. Ich weiß, wie man Probleme löst, und ich kann mit einer Waffe umgehen. Also beruhige dich.«
»Aber wenn ich nicht irgendetwas tue, verliere ich den Verstand!«
»Dann werde ich dich einfach sehr viel beschäftigen«, sagte er.
Lily wusste nicht recht, was sie mit dieser Bemerkung anfangen sollte, darum ignorierte sie sie.«Ich habe einfach schreckliche Angst«, flüsterte sie.
»Vertrau mir«, sagte er und hob sie ohne Vorwarnung auf seine Arme.
»He! Lass das!« Sie leistete zappelnd Widerstand.
»Du kannst in diesen Schuhen nicht laufen, aber ebenso wenig kannst du barfuß gehen. Deine Zehen würden erfrieren. Hör auf, dich zu wehren.«
Bruno ließ sie auf der schmalen Veranda runter und machte sich an dem Vorhängeschloss vor der Tür zu schaffen. Er hatte es ein weiteres Mal geschafft, mit sanftem Necken einen drohenden Zusammenbruch bei ihr abzuwenden. Dabei kannte er sie praktisch erst seit wenigen Stunden. Trotzdem waren sie schon auf einer Wellenlänge, und er fürchtete sich nicht vor ihr.
Allerdings würde das nicht von Dauer sein. Lily war sich bewusst, dass sie es einem Mann nicht leichtmachte. Über kurz oder lang verschüchterte, verschreckte oder verärgerte sie jeden Mann, oder sie kränkte ihn in seiner Männlichkeit. Selbst unter den besten Umständen war sie in beziehungstechnischer Hinsicht eine Herausforderung – und dies waren die denkbar schlechtesten.
Bisher hatte sie sich Bruno gegenüber nicht gerade als Hauptgewinn präsentiert. Sie hatte ihn herumgeschubst, ihn belogen, ausspioniert und benutzt und ihm Auftragskiller auf den Hals gehetzt, die ihn attackiert und um ein Haar umgebracht hätten. Sie hatte ihn in Konflikt mit dem Gesetz gebracht und ihn schockierend viel Geld gekostet. Er würde sie bald satthaben.
Dieser deprimierende Gedanke schlug ihr auf den Magen. Das war absurd. Sie verfügte momentan nicht einmal über eine ausreichende Anzahl an Gehirnzellen, um sich mit romantischen Zukunftsperspektiven auseinanderzusetzen.
Aber
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