Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen
auf das nasse Haar und marschierte los. Meredith mußte sich beeilen, um mit ihm Schritt halten zu können.
»Der Raum für das Sattelzeug«, sagte er lakonisch und riß die Tür auf.
Meredith schaute hinein. Sattel, auf Hochglanz poliert, und vor Sauberkeit blitzende Steigbügel hingen ordentlich an Haken. Darüber Zaumzeug. Verglichen mit dem Bungalow war der Raum für das Sattelzeug ein Wunder an Ordnung und Sauberkeit.
»Im Moment habe ich nur fünf Pferde hier«, sagte Tom, zur ersten Box weitergehend. »Mit der alten Stute hier müßten Sie zurechtkommen.«
Er sagte das verdächtig freundlich, und Meredith warf ihm einen finsteren Blick zu. Er hatte die Tür der Box geöffnet, verschwand dahinter, und als er zurückkam, führte er einen Braunen am Halfter, der in der Höhe etwas mehr als anderthalb Meter maß.
»Sie ist zwölf Jahre alt, ein feines altes Mädchen, weiches Maul und gute Manieren, was sie bei manchen Frauen sehr beliebt macht, und sie wird Sie nicht abwerfen. Lassen Sie mich wissen, ob Sie interessiert sind, dann lege ich einen Sattel für Sie auf.«
»Danke«, sagte Meredith und tätschelte der Stute die Nase.
»Ich habe auch einen Damensattel, wenn Ihnen das lieber ist«, sagte Tom so überfreundlich wie vorher.
»In Ordnung«, sagte Meredith verärgert. »Ich bin nicht beschränkt. Sie können sich Ihren Spott schenken.«
Fearons braune Wangen spannten sich zu einem Grinsen. Er brachte die Stute in die Box zurück, kam heraus, lehnte sich mit über der Brust gekreuzten Armen an die Tür und betrachtete sie gelassen unter der tief in die Stirn gezogenen flachen Mütze hervor. »Na schön, Miss Mitchell, was wollen Sie wissen?«
Verärgert spürte Meredith, wie ihr das Blut ins Gesicht schoß. Sie holte tief Atem und sagte rasch: »Ich bin gekommen, um mit Ihnen über Harriet zu sprechen.«
»Das hab ich mir gedacht.« Fearon stieß sich von der Tür ab. »Im Sattelraum ist es wärmer. Dort steht ein Ölofen.«
Sie folgte ihm zurück in die kleine Geschirrkammer und setzte sich auf eine Bank, während er den Paraffinofen anzündete, der im Raum bald Wärme und Gestank verbreitete.
»Ist dieses Ding nicht gefährlich? Ich hätte gedacht, daß Sie sich vor Feuer fürchten müßten.«
»Ich bin vorsichtig. Und versuchen Sie einmal, Geschirre und Sättel mit steifgefrorenen Fingern zu reinigen.« Er setzte sich auf eine Bank, die an der Wand gegenüber stand, und stützte die Arme auf die Knie, die Hände locker ineinander verschränkt. Er hatte überraschend feine Hände, lang, schmal und kräftig, doch an den Knöcheln hatte er verräterische Narben, die sich blaß von seiner braunen Haut abhoben. Er hatte schon eine ganze Reihe Faustkämpfe hinter sich, der liebe Mr. Fearon. Doch wie lange war das her? Waren die Narben nur Erinnerungen an seine Knabenzeit?
»Es tut mir so leid um Harriet«, sagte Meredith langsam. »Ich hatte mich darauf gefreut, sie besser kennenzulernen.«
»Ach ja, tatsächlich?« Sein Ton war fast beleidigend, aber nur fast.
Meredith beherrschte sich. »Ja, ich hatte sie sehr gern.«
Fearon grunzte. »Hat mich ziemlich gebeutelt, das von gestern«, sagte er unerwartet.
»Ja, das glaube ich Ihnen. Es war entsetzlich, sie fallen zu sehen.« Meredith hielt einen Moment inne und fügte hinzu: »Es überrascht mich nicht, daß Sie was trinken mußten, und es tut mir leid, wenn ich Sie vorhin beschimpft habe.«
»Alkohol hält einen warm.«
»Das stimmt gar nicht. Das ist ein Trugschluß. Man bekommt nur eine Illusion von Wärme, und hinterher friert man um so mehr. Die Venen erweitern sich, oder so ähnlich, Körperwärme.«
»Was sind Sie, um Himmels willen? Ein weiblicher Gesundheitsapostel, eine Klostervorsteherin?«
»Nein, ich habe mich nur über Harriet gewundert. Es schien ihr bei dem Jagdtreffen, kurz vor dem Unfall, nicht gutzugehen, sie ist mir krank vorgekommen. Hatten Sie nicht auch den Eindruck?«
Er wurde vorsichtig. »Ich habe sie nie krank erlebt. Sie war recht fit.«
»Aber beim Jagd treffen war sie’s nicht, oder?« blieb Meredith hartnäckig. »Sie hat zusammengesunken und krumm im Sattel gehangen und undeutlich gesprochen. Ob sie vielleicht getrunken hat, bevor sie losgeritten ist, was glauben Sie?«
»Jetzt hören Sie mir mal zu, Meredith – oder wie immer Sie heißen«, sagte Fearon heftig. »Harriet hat an diesem Morgen vielleicht ein, zwei Gläser getrunken, aber sie war nicht betrunken. Ich habe in fünf Jahren nicht erlebt, daß ein paar Drinks Harriet
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