Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
er mehrfach trocken schluckte.
„Warum fragst du mich das?“, forderte sie ihn heraus.
Er wich zurück. Räusperte sich. Öffnete den Mund. Ließ seinen angehaltenen Atem los – und nutzte die Gelegenheit, sich endlich von ihr ab- und dem auf einmal sehr bedürftigen Pferd zuzuwenden. Allerdings machte er keine Anstalten wegzurennen.
„Wieso interessiert dich, was ich mit Johann tue?“ Mila war an die andere Seite des Pferdes getreten, fasste vorsichtshalber ebenfalls nach dem Zügel.
Der Junge riss seine Hand zurück.
„Also?“, beharrte sie erbarmungslos. „Was bedeutet Johann für dich?“
„Nichts, er bedeutet mir nichts, was sollte er denn bedeuten, ich meine ...“ Er brach ab und blickte zu Boden. Es war ihm entsetzlich unangenehm – und es war gut, dass Mila ihm das Pferd abgenommen hatte, ansonsten hätte er jetzt bestimmt das Weite gesucht.
„Das kann nicht stimmen, denn dann wäre er dir egal. Komm schon, raus mit der Sprache.“
„Ich ... Es wundert mich nur. Weil ... Der Junker ist besessen von dir. Hat seinem Vater zwei Zimmerleute abgeschwatzt, die einen Raum für dich herrichten. Und zwar ganz edel, als ob du eine hohe Dame wärest, ich habe ihn gesehen. Im neu entstandenen Trakt über seinen privaten Räumen.“ Er hustete.
Was war jetzt? Misstrauisch beobachtete Mila, wie die roten Flecken in seinem Gesicht verliefen, bis er nahtlos leuchtete.
„... schon Möbel da ... ein Himmelbett“, entschlüsselte sie sein undeutliches Gemurmel. „Gedrechselt ... geschnitzte Türen, schmiedeeiserne Beschläge, und sogar marmorne Fensterbänke! Es ist ein Malermeister eingestellt für Wandmalereien. Und euer Sohn bekommt ein Extrazimmer, mit einer Tür verbunden.“ Von seiner Gesichtsfarbe abgesehen, machte er plötzlich einen fast eifrigen Eindruck, ganz so, als wolle er Mila vorschwärmen, um ihr zu zeigen, was ihr entginge, wenn sie sich weigerte, dort einzuziehen.
„Was hättest du davon, würde ich in diesem Zimmer wohnen?“, kam sie direkt auf den Punkt.
„Was soll das, gar nichts, ich habe ...“ Er war röter denn je.
Unter ihrem strengen Blick schien sich das sogar noch zu verstärken. „Antworte!“, befahl sie streng.
Er dachte nicht daran. Entschlossen riss er ihr die Zügel aus der Hand und stapfte los.
Gedankenvoll sah Mila auf seinen breiten Rücken, während sie ihm folgte. Was um alles in der Welt hatte Johann sich dabei gedacht, für sie ein Zimmer einrichten zu lassen? Wie stellte er sich das denn vor? Wie wollte er verhindern, dass Meinhard, der Mila doch sofort in den Kerker werfen würde, davon Wind bekam? Nein, das Ganze konnte nicht offiziell ablaufen. Nicht einmal die Handwerker würden eingeweiht sein.
Wie aber hatte dann dieser Knappe davon erfahren können?
„Warum weißt du von diesem Raum?“ Noch bevor sie den Satz zu Ende ausgesprochen hatte, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Dieser Junge musste über sehr persönliche Beziehungen verfügen. Und so, wie er vorhin reagiert hatte, ja wohl kaum zu Johann.
Erst einmal legte sie an Schnelligkeit zu, eilte ihm nach – der natürlich nicht daran dachte, auf sie zu warten. Als sie bei ihm war, musste sie wieder in die Zügel fassen, damit er langsamer wurde und sie anhörte.
„Wer hat dir das Zimmer gezeigt?“
Seine Gesichtshaut, die sich mittlerweile beruhigt hatte, erleuchtete von Neuem. Seinen Versuch loszuspurten, vereitelte Mila, indem sie kurzerhand stehenblieb – und wohl seinem Pferd zuliebe tat er es ihr nach. Er sah weg.
„Es war die Junkfrau Helene, nicht wahr?“ Gebannt verfolgte sie das Schauspiel, wie seine strahlend rote Haut von einem Moment auf den anderen erbleichte. Und dafür seine Ohren erglühten. Heiß und rot.
Mila musste grinsen ob so viel Durchschaubarkeit. „Du wünschst dir, dass Johann sich mit mir beschäftigt – weil du die Dame Helene liebst?“
In seinen Augen schrie es. Oh ja, er liebte sie – obwohl ihm das verbotener als verboten war und absolut ewiglich aussichtslos. Wie romantisch! Dieses Wort würde Brigitte dafür benutzt haben. Der arme Heinrich! Mit ganz neuem Interesse musterte Mila sein kindliches Gesicht.
Sie selbst wäre nie auf die Idee gekommen, den blonden Buben als Mann wahrzunehmen. Obwohl er gar nicht schlecht aussah. Also wenn er sich nicht gerade aufregte. Seine Augen hatten ein warmes Blau, und seine Augenbrauen und Wimpern waren zwar hell, doch dicht und jeweils schön geschwungen.
Auch Helene war blond. Ganz hell und
Weitere Kostenlose Bücher