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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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bestätigte auch Lucianis
     Verdacht, daß zwischen Angelini und Delrio etwas vorgefallen war.
    »Es tut mir leid für Sie, Herr Rebuffo, aber ich bleibe bei meiner Meinung. Diese Schutzgeldgeschichte überzeugt mich kein
     bißchen, zumindest solange wir weder ein Geständnis noch konkrete Beweise haben.«
    Rebuffo schwieg eine Weile, dann ergriff er wieder das Wort. »Hören Sie zu, Herr Kommissar. Ich gebe Ihnen einen Rat – das
     mag inzwischen eine Marotte von mir sein, aber der Rat kommt von Herzen, und ich bitte Sie, befolgen Sie ihn. Machen Sie sich
     diese Wahrheit zu eigen, es ist vielleicht nicht die Wahrheit, die Ihnen am liebsten ist, aber wir können uns die Wahrheit
     nicht immer aussuchen. Wir müssen uns mit der begnügen, die wir bekommen.«
    Der Kommissar spürte die Gänsehaut auf seinen Armen. Da war sie wieder, die Wahrheit. Er hatte das Gefühl, Rebuffo könne Lucianis
     Gedanken lesen, und auch die Delrios. Oder – und das war noch beunruhigender – er habe irgendwie ihre Unterhaltung mitgehört.
    »Ich suche nicht nach einer passenden Wahrheit, Herr Rebuffo. Die Wahrheit ist eine, und sie ist objektiv. Alles andere sind
     Lügen oder bestenfalls Halbwahrheiten.«
    Rebuffo lachte kurz auf. »O nein, Herr Kommissar, Pardon, aber Sie irren sich. Das galt vor einigen Jahrhunderten, |290| bevor Wissenschaft und Psychologie ihre entscheidenden Fortschritte machten, vor Pirandello. Es gibt so viele Wahrheiten,
     wie es Perspektiven gibt. Oder wie es Leute gibt, die dasselbe Ereignis schildern. Jeder Vorfall in unserem Leben würde, von
     einem Außenstehenden erzählt, völlig anders wirken als das, was wir selbst erlebt haben. Was genau in der Umkleide vorgefallen
     ist, werden wir nie erfahren, wir können dem nur so nahe wie möglich kommen. Aber meiner Meinung nach sollte man ihm nicht
zu
nahe kommen.«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Wenn man zu nah an ein Gemälde tritt, erkennt man gar nichts mehr. Man läuft sogar Gefahr, daß man nur die Fehler erkennt,
     krumme Pinselstriche, Neuansätze, Nachbesserungen. Und auch wir, wir alle, sind wie diese Gemälde.« Er setzte eine effektvolle
     Pause und schloß: »Niemand kann Interesse daran haben, daß man ihn aus allzu geringer Entfernung betrachtet.«
    Der letzte Satz klang zweideutig, wenn nicht sogar wie eine Drohung. Der Kommissar legte auf, dann verständigte er die Telefonzentrale,
     daß er das Haus verlassen werde, aber auf dem Korridor lief ihm Giampieri in die Arme.
    »Du bist schon wieder da? Schon fertig in der Staatsanwaltschaft? Ich wollte gerade nachkommen.«
    Der Vize verzog das Gesicht und kratzte seinen Kinnbart:
    »Ich durfte nur so lange bleiben, wie die gebraucht haben, um mir den Arsch aufzureißen, dann meinten sie, sie müßten zur
     Pressekonferenz, ich könne gehen.«
    Marco Luciani klopfte ihm auf die Schulter. »Tut mir leid. Eigentlich hätte ich das Fett abbekommen sollen.«
    Der Kollege erwiderte das Schulterklopfen. »Das ist nicht das Problem. Ich halte auch gerne mal den Kopf für dich hin, aber
     …«
    »Aber?«
    »Aber es kann nicht angehen, daß ich nicht einmal über |291| den Stand der Ermittlungen, über unsere Aktionen informiert bin. Ich habe wie ein Volltrottel dagestanden, du hattest mir
     nicht gesagt, daß du Saggese schon in Turin vernommen hattest.«
    »Ich habe ihn nicht vernommen, nur ein wenig mit ihm geplaudert. Und gesagt habe ich dir nichts, weil es nichts Wichtiges
     zu sagen gab. Das ist ein faules Ei, merkst du das nicht? Das haben sie sich ausgedacht, um den Fußball rauszuhalten.«
    »Die Carabinieri sind nicht dieser Ansicht. Und der Staatsanwalt auch nicht.«
    »Ist Delrio einverstanden? Glaubt er an diese Schutzgeldtheorie?«
    »Delrio war nicht da, der liegt mit Grippe im Bett. Den Haftbefehl hat Angelini unterschrieben. Er hat mir gesagt, wir sollen
     stillhalten und die Carabinieri in Ruhe ihre Arbeit tun lassen, die seien jetzt am Ball.«
    Marco Luciani hakte sich bei ihm ein. »Komm, laß uns einen Kaffee trinken. Ich werde dir zwei, drei Schmankerl erzählen, die
     ich heute morgen erfahren habe. Wirst sehen, daß am Ende wir recht haben«, sagte er, wobei er überzeugter klingen wollte,
     als er in Wirklichkeit war.
     
    Am Nachmittag ging er zur Staatsanwaltschaft, er wollte seinen Standpunkt darlegen und dem Oberstaatsanwalt sämtliche Ungereimtheiten
     der Saggese-Theorie auf den Schreibtisch kippen. Er mußte auf die Fernsehnachrichten warten, um alle Details der

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