Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fünf

Fünf

Titel: Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
Vom Netzwerk:
Melanies Mutter in dem Bericht zitiert. Was dann passierte, konnte niemand so recht nachvollziehen: Melanie wandte sich von der Gruppe ab und ging eigene Wege. Sie verschloss sich wieder und startete einen weiteren ihrer ungezählten Versuche, dünn zu werden. Sie zu fragen, in sie zu dringen nützte nichts, das hatte es noch nie. Eine Bekannte berichtete der Mutter, sie habe Melanie mit einem Mann gesehen, der vom Alter her ihr Vater hätte sein können. Eng umschlungen und blind für den Rest der Welt, seien sie über den Weihnachtsmarkt von Hellbrunn geschlendert.
    Melanies Mutter war hin- und hergerissen zwischen Freude und Sorge. Das Kind war verliebt, glücklich – aber es dachte nicht daran, seinen Eltern den Mann vorzustellen oder auch nur über ihn zu sprechen. Sie verließ jedes Mal das gemeinsame sonntägliche Mittagessen, wenn sie vorsichtig die Sprache auf ihn bringen wollten.
    Ein halbes Jahr später kam der Zusammenbruch, von einem Tag auf den anderen. Der Anruf erreichte Frau Dalamasso um zehn Uhr vormittags, knapp nach Beginn der Ferien. Während der Orchesterprobe zu einem Sommerkonzert habe Melanie plötzlich zu schreien begonnen und sei nicht mehr zu beruhigen gewesen. Als die Mutter eintraf, war auch der Krankenwagen schon da und Melanie vom Notarzt ruhiggestellt.
    «Seitdem ist sie wie weggetreten. Sie spricht kaum noch, und wenn, dann nur unzusammenhängende Satzbrocken. Die Ärzte vermuten, sie hätte von Geburt an unter einer Art Autismus gelitten, der nun sein volles Ausmaß erreicht hat», schloss der Vater.
    Wieso wollte der Owner jemanden wie Melanie Dalamasso töten?
    «… trotzdem mit der Frau reden.» Beatrice hörte gerade noch den letzten Halbsatz von Hoffmanns Einwand. «Kossar könnte das übernehmen, er ist Psychiater, er kann mit Kranken umgehen.»
    «Forensischer Psychiater», wandte Florin ein. «Ich glaube nicht, dass Melanie Dalamassos Ärzte viel davon halten werden. Ich plädiere dafür, es bleibenzulassen und uns stattdessen darauf zu konzentrieren, Melanie zu schützen. Bisher haben uns die Gespräche mit den Zielpersonen des Owners wenig bis nichts gebracht.» Florin verschränkte die Finger ineinander und wies mit einer kurzen Kopfbewegung auf die Fotos, die ausgebreitet vor ihnen auf dem Besprechungstisch lagen. «Den Eltern habe ich die Bilder der anderen Opfer gezeigt, von Papenberg bis Estermann. Kein einziger Aha-Effekt. Um dem Mädchen die Fotos vorzulegen, bräuchten wir die Zustimmung der Ärzte, aber selbst wenn wir die bekommen, richten wir höchstens Schaden an, ohne irgendwelchen Nutzen davon zu haben. Melanie spricht seit Jahren nicht mehr, das wird sich nicht ändern, bloß weil wir ihr ein paar Bilder zeigen. Doch solange sie uns nicht mitteilen kann, was sie weiß oder denkt …» Er zuckte die Schultern.
    Eine Zerrissene. Zurück in ihrem Büro, über den Schreibtisch gebeugt, legte Beatrice die Fotos der Opfer vor sich hin, zuletzt ein neues: Dalamasso. Ihr dunkles Haar umrahmte ein rundes Gesicht. Schwere Lider über braunen Augen, eine Nase, die ganz leicht nach oben wies. Ein hübscher Mund, dessen Umrisse aber unscharf waren, wodurch er ein wenig schief wirkte.
    Papenberg. Liebscher. Beil. Sigart. Estermann. Dalamasso. Eine unlösbare Patience. Mit einigen knappen Handbewegungen verschob Beatrice die Fotos und ließ die neue Reihenfolge auf sich wirken. Papenberg lag jetzt in der Mitte, Beil neben Dalamasso, Estermann rechts außen, Liebscher halb über ihm. Sigart etwas quer, die rechte obere Ecke seines Fotos berührte Papenbergs Mundwinkel.
    Als siebente Karte legte Beatrice das Foto der letzten Botschaft dazu. Der dunkle Joker. Der Owner, der sich in Papenbergs Handschrift mitteilte.
    Etwas verbindet euch. Ein Rätsel hinter den Rätseln
.
    Doch die Fotos blieben stumm. Ebenso wie die Toten.

[zur Inhaltsübersicht]
    N47°28.813 E013°10.983
     
    Dalamassos Geburtsjahr war 1985 , daran bestand kein Zweifel, an der Richtigkeit der Koordinaten hingegen schon. Das Team fand sich dicht an der Bundesstraße wieder, nur wenige Kilometer von der Brücke entfernt, an deren Fuß sie Rudolf Estermanns Leiche gefunden hatten. Die schmale Abzweigung führte an Einfamilienhäusern vorbei, eine Steigung hinauf und verlor sich nach etwa einem Kilometer im Wald.
    «Hier kann er nichts versteckt haben.» Mit dem GPS -Gerät in der Hand tigerte Drasche hin und her. «Das ist bewohntes Gebiet. Außer, er hat jemandem die Leichenteile in den Vorgarten

Weitere Kostenlose Bücher