Fünf
bekommt.
Ich bin die mit dem Auto und mit dem Führerschein, und du lässt dir jede Menge Zeit damit, ihn selbst zu machen. Denn so kommt die Frage, wer trinken darf und wer fahren muss, gar nicht erst auf
.
«Da sind so viele Leute. Irgendwer wird dich sicher mitnehmen.»
«Ja, wahrscheinlich.» Evelyn kichert. «Da ist ein wirklich süßer blonder Student mit dunkelbraunen Augen, hoffen wir einfach, dass er in der Nachbarschaft zu Hause ist.» Sie legt auf.
«Evelyn?», fragt David. «Deine feuerköpfige WG -Schwester?»
«Genau. Ich habe sie versetzt, das ist sie nicht gewohnt.» Lächelnd kehrt sie ins Bett zurück, in Davids Arme, in den Raum jenseits von Zeit und Vergänglichkeit, ins chaotische Paradies.
Vier Stunden später klingelt das Telefon erneut. «Hör mal, Hase, ich kriege keinen Lift nach Hause. Die einen sind schon früher weg, die anderen schlafen hier.»
Sie hat ebenfalls geschlafen, noch nicht lange, vielleicht fünfzehn Minuten. Ihr Kopf ist dumpf, sie begreift kaum die Bedeutung von Evelyns Worten. «Dann schlaf eben auch dort.»
«No way. Kein Platz mehr, außer auf dem Boden. Außerdem will ich zwei sehr betrunkenen, sehr lästigen Typen entkommen. Bist du ein Engel und holst mich?»
Nicht dein Ernst
. «Tut mir leid, aber ich bin müde und habe getrunken und …»
«Und David macht sich gerade an dir zu schaffen.» Sie seufzt. «Ich gönn es dir doch. Es ist nur so eine blöde Situation, aber ich bin selbst schuld. Ich muss wirklich endlich diesen Schein machen. Egal. Ich bin lange nicht mehr per Daumen gefahren.» Evelyn kichert. «Ich seh dich dann hoffentlich morgen und höre alle schmutzigen Details?»
Einen Wimpernschlag lang ist sie versucht, ihr nachzugeben. Sich anzuziehen und dreißig Kilometer durch die Nacht zu fahren, um ihre Freundin von einer Party nach Hause zu bringen. Dann siegen Davids Hände auf ihrem Rücken, an ihrer Taille, auf ihren Pobacken, dazwischen.
«Ja. Bis morgen.»
«Tu nichts, was ich nicht auch tun würde.» Evelyn schickt ihr einen Kuss über den Äther, bevor sie auflegt.
Kurz nach sieben ist die Nacht zu Ende. David muss aufstehen und um acht den Call-Center-Job antreten, mit dem er sich sein Medizinstudium finanziert. Sie verlässt mit ihm das Haus, atmet Wiener Morgenluft und kratzt ein paar Münzen zusammen, um Croissants fürs Frühstück zu kaufen. Sie wird zu Hause Kaffee kochen und hofft sehr, dass noch etwas von der Himbeermarmelade übrig ist, die Mama ihr geschickt hat.
«Sehen wir uns heute Abend?», flüstert David in ihr Haar. Sie ist froh, dass die Frage von ihm kommt, sonst hätte sie selbst sie stellen müssen. Sie nickt, küsst ihn und wärmt sich noch an seinen Worten, als sie schon in der U-Bahn sitzt.
Fünf Stationen mit der U 6 . Davids Wohnung liegt im neunten Bezirk, ihre Zweier- WG im sechsten. An ihren Händen kann sie David noch riechen, sie schließt die Augen und lächelt, saugt den Duft in sich ein. Verpasst beinahe ihre Station. In der kleinen Filiale einer großen Bäckereikette kauft sie vier Croissants und freut sich, weil die gerade im Angebot sind.
You are gold
, möchte sie singen, während sie die Turmgasse hinunterläuft, auf ihr Zuhause zu.
Evelyn ist schon da und offenbar wach.
The Wall
schallt durchs Treppenhaus, und die alte Frau Heckel aus dem Erdgeschoss wirft ihr böse Blicke zu, als sie ihr an der Eingangstüre begegnet. «Irgendwann hole ich die Polizei, wenn ihr immer solchen Krach macht. Seit Stunden, das geht doch nicht!»
«Tut mir leid, Frau Heckel, kommt nicht wieder vor.» Sie würde sie gern drücken, möchte, dass sie fröhlich ist. Ihr Glück verträgt heute keinen Missmut.
Sie nimmt die Stufen bis in den dritten Stock wie im Flug, könnte weiter und weiter laufen,
The Wall
begleitet sie hinauf. Sie und Evelyn haben die alte CD in den letzten Wochen ständig gehört und können jeden einzelnen Song auswendig.
One of my turns
ist einer ihrer Favoriten, obwohl sein düsterer Inhalt heute geradezu lächerlich unpassend ist.
Day after day, love turns grey
Like the skin of a dying man.
Night after night, we pretend it’s all right
But I have grown older and
You have grown colder and
Nothing is very much fun anymore.
«Von wegen.» Sie fummelt ihren Schlüssel aus der Tasche und steckt ihn ins Schloss. Die Heckel hat schon recht, so laut muss die Musik wirklich nicht laufen. Zum Glück sind die anderen Wohnungen im Haus auch zum Großteil an Studenten vermietet, da regt sich
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