Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
redete schon ohne den Kleinkindslang. Und hatte auch ansonsten nicht die geringste Ähnlichkeit mit seinem toten Bruder. Oder dem von mir erschaffenen Doppelgänger.
„Lass mal, mein Schatz, ich bin schon so weit.“ Lida war plötzlich wieder da und schnappte sich ihren Sohn von hinten, um ihn mit dem Spezial-Lida-Schwung, den Matthias so unwiderstehlich fand, auf ihre Hüfte zu befördern. „Du darfst jetzt mit Papa spielen. Nutz es aus, dass Lukas weg ist, okay?“
Dem Kleinen einen innigen Schmatz aufdrückend, stellte sie ihn zurück auf seine eigenen Füße. Öffnete einen gediegenen Dielenschrank in altdeutschem Stil – mit Sicherheit echt antik – holte eine Jacke heraus und quetschte sich an dem extra breit im Weg stehenden Iven vorbei zu Matthias.
Sie trug offensichtlich ihre gegenwärtig tägliche Lieblingsjeans – hell ausgewaschen, teils schon fadenscheinig, aber weich und anschmiegsam. Darauf kam es ihr an. Wie hatte er es geliebt, ihr zwischendurch seine Hand auf ihren knackigen Po zu legen und den dünn gewordenen Stoff zu genießen! Ebenso wie ihr glucksendes Lachen, mit dem sie daraufhin ein kleines bisschen in die Knie gegangen war, wie um unter seiner intimen Berührung hinwegzutauchen, wenn sie nicht allein gewesen waren ...
Wie sich Mila wohl in einem solchen Outfit fühlen würde, durchschoss ihn gerade – als Iven extra einen Ausfallschritt vollführte, um eben diese Geste, an die Matthias sich gerade erinnert hatte, selber vorzunehmen.
Was für ein primitives Platzhirschgehabe! Matthias verzog verächtlich den Mund.
Lida dagegen stieß prompt besagtes Glucksen aus – und ja, auch ihre Knie knickten ganz genauso ein wie früher.
Ob das bei Mila auch so wäre? Wenn sie wirklich Johann verlassen würde, um sich Mattis zuzuwenden? Würde auch sie dieselben Gesten vollführen, als wäre es völlig egal, welchen Mann sie vor sich hatte? Das werde ich entscheiden müssen, wenn ich wirklich Teil zwei schreibe.
„Ich habe mein Handy an, falls was sein sollte“, winkte Lida, mittlerweile bereits auf dem Weg zu Matthias' Auto, ihren beiden Männern noch einmal über die Schulter zu.
„Wenigstens du wirst Spaß haben!“
Das hatte anklagend geklungen. Unwillkürlich wandte Matthias, dessen Augen selbstverständlich Lida nach draußen gefolgt waren, sich zu Iven zurück.
Der mit jetzt wehleidiger Miene in der Tür stand. Er meinte das ernst!
„Die Nanny wird in ein paar Minuten, spätestens einer Viertelstunde mit Lukas vom Spaziergang zurück sein“, sagte Lida, jetzt ohne Lächeln. „Bis dahin wirst du mit Markus schon klarkommen. Außerdem bin ich in etwa einer Stunde zurück.“
Oh, wie großzügig, mir eine ganze Stunde zuzubilligen , dachte Matthias bitter.
Ivens soeben noch jammervolle Miene dagegen erhellte sich angesichts der ihm zuteilwerdenden Aufmerksamkeit sofort. „Ich werde dich nachher wieder gebührend in Empfang nehmen“, schickte er Lida dunkel hinterher.
Dieser vielsagende Unterton! Klar, dass er sich auch diese zweite – und ebenso zweideutige – Chance auf Markierung seines Besitzes nicht entgehen ließ.
„Und inzwischen werde ich unseren Sohn in der Führung seiner Ritter unterweisen.“
„Au ja, Papa!“ Markus' helle Stimme überschlug sich vor Begeisterung. „Holst du Burg Ehrenberg runter vom Schrank?“
Ob Iven sich zu dem Zweck seiner feinen Klamotten entledigen würde?
Und noch während Matthias' Grinsen auf seinen Lippen lag, wurde ihm wiederum bewusst: Sich Iven zusammen mit seinem lebenden Sohn vorzustellen, tat ihm nicht mehr weh. Ebenso wenig wie Johann, der sich um Ilya kümmerte. Weil Ilya – und das wusste Matthias ohne den geringsten Zweifel – zu ihm gelaufen kommen würde, wenn er sich gestoßen hätte. Während 'Hanhan' für 'Honich' und sonstigen Luxus zuständig war. Matthias war es, der ihn in den Schlaf sang, mit ihm hopste, ihn auf den Schoß nahm. Da konnte Johann jetzt mit Markus Ritter spielen. Äh ... Johann, Iven – verdammt!
Er unterdrückte das neuerliche Gedankenabschütteln zumindest äußerlich. Was schenkte Iven seinem Sohn auch ausgerechnet eine Ehrenberg-Burg? Naja, er stammte ja auch aus Reutte ...
„Gehen wir gleich von hier los?“ Lida wies auf den nahen Waldrand. „Wir könnten runter gehen, zum See. Dort gibt es ein nettes Café, wo wir immer mit den Kindern Eis essen.“
Das hätte ihm jetzt noch gefehlt! Matthias, sich der Blicke des gespielt waidwunden Platzhirsches im Rücken bewusst,
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