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Fünf

Fünf

Titel: Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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fanden aber nichts außer Blut und wieder Blut. Das Muster der Spuren an der Wand ließ auf eine stark spritzende Wunde schließen. Sigart musste schwer verletzt gewesen sein, bewusstlos oder tot, bevor der Täter ihn durchs Haus zu seinem Auto geschleppt hatte.
    «Verdammt, hat der schnell reagiert.» Florins Blick war an der Blutlache neben dem Tisch hängengeblieben. «Die Kollegen von der Streife sagen, sie seien sieben Minuten nach dem Notruf eingetroffen, und da waren sowohl Sigart als auch der Täter schon fort.»
    Das erhöhte zumindest die Wahrscheinlichkeit, dass der Owner in der Eile Fehler gemacht hatte. Der blutige Schuhabdruck im Treppenhaus zum Beispiel. Mit vorsichtigen Schritten durchquerte Beatrice den kleinen Raum und warf einen Blick in die Küche. Sie war vergleichsweise sauber. «Wir hatten ihn doch gewarnt. Wieso öffnet Sigart einfach die Tür?»
    «Der Owner ist ja nicht dumm. Vielleicht hat er sich als Polizist verkleidet, als Handwerker oder Briefträger. Oder –»
    Beatrice nickte und atmete gegen die zunehmende Schwere in ihrem Inneren an. «Oder sie haben einander gekannt.»
     
    Es war ein milder Abend, und die meisten der Nachbarn waren zur Tatzeit nicht zu Hause gewesen. Sie versuchten, jemanden zu finden, der den Owner gesehen haben konnte, während Drasche und Ebner die Wohnung und das Treppenhaus untersuchten.
    Eine alte Frau, die im Erdgeschoss wohnte, gab an, einen dumpfen Schlag gehört zu haben, «als wenn jemandem etwas Schweres aus der Hand fällt.»
    «Das war alles? Keine Schreie?», hakte Florin nach.
    «Doch, aber ich dachte, das käme vom Fernseher.»
    Die Nachbarn, die neben Sigart wohnten, kamen erst jetzt nach Hause und waren
sichtlich entsetzt. Die von unterhalb ließen sich auch kurz vor zehn Uhr noch nicht blicken.
    «Es muss sehr laut gewesen sein, ein Kampf, wir haben einen Teil davon über Telefon mitgehört», erklärte Beatrice dem Mieter, der die Wohnung oberhalb von Sigart hatte. «Ist Ihnen nichts aufgefallen?»
    Der Mann senkte den Kopf. «Doch. Er hat geschrien und gegen die Wände geschlagen, aber wissen Sie – das war nicht das erste Mal. In den letzten Jahren habe ich immer wieder bei ihm geklingelt, wenn er diese Anfälle hatte, aber aufgemacht hat er nie, und ich wusste ja … also, von der Sache mit seiner Familie.» Er blickte auf. «Ich wollte ihm nicht lästig sein. Er hat jedes Mal deutlich gemacht, dass er an Kontakt oder Hilfe nicht interessiert ist.»
    Wir waren zu langsam, dachte Beatrice und fühlte eine Welle von Hass gegen den Owner in sich aufsteigen, ein Gefühl, das in ihrer Arbeit nichts zu suchen hatte. Sie ballte die Hände zu Fäusten und grub ihre Fingernägel in die Handflächen, normalerweise half das.
    «Wenninger? Kaspary?» Drasches Stimme drang gedämpft aus der Wohnung zu ihnen. «Kommt her, aber vorsichtig!»
    Er kniete neben dem umgekippten Tisch und der Blutlache. Mit seinem behandschuhten Zeigefinger wies er auf etwas Helles, Längliches, mitten im Rot. «Der Täter hat uns wieder Körperteile hinterlassen.»
    «Was?» Sie beugten sich zu Drasche hinunter.
    «Ja, diesmal hat er sie aber nicht verpackt. Seht ihr?» Mit einem Spachtel drehte er die länglichen Gebilde vorsichtig um.
    Finger. Beatrice schluckte, als sie an Sigarts Schrei dachte,
Hören Sie auf
, hatte er gebrüllt, die Stimme voll Schmerz und Angst.
    «Der kleine und der Ringfinger der linken Hand», erklärte Drasche. «Sie müssen gemeinsam abgeschnitten worden sein, möglicherweise auch abgehackt, auf keinen Fall abgerissen, dafür ist die Wunde zu scharfrandig, außerdem wurden Knochen durchtrennt, glaube ich.» Er steckte die Finger in einen seiner Beweissicherungsbeutel und hielt ihn Beatrice hin.
    Sie nahm ihn entgegen, bemühte sich um einen analytischen Blick und blieb an einem Detail hängen, das aus ihrer Vermutung Gewissheit werden ließ. «Es sind Sigarts Finger.»
    Drasches Augenbrauen wanderten hoch zu seinem Haaransatz. «Und das weißt du weshalb so genau?»
    «Ich kann die Brandnarben erkennen.»
     
    Sie sperrten die Straße, läuteten Anwohner aus den umliegenden Häusern heraus und fragten nach einem Unbekannten, der zwischen acht und halb neun das Haus Nummer 13 betreten hatte. Vielleicht auch früher. Niemand hatte etwas gesehen.
    Auch keinen Paketboten, Polizisten, Pizzaboten?
    Nein.
    Sie arbeiteten bis weit nach Mitternacht und wurden zwischendurch immer wieder mit Drasches Erkenntnissen versorgt: Die Fußabdrücke im

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