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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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Kongressen, und wegen der ärztlichen Schweigepflicht können sie zu
Hause niemals über ihre Arbeit sprechen. Sogar
ein Tandem haben sie.»
    «Und?»
    «Und das
heißt, sie sind merkwürdig, und du würdest sie nicht mögen, und dann würdest du
auch mich nicht mehr mögen.»
    «Meine
Eltern sind auch nicht so toll», sagte Patty.
    «Das hier
ist etwas anderes, glaub mir. Ich weiß, wovon ich rede.»
    Als sie im
Käfer zurück in die Stadt fuhren, hinter sich die noch keine Wärme spendende
Frühlingssonne Minnesotas, hatten sie ihren ersten Quasi-Streit.
    «Du musst
den Sommer über hierbleiben», sagte Eliza. «Du darfst
nicht wegfahren.»
    «Das ist
nicht gerade realistisch», sagte Patty. «Ich werde in der Kanzlei meines Vaters
arbeiten und den Juli über in Gettysburg sein.»
    «Warum
kannst du nicht bleiben und von hier aus zu deinem Camp fahren? Wir suchen uns
Jobs, und du kannst jeden Tag in die Sporthalle gehen.»
    «Ich muss nach Hause.»
    «Warum
denn? Du findest es doch schrecklich da.»
    «Wenn ich
hierbleibe, trinke ich bloß jeden Abend Wein.»
    «Nein,
tust du nicht. Wir stellen strenge Regeln auf. Alle Regeln, die du willst.»
    «Ich bin
ja im Herbst wieder da.»
    «Können
wir dann zusammenwohnen?»
    «Nein, ich
habe Cathy versprochen, in ihre Vierer-WG zu
ziehen.»
    «Du
könntest ihr sagen, dass sich deine Pläne geändert haben.»
    «Nein, das
geht nicht.»
    «Das ist
doch verrückt! Ich kriege dich fast nie zu sehen!»
    «Ich
treffe mich öfter mit dir als mit praktisch jedem anderen. Und das sehr gern.»
    «Warum
willst du dann diesen Sommer nicht hierbleiben? Vertraust du mir nicht?»
    «Warum
sollte ich dir nicht vertrauen?»
    «Weiß
nicht. Ich begreife nur nicht, warum du überhaupt für deinen Vater arbeiten
willst. Er hat sich nicht um dich gekümmert, und er hat dich nicht beschützt,
ganz im Gegensatz zu mir. Ihm liegt dein Wohl nicht ernsthaft am Herzen, mir
dagegen schon.»
    In der Tat
brach Pattys Stimmung bei dem Gedanken, nach
Hause zu fahren, spürbar ein, aber sie fand, sie müsse sich dafür bestrafen,
dass sie Haschbrownies gegessen hatte. Außerdem hatte ihr Vater sich in letzter
Zeit um sie bemüht, indem er ihr handgeschriebene Briefe («Du fehlst uns auf
dem Tennisplatz») geschickt und ihr angeboten hatte, das alte Auto ihrer
Großmutter zu übernehmen, das diese seiner Ansicht nach nicht mehr fahren
sollte. Nach einem Jahr fern von zu Hause bereute sie es, dass sie so kalt zu
ihm gewesen war. Vielleicht hatte sie ja einen Fehler gemacht? Und so fuhr sie
über den Sommer nach Hause und stellte fest, dass sich nichts geändert und sie
also auch keinen Fehler gemacht hatte. Sie sah bis Mitternacht fern, stand
jeden Morgen um sieben Uhr auf, lief achteinhalb Kilometer und verbrachte den
Rest des Tages damit, Namen in Rechtsdokumenten zu markieren und sich auf die
Post zu freuen, in der sich meistens ein langer, getippter Brief von Eliza befand, die ihr schrieb, wie sehr sie sie vermisse, und ihr
Geschichten über ihren «lüsternen» Chef in dem
Wiederaufführungs-Filmkunsttheater erzählte, an dessen Kasse sie arbeitete, und
sie ermahnte, auf der Stelle zurückzuschreiben, was Patty nach besten Kräften
tat, und zwar auf altem, mit Briefkopf versehenem Papier und der
Selectric-Schreibmaschine in der nach Mottenkugeln riechenden Kanzlei ihres
Vaters.
    Einmal
schrieb Eliza: Ich
glaube, wir müssen im Hinblick auf Schutz und Selbstvervollkommnung Regeln
füreinander aufstellen. Patty war skeptisch, antwortete
aber mit drei Regeln für ihre Freundin. Keine Zigaretten vor dem
Abendessen. Sich jeden Tag bewegen und an Sportlichkeit arbeiten. Und Alle
Vorlesungen besuchen und Hausaufgaben für ALLE Seminare machen (nicht nur für
Englisch). Sicher hätte sie beunruhigt sein sollen, als sie sah, wie
völlig anders Elizas Regeln für
sie ausfielen - nur an Samstagabenden trinken und nur in Elizas Gegenwart; nicht auf gemischte Partys gehen, außer in Begleitung von Eliza; und Eliza ALLES
erzählen -, aber irgendetwas stimmte mit ihrem Urteilsvermögen
nicht, und deshalb freute sie sich darüber, dass sie so eine enge beste
Freundin hatte. Unter anderem gab es ihr Waffen und Munition gegen ihre
mittlere Schwester an die Hand.
    «Also, wie
lebt sich's so in Minn-e-soooo-tah?», begann ein typischer Dialog mit ihr.
«Hast du ganz viel Mais gegessen?
Hast du schon den blauen Ochsen Babe gesehen?
Warst du schon in Brainerd, wo die Hirnis wohnen?»
    Man sollte
meinen, dass Patty als

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