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Flug in Die Nacht

Flug in Die Nacht

Titel: Flug in Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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zehn Schiffen, der Admiral Yins Flaggschiff umgab, bestand diese Kampfgruppe nur aus vier Einheiten: zwei Vorpostenbooten der Hainan-Klasse, einem Minensucher der Lienyun-Klasse und dem Lenkwaffen-Schnellboot Chagda der Huangfen-Klasse, dem Führungsschiff dieses schnellen Vorpostenverbands.
    Kapitänleutnant Chow Ti U, der junge Kommandant der Chagda, fühlte sich unbehaglich, wenn er an seinen Einsatzbefehl dachte. Der Angriff auf die philippinische Bohrmannschaft lag schon über ein Vierteljahr zurück, und die Spannung in diesem Gebiet war seither von Woche zu Woche gestiegen. Inzwischen war sie fast mit Händen zu greifen – und ein Großteil dieser erhöhten Spannung war darauf zurückzuführen, wie Admiral Yin die ganze Sache angepackt hatte.
    Im Gegensatz zu der ursprünglichen offiziellen Darstellung hatte Yin dieses Seegebiet sofort nach dem Angriff verlassen; seine Behauptung, wegen hohen Seegangs sei kein Rettungsversuch möglich gewesen, klang wenig überzeugend.
    Als das Wetter dann aufklarte, zeigte sich, daß Yin seine Flottille weit von Phu Qui entfernt auf der chinesischen Seite der neutralen Zone versammelt hatte – und auch hier lieferte seine Behauptung, er habe Vergeltungsangriffe philippinischer Seestreitkräfte befürchtet, keine Erklärung dafür, warum er nicht angeboten hatte, sich an Rettungsmaßnahmen zu beteiligen.
    Chow hätte das niemals ausgesprochen, aber Yins Verhalten ließ sich nur als unprofessionell charakterisieren: Es verstieß gegen das Völkerrecht, die Regeln der Seekriegsführung und die allgemeine Pflicht zur Rettung Schiffbrüchiger. Nach Chows Überzeugung war der Admiral durchaus berechtigt gewesen, die illegale Ölbohrung zu verhindern und das Feuer erwidern zu lassen, als die Wenshan beschossen worden war.
    Aber daß er sich anschließend davongestohlen hatte, ohne Hilfe anzubieten oder sie wenigstens über Funk anzufordern, war doch sehr verdächtig.
    Obwohl es seit diesem Zwischenfall keine weiteren Gefechte mehr gegeben hatte, wäre es einige Male fast dazu gekommen. Alle waren nervös, lauerten, beobachteten, warteten … Chow und seine Besatzung waren innerlich davon überzeugt, daß es nur eine Frage der Zeit war, wann wieder etwas passierte, und nachdem sie miterlebt hatten, wie Admiral Yin die erste Krise bewältigt hatte, waren sie um so nervöser, wenn sie an eine Eskalation dieses Konflikts dachten.
    »Entfernung zu Phu Qui, Navigator?« fragte Chow laut.
    Seine Brückenbesatzung verfolgte ihren Kurs offenbar aufmerksam, denn die Antwort kam sofort: »Genosse Kapitänleutnant, wir stehen sechzehn Seemeilen südwestlich von Phu Qui. Die Insel kommt in wenigen Minuten in Radarreichweite.«
    »Danke«, sagte Chow. Sechzehn Seemeilen … genau am Rand der neutralen Zone. Im Gegensatz zu seinem Admiral hatte er nicht die Absicht, das Schicksal herauszufordern, indem er in die neutrale Zone einlief. Das Gebiet um Pearson Reef gehörte unstrittig der Volksrepublik China, deshalb würde Chow die neutrale Zone von hier aus mit seinem Radar nach Eindringlingen absuchen.
    Trotzdem fühlte er sich unbehaglich … Das mochte damit zusammenhängen, daß Admiral Yin mit seiner größeren, stärkeren Kampfgruppe nicht mehr entlang der imaginären Grenze operierte, sondern sich mit ihr nach Süden in unbestritten chinesische Gewässer zurückgezogen hatte. War anfangs vermutet worden, er habe Befehl erhalten, die neutrale Zone zu meiden, hieß es jetzt gerüchteweise, Yin wolle sein kostbares Flaggschiff Hong Lung nicht der Gefahr aussetzen, von der philippinischen Marine beschossen zu werden. Yins Kampfgruppe stand fünfundvierzig Seemeilen entfernt vor der Insel Nansha Dao, wo die Hong Lung sehr leicht auf Grund laufen konnte. Chows Verband wäre für dieses von Riffen durchsetzte Gebiet besser geeignet gewesen – aber wenn der Admiral lieber dort bleiben wollte …
    »Radarkontakt!« meldete der Wachoffizier plötzlich.
    »Peilung null-fünf-null Grad, Entfernung sechzehn Meilen, Fahrtnull.« Chow drehte sich nach der Plexiglastafel um, auf der ein Matrose jetzt den Radarkontakt eintrug.
    Die Insel Phu Qui.
    »Kontakt bestätigen«, befahl der Kapitänleutnant. »Lassen Sie überprüfen, ob unser Radar nicht die Insel selbst erfaßt hat.« Aber er wußte recht gut, daß ihr Radar am Rande seiner Reichweite unmöglich die niedrige Koralleninsel erfaßt haben konnte. Irgend etwas befand sich auf oder in der Nähe der umstrittenen Insel. Seit Yins Angriff hatten alle

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