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Frau Jenny Treibel

Frau Jenny Treibel

Titel: Frau Jenny Treibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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könnt ich, wenn mich wer gewollt hätte. Aber dummerweise hat mich noch keiner gewollt. Und da habe ich denn für mich selber sorgen müssen...«
    Die Schmolke glaubte nicht recht gehört zu haben und sagte: »Du hast für dich selber sorgen müssen? Was meinst du damit, was soll das heißen?«
    »Es soll heißen, liebe Schmolke, daß ich mich heut abend verlobt habe.«
    »Himmlischer Vater, is es möglich. Aber sei nich böse, daß ich mich so verfiere... Denn es is ja doch eigentlich was Gutes. Na, mit wem denn?«
    »Rate.«
    »Mit Marcell.«
    »Nein, mit Marcell nicht.«
    »Mit Marcell nich? Ja, Corinna, dann weiß ich es nich und will es auch nich wissen. Bloß wissen muß ich es am Ende doch. Wer is es denn?«
    »Leopold Treibel.«
    »Herr, du meine Güte...«
    »Findest du's so schlimm? Hast du was dagegen?«
    »I bewahre, wie werd ich denn. Un würde sich auch gar nich vor mir passen. Un denn die Treibels, die sind alle gut un sehr proppre Leute, der alte Kommerzienrat voran, der immer so spaßig is und immer sagt: ›Je später der Abend, je schöner die Leute‹ un ›noch fufzig Jahre so wie heut‹ und so was. Und der älteste Sohn is auch sehr gut und Leopold auch. Ein bißchen spitzer, das is wahr, aber heiraten is ja nich bei Renz in 'n Zirkus. Und Schmolke sagte oft: ›Höre, Rosalie, das laß gut sein, so was täuscht, da kann man sich irren; die Dünnen un die so schwach aussehn, die sind oft gar nich so schwach.‹ Ja, Corinna, die Treibels sind gut, un bloß die Mama, die Kommerzienrätin, ja höre, da kann ich mir nich helfen, die Rätin, die hat so was, was mir nich recht paßt, un ziert sich immer un tut so, un wenn was Weinerliches erzählt wird von einem Pudel, der ein Kind aus dem Kanal gezogen, oder wenn der Professor was vorpredigt un mit seiner Baßstimme so vor sich hin brummelt: ›Wie der Unsterbliche sagt‹... un dann kommt immer ein Name, den kein Christenmensch kennt, un die Kommerzienrätin woll auch nich – dann hat sie gleich immer ihre Träne un sind immer wie Stehtränen, die gar nich runter wolln.«
    »Daß sie so weinen kann, ist aber doch eigentlich was Gutes, liebe Schmolke.«
    »Ja, bei manchem is es was Gutes un zeigt ein weiches Herz. Un ich will auch weiter nichts sagen un lieber an meine eigne Brust schlagen, un muß auch, denn mir sitzen sie auch man lose... Gott, wenn ich daran denke, wie Schmolke noch lebte, na, da war vieles anders, un Billetter für den dritten Rang hatte Schmolke jeden Tag un mitunter auch für den zweiten. Un da machte ich mich denn fein, Corinna, denn ich war damals noch keine dreißig un noch ganz gut im Stande. Gott, Kind, wenn ich daran denke! Da war damals eine, die hieß die Erhartten, die nachher einen Grafen geheiratet. Ach, Corinnchen, da hab ich auch manche schöne Träne vergossen. Ich sage schöne Träne, denn es erleichtert einen. Un in ›Maria Stuart‹ war es am meisten. Da war denn doch eine Schnauberei, daß man gar nichts mehr verstehn konnte, das heißt aber bloß ganz zuletzt, wie sie von all ihre Dienerinnen und von ihrer alten Amme Abschied nimmt, alle ganz schwarz, un sie selber immer mit 's Kreuz, ganz wie 'ne Katholsche. Aber die Erhartten war keine. Un wenn ich mir das alles wieder so denke un wie ich da aus der Träne gar nich rausgekommen bin, da kann ich auch gegen die Kommerzienrätin eigentlich nichts sagen.«
    Corinna seufzte, halb im Scherz und halb im Ernst.
    »Warum seufzt du, Corinna?«
    »Ja, warum seufze ich, liebe Schmolke? Ich seufze, weil ich glaube, daß Sie recht haben und daß sich gegen die Rätin eigentlich nichts sagen läßt, bloß weil sie so leicht weint oder immer einen Flimmer im Auge hat. Gott, den hat mancher. Aber die Rätin ist freilich eine ganz eigene Frau, und ich trau ihr nicht, und der arme Leopold hat eigentlich eine große Furcht vor ihr und weiß auch noch nicht, wie er da heraus will. Es wird eben noch allerlei harte Kämpfe geben. Aber ich laß es darauf ankommen und halt ihn fest, und wenn meine Schwiegermutter gegen mich ist, so schadt es am Ende nicht allzuviel. Die Schwiegermütter sind eigentlich immer dagegen, und jede denkt, ihr Püppchen ist zu schade. Na, wir werden ja sehn, ich habe sein Wort, und das andere muß sich finden.«
    »Das ist recht, Corinna, halt ihn fest. Eigentlich hab ich ja einen Schreck gekriegt, und glaube mir, Marcell wäre besser gewesen, denn ihr paßt zusammen. Aber das sag ich so bloß zu dir. Un da du nu mal den Treibelschen hast, na, so hast

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