Flug in Die Nacht
anderes Schiff, die unterschallschnelle TACIT RAINBOW mit seinen radargelenkten Fla-Waffen abzuschießen, konnte Atkins dieses Radar mit überschallschnellen Lenkflugwaffen HARM vernichten.
Die Schlußfolgerung daraus? Das System funktionierte vollautomatisch, und Atkins paßte eigentlich nicht in diese Besatzung. Warum, zum Teufel, war er dann überhaupt an Bord?
Neben dem jungen Atkins saß Master Sergeant Kory Karbayjal, der »Bordschütze« der Megafortress. Karbayjal und andere Unteroffiziere auf diesem Posten nannten sich noch immer »Bordschütze« oder »Bulldogge«, obwohl das ein Anachronismus war – die alten 12,7-mm-MKs konventionell bewaffneter Bomber B-52 waren bei der EB-52C durch Jagdraketen ersetzt worden. Die Abwehrbewaffnung jeder Megafortress bestand aus zwölf Lenkflugkörpern AIM-120C an Aufhängepunkten unter den Flügeln und fünfzig kleinen Jagdraketen Stinger mit Infrarotsuchkopf in einer Abschußvorrichtung im Heck.
Auch diese Aufgabe hätten Computer zuverlässig übernehmen können, aber Karbayjal hatte offensichtlich Spaß daran. Karbayjal, der auf dreiundzwanzig SAC-Dienstjahre zurückblicken konnte, kannte noch die alten B-52D, in denen der Bordschütze mit seinen MGs in einem winzigen Heckstand saß und feindliche Jäger mit bloßem Auge erkennen mußte. Als Veteran hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, sich nicht nur um feindliche Jäger, sondern auch um Atkins zu kümmern, was den jungen Offizier gegen ihn aufbrachte.
Die Navigatoren, Hauptmann Paul Scott und Hauptmann Alicia Kellerman, arbeiteten auf dem Unterdeck, stellten laufend ihren Standort fest und bereiteten sich auf Luftkämpfe mit Jägern vor. Diesmal trugen die vier EB-52C Megafortress keine Lenkwaffen zur Bekämpfung von Bodenzielen; stattdessen sollten sie möglichst viele feindliche Jäger ausschalten, um die Angriffschancen der eigenen Bomber zu erhöhen.
Scott wurde sein Zielsuchradar einsetzen, um den Jagdraketen AIM-120C ihre Ziele zuzuweisen, während Kellerman das oben auf dem Rumpf montierte Seitensichtradar benützte, um die Positionen aller Flugzeuge und Schiffe im Einsatzgebiet festzustellen. Die Piloten, Major Kelvin Carter und Leutnant Nancy Cheshire, verhielten sich auffällig schweigsam – sie waren in Gedanken offenbar schon bei dem Kampf, der bald beginnen würde.
Mit Hilfe ihres Radars hatte Kellerman das größte vor ihnen stehende Schiff schon als einen Zerstörer der Luda-Klasse identifiziert, noch bevor sein Feuerleitradar die Megafortress erfaßte. Daher wußte Atkins bereits, welche Radargeräte und Waffen das Schiff an Bord hatte und wie sie im einzelnen zu bekämpfen waren. Darüber hinaus hatte das Radarsystem der Megafortress die Standorte und Kurse der übrigen Schiffe der beiden chinesischen Flottenverbände festgestellt und diese Informationen an andere Flugzeuge weitergegeben.
Das Raketenwarnlicht leuchtete noch immer, und sie flogen weiter auf den chinesischen Zerstörer zu. Trotzdem verzichtete Atkins vorläufig noch darauf, das feindliche Zielsuchradar zu stören, weil das vorzeitige Einschalten ihres Störsenders eine wütende chinesische Reaktion provoziert hätte. »Wir müssen draufhalten oder abdrehen, Kids … noch ein paar Meilen, dann werden wir angegriffen … «
»Noch sechzig Sekunden«, kündigte Hauptmann Alicia Kellerman an. »Abwehr beginnt in vierzig Sekunden …
Waffen getestet und einsatzbereit … dreißig Sekunden … «
Auf dem Bildschirm von Atkins’ Radarwarner erschien plötzlich ein umgekehrtes Fledermaussymbol, während sein Computer nach kurzer Pause einen Strom von Identifizierungsdaten ausspuckte. »Ich habe einen Jäger bei zwölf Uhr, Entfernung … Entfernung noch unbestimmt, aber über vierzig Seemeilen. Abwarten, Paul.« Scott hielt sich bereit, den Jäger mit dem Angriffsradar der EB-52 zu erfassen, das ihren Jagdraketen AIM-120 die Zieldaten liefern würde, aber das war unter Umständen noch nicht nötig. »Ein Radar nur zur Entfernungsmessung, Skyranger Typ 226-wahrscheinlich ein Jäger J-7, ein chinesischer Nachbau der MiG-21F. Die maximale Reichweite beträgt nur dreißig Kilometer, und er ist weit außerhalb des Erfassungsbereichs …
Radar abgeschaltet.«
Das Radargerät Skyranger 226 eignete sich nicht zur Zielsuche, weil es dem Bordcomputer des Jägers nur Entfernungsangaben lieferte. Diese J-7 konnte nur Ziele angreifen, an die sie von einer Bodenkontrollstelle herangeführt wurde. Sie war trotzdem gefährlich, aber nicht
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