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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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oder weniger schalten und walten kann, ist Gesetz Gesetz, und es wird danach verfahren.«
    Er schwieg eine Weile. Sie streichelte ihn weiter.
    »Als ich mit dem Studium fertig war und wir mitten im Skandal steckten, meinte mein Vater, er werde mir den Wehrdienst ersparen,
     damit ich sofort ein Referendariat in der Kanzlei eines Freundes beginnen könne. Ich erwiderte, |250| daß das überhaupt nicht in Frage komme, daß ich mich umgehend bei der Polizei bewerben wolle und daß ich dies für den Rest
     meines Lebens sein würde: Polizist. Für meinen Vater wäre das, allein schon das, ein herber Schlag gewesen. Keinen Nachfolger
     zu haben, keinen Erben, dem er seine Kanzlei übertragen konnte. Die ganze Mühe umsonst, die Korruption, die Machenschaften,
     Übergriffe, alles seiner Meinung nach Opfer, die er für mich gebracht hatte. Das ging eine ganze Weile so: Jedes Mal, wenn
     ich Heimaturlaub hatte, stritten wir uns; ich war hin und her gerissen zwischen dem Mitleid mit ihm, der nun einmal mein Vater
     war und blieb, und dem Haß auf das, was er repräsentierte.
    Eines Tages stritten wir wieder, er warf mir all die Privilegien an den Kopf, die ich ihm zu verdanken hatte, Motorräder,
     Autos, Urlaubsreisen und die Mädchen, die sich angeblich nur mit mir einließen, weil ich Geld hatte. Mir wurde klar, daß er
     nichts bereute und daß er im Innersten seines Herzens überzeugt war, daß ich ihm eines Tages recht geben und am Ende das komfortable
     Leben akzeptieren würde, das er für mich geplant hatte. Und mir wurde auch klar, daß ich, solange ich in diesem Haus wohnte
     und an ihrem Tisch aß, von seinen Betrügereien profitierte. Daß ich sie in gewisser Weise legitimierte. Also kündigte ich
     an, daß ich sie verlassen und niemals wiedersehen würde. Auf meinen Wunsch wurde ich aus dem Testament ausgeschlossen – wenn
     sie mir etwas hinterlassen hätten, hätte ich es sowieso einem guten Zweck gestiftet. Ich kehrte in meine Kaserne zurück und
     unterschrieb einen weiteren Zeitvertrag. Dann stellte ich den Antrag auf Namensänderung, und unter neuem Namen wurde ich Polizist.
     Inzwischen sind es zehn Jahre, daß ich meinen Vater nicht gesehen habe.«
    Sofia Lanni spürte, daß er sich langsam wieder einigelte. »Und deine Mutter?« fragte sie schnell.
    |251| Marco Luciani seufzte. »Meine Mutter steht zu ihm. Und alles in allem ist das richtig, es ist besser so. Sie ist inzwischen
     auch nicht mehr die Jüngste und könnte kein anderes Leben mehr führen. Außerdem hat sie es immer gewußt, glaube ich. Wir haben
     zwar nie offen darüber geredet, aber sie war dabei, bei den Diners auf den Jachten und bei den Empfängen. Ihre besten Freundinnen
     waren mit Politikern, Richtern, Assessoren und Zeitungsdirektoren verheiratet. Sie ist nicht dumm, aber auch nicht schlecht.
     Er tat es aus Ehrgeiz und Machtgier, und um ein paar Showgirls flachzulegen. Sie dagegen, sie tat es vielleicht wirklich mir
     zuliebe. Sie könnte gemerkt haben, wie er wirklich war, und sich verstellt haben, um mich zu schützen. Sie war es, die mir
     die Liebe zur Kultur, zur Literatur, zu den schönen Dingen mitgegeben hat. Sie hat mir beigebracht, daß Geld nicht das Wichtigste
     ist im Leben, daß ein Gemälde nicht Emotionen wachruft, weil es Hunderttausende kostet, sondern daß es Hunderttausende kostet,
     weil es Emotionen wachrufen kann.«
    »Nicht einmal zu ihr hast du mehr Kontakt?«
    »Ab und zu schreibe ich ihr. Und hin und wieder sehen wir uns, aber sehr selten. Ich habe den Eindruck, daß sie mit dem Altern
     nicht zurechtkommt, sie hatte immer einen Hang zu Depressionen, und ich fürchte, es wird mit den Jahren schlimmer. Aber schließlich
     ist sie erwachsen, hat sich so entschieden. Das ist nicht mehr mein Problem.«
    Er schwieg. Er war so ausgelaugt, als hätte er einen ganzen Monat lang geredet.
    Sofia Lanni fragte nicht weiter. Sie hatte jetzt einiges von diesem großen, spindeldürren Mann begriffen: sein mönchisches
     Dasein, seine Anspruchslosigkeit, seinen krampfhaften Hang zur Selbstkasteiung, seine Scheu, auch nur in den Dunstkreis des
     Lasters zu geraten. Das alles war äußerst simpel, dazu brauchte man kein Psychologe zu sein. Wer ihn |252| korrumpieren oder verbiegen wollte, würde stets gegen eine Betonwand rennen. Wer ihn verführen wollte, lief Gefahr, ebenfalls
     abzuprallen, aber er hatte eine kleine Chance.
    Sie nahm ihre Beine von den seinen, zog ihn hoch, nahm ihn, nachdem sie seinen schwachen

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