Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
stark, dass sie im ersten Moment unwillkürlich zurückwich. Bewusst nur ganz flach atmend, nahm sie sich zusammen und schob sich mit der Fackel voran tapfer vorwärts – bis sie nach etwa hundert Schritten endlich die große Höhle erreichte.
Erleichtert richtete sie sich auf und holte tief Luft. Welche hier nicht ganz so schlimm in der Nase biss, auch wenn der Boden immer noch mit Fledermauskot gepflastert war. Und laut war es. Das Wasser toste mit noch größerer Wucht, als sie es in Erinnerung hatte, füllte jeden Winkel der riesigen Tropfsteinhöhle aus. Und wie immer erschien es ihr absolut unvorstellbar, dass dieser Fluss nie zu Ende war, dass er ewig weiter strömen würde, ohne jemals zu versiegen. Ob das der Strom der Zeit ist? , fragte sie sich nicht zum ersten Mal. Ob es genügen würde, von diesem Wasser zu trinken, um durch diesen Strom zu reisen? Bestimmt tranken ja die Fledermäuse auch davon ...
Wo waren die denn wieder? Sie sah herum, hielt die Fackel höher, legte den Kopf in den Nacken. „Kommt heraus, ihr sollt mir Mattis herholen“, rief sie, so laut sie konnte. Das Echo hallte von den Wänden wider, das Wasser für einen Moment übertönend, ehe das Rauschen allein zurückblieb.
Von den Fledermäusen keine Spur.
Da war die Grube, in der sie Mattis das letzte Mal gefunden hatte. Leer. Natürlich.
Unwillkürlich schlangen sich ihre Arme um ihren Körper. Wie nah sie sich bereits gekommen waren, als sie ihn aus der Grube gezogen hatte ...
„AAAAAAH“, schrie sie aus Leibeskräften los. Was zweifellos gut tat. Sie wirbelte um ihre eigene Achse. „AAAAAAAAAAAAAAH! WACHT ENDLICH AUF, IHR FLEDERVIECHER, WO SEID IHR, UUUUAAAAAAAAAAAAAAAH!“
Das konnte doch nicht sein. Warum zum Henker tat sich nichts? Es war Tag, die Tiere mussten doch hier sein und schlafen. „WO SEID IHR? KOMMT HERAAAAAUS!“
In verzweifelter Wut selbst ungeduldig umherflatternd, suchte Mila hektisch in der Höhle umher, leuchtete in alle Ecken, kletterte sogar auf einen höheren Felsblock, um einen besseren Überblick zu bekommen. Nacheinander durchforstete sie die beiden kleineren Nachbarhöhlen, so rasch es der unebene Boden und ihr spärliches Licht erlaubten.
Bis auf ein paar Knochen und jede Menge Tropfsteine fand sie nichts.
Schließlich wanderte sie vorsichtshalber noch bis zum versperrten Haupteingang, entdeckte aber auch dort keine Spur einer einzigen kleinen Fledermaus.
„Aaaaaaaaaah.“ Ganz heiser war sie mittlerweile. Und sie weckte ja doch nichts auf.
Plötzlich nur noch entmutigt, ließ sie sich in der großen Tropfsteinhöhle auf einen Felssockel sinken und stützte sich auf ihre Oberschenkel. Sie konnte die Fledermäuse nicht finden. Sie konnte gar nichts tun, das war die traurige Wahrheit.Nicht einmal hier sitzen bleiben und zum Tropfstein werden, wie sie bei Frank ja durchaus in Erwägung gezogen hatte. Diesmal musste sie zu Ilya zurück.
Und zwar jetzt gleich. Zumal die Fackel nicht mehr ewig brennen würde.
„Mila?“
Brigitte?
Mila sprang auf.
Erst jetzt drangen dumpfe, vom Echo verzerrte Laute durch das stete Wasserrauschen.
„Mila? Mila!“
Ja, Brigittes Stimme. Kaum näher als eben. Sie würde nicht kommen. Konnte sie auch gar nicht, Mila hatte den Zunder wieder eingesteckt.
„JA-A.“ Widerstrebend machte sie sich auf, ihrem Gast entgegen.
Heute würde es nicht geschehen. Und sie musste ja auch sehen, dass sie Gangolf fand. Wie genau er dauerhaft die Wachen von hier fernhalten sollte – darüber konnte sie sich jetzt noch nicht kümmern. Irgendetwas würde ihr schon einfallen, immerhin war sie nicht mehr allein.
„ICH KOMME.“
„Mila, ich habe eine Idee“, wurde sie von einer vor Eifer ganz hibbeligen Brigitte empfangen, die sich mit einer unentzündeten Fackel so weit in den Berg gewagt hatte, dass sich das Licht des Ausgangs gerade noch erahnen ließ. Jetzt presste sie die Spitze ihrer Fackel an Milas brennende. „Wir setzen die Fledermäuse unter Drogen.“
„Was?“
„Das LSD, du erinnerst dich.“ Sie reichte ihre Fackel an Mila weiter und zog ein kleines Fläschchen mit einer durchsichtigen Flüssigkeit aus ihrem Rucksack, um es vor Milas Nase hin- und herzuschwenken. „Ich bin ziemlich sicher, dass es mir geholfen hat. Leider können wir das Zeug selbst nicht durch die Zeit schicken. Aber wenn wir es den Fledermäusen einflößen – dann könnten sie deinem Mattis vielleicht den Übergang erleichtern.“
Ob das wirklich möglich war? Mila starrte sie
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