Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
zierlich und klein, das war das, was Mila vor allem an ihr aufgefallen war. Und, dass auch bei ihr die farblosen Wimpern irgendwie hübsch aussahen. Außerdem sprach sie immer sehr leise. Bescheiden, scheu, überhaupt nicht wie eine zukünftige Burgherrin. Und das, obwohl sie eine gebürtige Prinzessin war. Unwillkürlich nickte Mila. Insofern passten diese beiden wunderbar zusammen.
„Weiß sie, was du für sie empfin...?“
„Nein, nein, nein, natürlich nicht!“ Nun war er schneller gewesen als sie, hatte ihr die Zügel entrissen und war schon im nächsten Augenblick zehn Schritte weiter.
Oh, ja, und seine Antwort war eindeutig zu schnell gekommen. Mila folgte ihm vorerst nur mit den Augen. Sollte das heißen, dass dieser unsichere Knabe Helene wirklich ...? „Sie war es, die dir von Johanns Plänen mit mir erzählt hat“, fiel ihr wieder ein. Rannte los, ihm nach. „Das heißt, auch sie wünscht sich ...“
„Das ist nicht wahr.“ Abrupt war er wieder stehengeblieben.
Das arme Pferd wurde allmählich verrückt, warf den Kopf herum und schnaubte nervös.
„Sie weiß nichts, sie hat nichts damit zu tun, das schwöre ich beim Leben meiner ...“
„Halt!“, hob Mila gerade noch rechtzeitig die Hand, um den Meineid zu verhindern. „Ich verrate euch nicht. Also dich. Also gar nichts. Es geht mich nichts an, und mir liegt nichts ferner, als euch zu schaden. Also dir. Herrgott!“ Sie schüttelte lachend den Kopf. „Es ist alles in Ordnung, hast du gehört?“
Heinrich stand mit rudernden Armen vor ihr und schnappte hilflos nach Luft – ließ dann in vorsichtiger Erleichterung die Schultern locker und atmete erst einmal aus. „Sie darf nicht entehrt werden, niemals.“ Er hatte nur die Lippen bewegt.
„Es ist ungerecht, dass ihr Ehemann in dieser Hinsicht machen darf, was er will, nicht wahr?“ Auf dieses Ungleichgewicht zwischen Mann und Frau hatte Brigitte sie früher schon entrüstet hingewiesen.
„Der Junker liebt dich, Mila. Helene und er lieben sich nicht. Das ist das Ungerechte.“
„Und Helene liebt dich auch?“ Mila hatte nur geflüstert, um ihn nicht zu erschrecken.
Entsetzt hielt er den Kopf ganz still, doch man konnte sehen, dass er mit aller Macht ein leidenschaftliches Nicken unterdrückte. In seinen Augen lag der pure Kummer.
„Gibt es denn keinen Weg?“ Das konnte sie nie glauben, ganz egal, worum es ging. Irgendwie musste es doch möglich sein, es möglich zu machen!
Heinrichs Blick verdunkelte sich.
„Wenn Johann sie verstoßen würde?“ Das hatte er ihr doch in einem Anfall von Liebeswahn sogar angeboten.
Oh. Erst jetzt dämmerte ihr, dass es wohl das gewesen war, was Heinrich eben von ihr gewollt hatte. Dass sie in das für sie vorgesehene Zimmer ziehen und Johann dazu bringen sollte, genau das zu tun.
Zu ihrer Erleichterung schüttelte der Junge den Kopf. „Nein, das ist ausgeschlossen. Selbst wenn Johann das wollte – Meinhard hat Helene als seine Schwiegertochter ausgewählt, sie ist von höherem Stand als Johann, der ja unehelich ist. Obendrein ist ihr Vater einer von Meinhards Verbündeten. Eine bessere Partie hätte er sich gar nicht wünschen können. Und die würde er für nichts, aber auch überhaupt nichts opfern.“
„Oh.“
Diesmal nickte Heinrich. Mit nachdrücklicher Bitterkeit.
„Es würde also gar nichts ändern, wenn Johann mit mir ...“
„Es würde ... ihn binden“, unterbrach er sie.
„Beschäftigen?“ Neuerlich auflodernde Flecken ließen sie begreifen. „Er würde sie nicht im Ehebett besuchen.“
Heinrich hustete.
Es fiel Mila nicht leicht, sich ihn als leidenschaftlichen Liebhaber vorzustellen. Wahrscheinlich träumte er auch nur davon. Denn sie traute auch Helene nicht wirklich zu, eine romantische Schwärmerei zu einem handfesten Techtelmechtel zu machen.
„Er holt sich doch eh jede Nacht eine andere Magd in sein Bett, da ist er doch nicht auf mich angewiesen“, hatte sie das Bedürfnis festzustellen.
„Oh, nein, das tut er nicht mehr.“
„Was?“
„Stattdessen ist Helene die, die ...“ Er geriet wieder in Husten. „Er scheint das Interesse an anderen Kebsen verloren zu haben. Beschäftigt sich nur noch damit, einen Stammhalter zu zeugen.“
„Oh.“ Das war in der Tat eine Überraschung. „Das tut mir leid, Heinrich.“
„Du könntest ihn ablenken. Willst du Johann wirklich endgültig nicht mehr? Nach all der Zeit?“
„Ich liebe auch jemand anderen“, musste sie aussprechen.
„Oh.“
Über
Weitere Kostenlose Bücher