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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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plötzlich schnellstens verdrücken musste.
    Bevor sie ging, machte sie noch das Feuer im Kamin an. Sie wäre am liebsten geblieben. Aber sie hatte keine Lust auf eine Debatte mit Mom. Was sollte sie ihr auch sagen? Ich weiß nicht, was an dem Tag passiert ist? Oder in der Nacht unter dem Apfelbaum. Ich verstehe es nicht.
    Aber ich bekomme Hilfe.
    Mom saß in Jeans und einem dicken flaschengrünen Rollkragenpullover auf dem Teppich und umschlang ihre Knie. Es war ein lauer Maiabend, aber im Pfarrhaus herrschten noch Temperaturen wie im Januar. Außer im obersten Stockwerk.
    «Es wird nicht spät.»
    «Ich warte auf dich.»
    «Lieber nicht. Dann kann ich nicht in Ruhe feiern.»
    « O.   k. , Schatz», sagte Mom.
    Sie hatte sich abgeschminkt und die Haare hinter die Ohren geschoben. So sah sie unheimlich jung und verletzlich aus. Fast jünger als ich, dachte Jane. Es gab noch so vieles, was sie nicht verstand.

24   Oh, oh   …
    Aus der Mitte einer dichtgedrängten Menge heraus sagte Colette etwas zu ihr.
    «Was?»
    «…   warst du, Janey? Es ist fast Mitternacht.»
    Jane blieb, wo sie war, und ließ Colette durch den Sturm aus Stroboskoplicht und Stahlfabrikgehämmer auf sich zukommen. Das Restaurant in
Cassidy’s Country Kitchen
bestand aus einem quadratischen Raum mit unregelmäßigem Balkenwerk und weißen, unebenen Wänden. Es gab auch eine Bühne, auf der die Cassidys manchmal einen Klavierspieler auftreten ließen, aber heute Abend war das Klavier ebenso wie die meisten Tische hinausgeräumt worden, und die Bühne hatte sich in Dr.   Samedis spektakuläres Soundlabor verwandelt.
    «Sorry. Gab Probleme.»
    «Hab ich gehört.» Das Lichtgeflacker ließ Colettes Lächeln verschwinden. Beim nächsten Aufblitzen der Scheinwerfer war es wieder da. «Coole Aktion.»
    «Was?»
    «Kannst Hochwürden Mami mein Kompliment ausrichten. Ich wette, dem Bischof sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen.»
    Der Klatsch schien sich in diesem Dorf mit Überschallgeschwindigkeit zu verbreiten. Jane machte sich nicht die Mühe zu erklären, dass die Szene eigentlich nicht besonders lustig gewesen war.
    Es waren ungefähr achtzig oder neunzig Leute da. Die meisten stammten von auswärts. Sie waren so alt wie Colette oder ein bis zwei Jahre älter. Auf vielen Gesichtern glänzte der Schweiß. Manche der Tanzenden sahen aus, als wären sie high. Es gab zwar nichts Stärkeres zu trinken als Dr.-Pepper-Limonade und Cola, aber Jane glaubte, einen Jungen namens Mark gesehen zu haben, der in der Schule mit Ecstasy und Speed dealte.
    «Trotzdem», sagte Colette, «deshalb hättest du nicht die halbe Nacht mit deiner alten Dame verbringen müssen.»
    «Tut mir leid. Mir ist noch was anderes dazwischengekommen.»
    Colette hörte sie anscheinend nicht. Dr.   Samedi kreischte etwas über das Technogedröhne hinweg. Er trug einen Zylinder, an dem bunte Bänder flatterten, und eine schwarze Fliege. Kein Hemd. Sein Jackett stand über der schweißglänzenden Brust offen, vor der eine weiße Kette baumelte. Es war die Jacke eines Cutaways, schwarz, mit Schwalbenschwänzen und an strategischen Stellen eingerissen, genau wie die Jacketts der Punker zu Moms Zeiten. Dieses Jackett hätte man einer Vogelscheuche anziehen können, und genauso sah Dr.   Samedi auch aus, wie eine dürre Vogelscheuche, die von der zuckenden Lichtorgel zum Leben erweckt wurde.
    «Ich habe gesagt», rief Jane, «mir ist noch was anderes dazwischengekommen!»
    «Hör mal   …» Colette trug ein glänzendes, schwarzes und natürlich höchst verführerisches Etwas. Sie hatte einen schlaksigenTypen mit weißem Hemd im Schlepptau. Colette beugte sich zu Jane.
    «So, pass auf, das ist Quentin der Passende.»
    «Wer?»
    «Weil Eltern immer wollen, dass ein
passender
Typ dabei ist, verstehst du? Sein alter Herr ist ein unheimlich wichtiger Chefchirurg hier am Krankenhaus. Ich wünschte bloß, irgendwer würde diesen Typen aus meiner Party rausoperieren.»
    Quentin war ungefähr siebzehn.
    «Der scheint doch ganz o.   k. zu sein», sagte Jane.
    «Besonders, wenn du was für Oldtimer-Traktoren übrighast. Das ist sein Hobby. Und er tanzt auch wie ein Oldtimer-Traktor.»
    Jane lächelte. Quentin trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Colette stellte sich ganz dicht zu Jane und sagte ihr ins Ohr: «Janey, ich werde diesen beschränkten Krüppel überhaupt nicht mehr los. Der wartet sogar vor der Tür, wenn ich mal pinkeln gehe.»
    «Du willst, dass ich  

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